Das Gutachten der drei polnischen Wissenschaftler -
wörtlich und ohne Kürzungen


Breslau, den 30. November 2004

Bezirksstaatsanwaltschaft
Hirschberg
Ermittlungsabteilung

In Beantwortung des Schreibens vom III Ds. 16/04/s vom 11. August 2004 und dessen Ergänzung ohne Datum übersende ich die Stellungnahme in der betreffenden Sache.

Das Gutachten wurde in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. hab. Karol Jonca von der 
juristischen Fakultät, langjähriger Mitarbeiter der Untersuchungskommission für 
Nationalsozialistische Verbrechen und Prof. Dr. hab. Wojciech Sitek, Direktor des 
Soziologischen Instituts der Universität Breslau und Prof. Dr. hab. Wojciech Wrzesinski, Direktor des Historischen Instituts der Universität Breslau erstellt.

GUTACHTEN

Die in den Plakaten enthaltenen Inhalte sind vollkommen falsch und verunglimpfen das polnische Volk. Der zitierte Artikel des Robert Jungk [] enthält falsche Informationen über die Situation in den aufgrund der Beschlüsse der Potsdamer Konferenz unter polnische Verwaltung gestellten polnischen Gebieten. Unter Verfälschung der Realitäten auf dem Gebiet östlich der nach dem Kriege aufgrund internationaler Entscheidungen unter polnische Verwaltungshoheit gestellten Lande östlich der Oder wird von sämtlichen Verbrechen, zu denen es in diesen Gebieten kam, als von solchen kriminellen Niederträchtigkeiten, einem Völkermord in Polen geschrieben, wobei jedwede Informationen über die im überwiegenden Maße tatsächlichen Täter, d.h. die Soldaten der Roten Armee weggelassen werden. Eine solche Haltung der Rotarmisten bestätigen doch  deutsche und polnische Quellen. Die dadurch hervorgerufene Verfälschung ist kennzeichnend für den Inhalt beider Plakate, dem Bestreben zu einer möglichst weit (gehenden) Belastung mit der Schuld für alle an Deutschen verübten Verbrechen, ohne Rücksicht auf die Wahrheit zu nehmen.

Auf den Plakaten wurden Informationen über deutsche Bevölkerungsverluste angegeben, die nicht den Forschungsergebnissen polnischer und deutscher Historiker entsprechen. Vor Kriegsende und unter der Bedrohung, dass die zum Dritten Reich gehörenden Ostgebiete (östlich von Oder und Lausitzer Neiße) aufgrund der deutschen Niederlagen besetzt werden, wurde eine durch die nationalsozialistische Behörden organisierte Evakuierung in Angriff genommen, die von unorganisierten Fluchtbewegungen begleitet wurde. Die organisierte Evakuierung, die durch die nationalsozialistischen Behörden zu spät in Angriff genommen worden war, war nicht im Stande, die gesamte deutsche Bevölkerung zu erfassen, was durch die nationalsozialistischen Behörden geplant war. Sie begann im Herbst 1944 von Ostpreußen aus und nahm besondere Ausmaße angesichts der Winteroffensive der Roten Armee 1954 [sic!] an. Die Evakuierung und Flucht vor den Sowjetarmeen umfasste ca. 5 Millionen Deutsche. In der Vorkriegszeit waren dort ca. 9,6 Millionen deutsche Bevölkerung ansässig, aber in den Kriegsjahren erhöhte sich die Einwohnerzahl auf 12 Millionen, wegen der dortigen Ansiedlung von angesichts der Bombardierung west- und mitteldeutscher Städte schutzsuchender Bevölkerung sowie der aus den baltischen Staaten, der Bukowina und Wolhynien transferierten Deutschen. Die Bedingungen, unter denen diese Ereignisse stattfanden, Chaos, Kälte, Kriegshandlungen, führten zu zahlreichen Opfern. Ein bedeutender Teil der fliehenden Deutschen bewegte sich zu Fuß fort, Häufig befanden sich die Flüchtlingszüge im Bereich von Kriegshandlungen, fliehender deutscher Einheiten und sie überflügelnder sowjetischer Abteilungen. Während der ersten Wochen (3-6) nach Einnahme dieser Gebiete führten die sowjetischen Behörden Verhaftungen und Deportationen von Deutschen, aber auch von Polen, in das Innere der Sowjetunion durch, mit dem [Z]Weck der Schwerarbeit, vorwiegend im Bergbau. Nach unterschiedlichen Schätzungen wird ihre Zahl mit über 50.000 angegeben.

Unterdessen waren schon in früheren politischen Gesprächen zwischen den Anführern der Antihitlerkoalition im Kriegszeitraum ab 1943 Projekte einer Westverschiebung der polnischen Grenze gebilligt worden, die mit der Ankündigung einer Aussiedlung der deutschen Bevölkerung aus den Gebieten, die an Polen übergeben werden sollten, verbunden waren. Demgemäß kam es ab Februar 1945 unmittelbar hinter der Frontlinie zu einer sukzessiven Übergabe der eingenommenen Gebiete, bis hin zur Oder- und Lausitzer Neisse-Linie einschließlich des südlichen Teils Ostpreußens, an die polnische Verwaltung, die sukzessive einen Besiedlungsprozess mit neuen, polnischen Ansiedlern in diesen Gebieten und den Wiederaufbau einer Friedensordnung in Angriff nahm.

Nach der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands beschlossen die Siegermächte auf der Friedenskonferenz in Potsdam in Umsetzung des Planes, Polen als Einnationalitätenstaat aufzubauen, die Aussiedlung der gesamten deutschen Bevölkerung aus den Polen zur Verwaltung übergebenen Gebieten. Diese Entscheidungen wurden durch die Massenrückkehr von Deutschen beschleunigt, die während der letzten Kriegswochen nach Westen evakuiert
worden waren. Genaue Statistiken der im Rahmen dieser Aktionen ausgesiedelten Deutschen gibt es nicht. Am wahrscheinlichsten erscheine[n] Schätzungen dieser Deutschen auf 200.000-300.000.

Ab Mai 1945 wurden auf den unter polnischer Verwaltung stehenden Gebieten sowie auf den Altgebieten der Republik (Polen) Lager für deutsche Kriegsgefangene und die gesamte deutsche Zivilbevölkerung organisiert, die nicht nur auf die für die nationalsozialistischen Verbrechen verantwortlichen Gruppen beschränkt war, sondern auf Grundlage der Kollektivhaftung, und zur Deportation über die Oder und Lausitzer Neiße vorbereitet wurde. Gemäß polnischen Schätzungen gab es nach Abschluss der  Kriegshandlungen in Polen ca. 500 verschiedenartige Lager, durch die von 200 Tausend bis 250 Tausend Deutsche gegangen sind, darüber hinaus gab es Lager unter ausschließlicher Verwaltung der sowjetischen Behörden. Glaubwürdige deutsche Daten verweisen in diesem 
Zeitraum auf die Existenz von 574 Lagern und 108 Gefängnissen, in denen Deutsche festgehalten wurden. Nach übertriebenen deutschen Schätzungen, die auf zum Zwecke des Erhalts von Entschädigungen gegenüber Behörden der Bundesrepublik Deutschland abgegebenen Schilderungen ehemaliger Gefangener basieren, übertriebenen, was ein Vergleich mit den bruchstückhaften polnischen Berechnungen zeigt, können in den Lagern ca. 60 000 bis 80 000 ums Leben gekommen sein. Es gibt solche Berechnungen jedoch nicht für alle Lager. Aber nur ein Beispiel. In vielen deutschen Veröffentlichungen wird behauptet, dass im Lager Lamsdorf 6 500 Deutsche verstorben sind.. [sic!] hingegen sind zufolge den detaillierten Untersuchungen eines polnischen Historikers (Edmund Nowak), 
die sich auf glaubwürdige Dokumente stützen, insgesamt 5000 Personen durch dieses Lager gegangen und ca. 1500 gestorben, davon 70% infolge einer Flecktyphusepidemie im Zeitraum Februar-Mai 1946. Diese Berechnungen wurden durch die objektive deutsche Literatur bestätigt. Ähnlich war es auch in anderen Lagern. Die Informationen über die Sterblichkeit unter den Deutschen und die Deportationen werden in absichtlich chaotischer Art und Weise wiedergegeben, ohne Unterscheidung, ob sie unter polnischer oder sowjetischer Verwaltung stattfanden oder auf dem Gebiet der Tschechoslowakei aber so, dass sie eine Grundlage bieten, vor allem die Polen anzuklagen.

Die Daseinsbedingungen in diesen Lagern oder besonderen ausgegliederten Stadtvierteln [sic!] waren ungeheuer schwer, was mitverursacht war durch den scharfen Polizeizwang, die Gesetzlosigkeit, die Willkür der örtlichen polnischen Polizeikräfte, der Sowjetsoldaten, den Zwang zur Schwerarbeit, zu der die Deutschen 10-12 Stunden täglich gezwungen wurden, die schlechte Ernährung, Masseninfektionen, Überwachung durch dazu nicht ausgebildete, jedoch von der Notwendigkeit, Rache für die von Deutschen während der Kriegsjahre erlittenen Leiden nehmen zu müssen, überzeugte Personen. Nicht selten waren ehemalige Gefangene der nationalsozialistischen Lager Lagerkommandant, die des öfteren an den Deutschen ähnliche Methoden anwendeten, in denen sie selbst als
Gefangene der nationalsozialistischen Lager gewesen waren. Es kam auch zu vereinzelten kriminellen Handlungen gegenüber dieser Bevölkerung, die sukzessive durch die polnischen Zivil- und Militärbehörden unter Kontrolle gebracht und liquidiert wurden.

Auf der Grundlage vollendeter Tatsachen wurde von Juni bis Juli entlang des 
Grenzstreifens (von 50 bis 100 km), um diese Gebiete von deutscher Bevölkerung zu säubern und der deutschen Bevölkerung eine Rückkehr nach Osten unmöglich zu machen, erste Aussiedlungen ohne rechtliche Grundlagen auf dem Gebiet Westpommerns, [sic!] des Lebuser Landes und Niederschlesiens vorgenommen und diese Gebiete für die Besiedelung durch entlassene Soldaten, vor allem solche, deren angestammtes Erbe auf dem Gebiet der Sowjetunion zurückgeblieben war, vorgesehen. Nach Einschätzung der polnischen Geschichtsschreibung wird die Zahl der auf diese Art und Weise ausgesiedelten Deutschen auf 500-550 Tausend geschätzt (Die Tschechen siedelten in dieser Zeit im Rahmen der 
Durchführung der "wilden Aktion" auch in dieser Weise ca. 800 Tausend Sudetendeutsche aus).

Infolge der Potsdamer Beschlüsse sollten gemäß dem durch den Alliierten Kontrollrat vorbereiteten Plan vom 22. November 1945 3,5 Millionen Deutsche (im Dezember 1945 - 350 Tsd., im Jahre 1946 im Januar und Februar jeweils 175 Tausend, im März und April jeweils 523 Tausend, im Mai und Juli jeweils 700 Tausend und im Juli 350 Tausend [Klammer fehlt im Original] Polen verlassen, ohne auf die Beschlüsse des Friedenskongresses zu warten. Die notwendigen internationalen Abkommen wurden später als erwartet geschlossen, was den 
Beginn der geplanten Aussiedlungen in das besetzte Deutschland verzögerte. Entsprechende Abkommen wurden zwischen der Britischen Rheinarmee und der Vorläufigen Regierung der Nationalen Einheit in Warschau am 14. Februar und mit der Regierung der UdSSR am 5. Mai 1946 geschlossen.

Die Aussiedlung fand auf dem Landwege (drei Wege) und dem Seeweg statt. Es war festgelegt worden, dass den Aussiedlern die Mitnahme von Gepäck bis zu 20 Kilogramm pro Person, zustand, das aus beweglichen Gütern und Lebensmitteln für 10 Tage bestand. Die zur Aussiedlung vorbereiteten Deutschen wurden durch die polnischen Behörden zu körperlicher Schwerarbeit ausgenutzt, wofür sie nur eine teilweise Entlohnung erhielten und oftmals geringe Lebensmittelzuteilungen. Die Bedingungen, unter denen die deutsche Bevölkerung existierte, förderten unter ihnen die Verbreitung von Infektionsepidemien, die durch die wenigen polnischen Mediziner kaum zu beherrschen waren. Die lokale polnische Verwaltung erließ zahlreiche Verfügungen, die Diebstähle, Gewalttaten, das Auftreten von Bandenunwesen gegenüber der deutschen Bevölkerung bekämpfen sollten. Die 
Aussiedler wurden in speziellen Bahntransporten unter primitiven Bedingungen in die sowjetische und britische Besatzungszone gelenkt. Auf den Plakaten wurden die Gewalttaten, die bei diesen Aussiedlungen durch Rotarmisten begangen wurden, übergangen. Die Aussiedlungsbedingungen wurden mehrfach durch Vertreter internationaler Kommissionen kontrolliert (z.B. die Briten in Kohlfurt). Bis Ende 1945 hielten auch freiwillige, vereinzelte Ausreisen von Deutschen aus den unter polnischer Verwaltung stehenden Gebieten an, nicht selten entgegen den verfügten Verboten.

Die organisierte, planmäßige Massenaussiedlung der Deutschen begann 1946. Bis 1950 wurden aus den polnischen Gebieten 3 155 600 Deutsche ausgesiedelt, unter diesen befand sich jedoch auch ein gewisser Anteil an angestammter polnischer Bevölkerung. Im Jahre 1945 wurden ca. 50 000 deutsche Kriegsgefangene und deutsche Zivilgefangene, darunter 25-30 Tsd. niederschlesische Bergleute im Donabas [sic!] zur Arbeit in sowjetische Gruben und zur Waldrodung abtransportiert.

Die Gewalttaten, mit denen, verbunden mit der Demontage der Fabriken, die Deutschen damals konfrontiert wurden, waren nicht so allgemeinüblich, wie sie dargestellt wurden, die auf diesen Plakaten angegebene Zahl findet keine Bestätigung in den in Polen und Deutschland publizierten wissenschaftlichen Studien. Gewalttaten und Raub wurden hauptsächlich durch sowjetische Soldaten begangen, die sämtliche materielle Güter als Kriegsbeute und die dort angetroffenen Menschen meist als Repräsentanten des besiegten und verbrecherischen Hitlerregimes betrachteten.

Die auf den Plakaten dargestellten Zahlen wurden tendenziösen antipolnischen Heften entnommen. Bewusst wurden überdies die Zahlen bezüglich der allgemeinen deutschen Verluste vermischt, obwohl damit ausschließlich Polen und Tschechen belastet werden. Die Zahl der getöteten Deutschen und derer, die Selbstmord begangen haben, oder der vergewaltigten deutschen Frauen ist übertrieben.

Vollkommen unwahr sind die Informationen über die Kinder unter einem Jahr, von denen nicht eines diese Zeit habe überleben sollen. Unwahr sind die Informationen über die Schicksale der Deutschen in den Arbeitslagern. Die schwierigen damaligen Bedingungen der Aussiedlung über den Aufenthalt in den Lagern waren wiederholt Gegenstand der Aufsicht und Kontrolle seitens alliierter Sonderkommissionen und zeigten keinen solchen Sachverhalt auf. Sie zeigten keine so große Massenhaftigkeit des Ablebens auf.

Die polnischen Deutschenlager nach Kriegsende hatten nicht die Eigenschaft von 
Vernichtungslagern. Es wurden in ihnen Deutsche festgehalten, die verbrecherischer Handlungen während des Krieges verdächtigt wurden oder auch diejenigen, die entsprechend den internationalen Faktoren zur Aussiedlung vorbereitet wurden. Diese Dinge wurdenoft in der polnischen und deutschen Literatur (vgl. das mehrbändige polnisch-deutsche Werk: "Die Deutschen in Polen 1945-1950, Dokumentenauswahl", herausgegeben von Wlodzimierz Borodziej und Hans Lemberg, Warschau 2000-2002, dort auch umfangreiche Literatur zum Thema). Es ist auch auf das von Karol Jonca herausgegebene Buch über
die Aussiedlung der Deutschen aus der Schweidnitzer Gegend zu verweisen.

Der dem "Regensburger Bistumsblatt" entnommene Artikel enthält unwahre Informationen, denen die Ergebnisse der in der oben zitierten Veröffentlichung enthaltenen polnisch-deutschen Studien widersprechen.

Die Informationen über die deutschen Verluste nach Einstellung der Kriegshandlungen sind in der wissenschaftlichen Literatur vielfach besprochen worden und weichen von den hier angegebenen ab, sie übertreiben die deutschen Verluste.

Es gibt keine Möglichkeit, die auf den Plakaten dargestellten Bilder irgendwie zu 
identifizieren. Sie können verschiedene Kriegsverbrechen darstellen, die nicht unbedingt durch Polen an Deutschen verübt wurden, sondern auch durch Deutsche ermordete Polen, sie können auch eine Illustrierung von Ereignissen in anderen Ländern aus dem Zeitraum des gesamten Krieges sein. So dargeboten haben sie keinerlei dokumentarischen Wert, sondern nur einen propagandistischen.

Die in den Plakaten enthaltenen Inhalte können gegenwärtig den Hass der Deutschen auf die Polen wiedererstehen lassen oder erwecken, und durch den Hinweis auf angebliche polnische Verbrechen erwecken sie den Anschein eines gegenwärtigen Erstarkens deutscher Revanchetendenzen und des Unwillens der Polen gegenüber den Deutschen.

Die Plakate wurden in deutscher Sprache erstellt, jedoch in Gebieten ausgehängt, wo die Kenntnis der deutschen Sprache recht weit (verbreitet) ist, sodass es keine grundsätzlichen Schwierigkeiten gab, dass ein bedeutender Prozentsatz der polnischen Bewohner der Gebiete, wo sie verbreitet wurden, sich mit ihnen bekannt machen konnte.

Die in den Plakaten enthaltenen Lügen tragen den Charakter von Verunglimpfungen des polnischen Volkes. Die in ihnen enthaltenen Vorwürfe von Lügen können von polnischer Seite als Ausdruck der Verächtlichmachung des Polnischen Volkes gesehen werden. Die Inhalte finden keine Bestätigung in den Feststellungen polnischer und deutscher Historiker.

(unleserliche Unterschrift)
Prof. Dr. hab. Karol Jonca

(unleserliche Unterschrift)
Prof. Dr. hab. Wojciech Sitek

(unleserliche Unterschrift)
Prof. Dr. hab. Wojciech Wrzesinski

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