Georg
Philipp Telemann am Hofe des Reichsgrafens Erdmann II.
von Promnitz in Sorau
ABCD
Sorau - Der Sorauer Hof der Reichsgrafen von Promnitz
galt Ende des 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts als einer der glänzendsten
Fürstenhöfe Sachsens. Hier herrschte Prunk und
Hofzereminiell. Als Vorbild diente die Monarchie Ludwigs
XIV. Mit dem Ausbau und Verschönerung der Sorauer Residenz waren
die bekannten Architekten Spanninger und Simonetti beauftragt. Im Schloss war eine aus
ausgesuchten Bildern bestehende Gemäldegalerie beherbergt. Fast ununterbrochen waren hier italienische und französische Opern- und
Ballett-Truppen zu Gast. Die Reichsgrafen von Promnitz
unterhielten auch eine Hofkapelle, die aus polnischen, böhmischen und deutschen Musikern bestand. Bis
zu Telemanns (Bild) Ankunft leitete die Sorauer Kapelle Wolfgang Kasper
Printz .
Der zu Unrecht heute schon vergessene Printz, der 1641 in bayerischen Städtchen Waldthurn zu Welt kam, war
ein hervorragender Musiktheoretiker und -historiker des frühen Barock. Nach einer ziemlich stürmischen Jungendzeit machte er sich 1665 in
Sorau sesshaft, wo Graf Balthasar Erdmann von Promnitz
(1656-1703) ihm 1682 die Leitung der Hofkapelle anvertraute.
Kurz danach erlang die Sorauer Hofkapelle den Ruf eines hervorragenden Ensembles. Gespielt wurden u.a. die Werke von Buxtehude,
Couperin, Scarlatti und Prinz. Bekannt sind Printzens theoretischen Arbeiten, darunter zwei hervorragende Werke: "Musica modulatoris
vocalis" (1678) und "Exervitationes musicae theoretico-practici de consonantis
singulis" (1687). Die Werke von Printz entstanden in
Sorau und wurden auch hier gedruckt. Er war zweifellos einer der ersten Theoretiker der Gesangdidaktik in der europäischen Musikkultur. Außerdem ist er auch Autor der "Musica historica:, die 1690 in Dresden herausgegeben wurde.
Im
August 1704 bezog der 23-jährige Magister der Rechtswissenschaften Georg Philipp
Telemann
sein Quartier im "Hotel de Pologne", der als Direktor des Collegium Musicum und Organist an der Leipziger Matthäus-Kirche bekannter war als
"Adeptus iurisprudentiae". Telemann kam nach
Sorau aus Leipzig auf Einladung des Grafen Erdmann II
von Promnitz (1683-1745). Als Komponist und Dirigent hatte er schon einen beträchtlichen Ruhm erreicht; Er erfreute sich auch der Freundschaft und Unterstützung des großen Buxtehude aus Lübeck. Auf
seiner Reise begleitete ihn Andreas Gottlob von Maks, Besitzer von Niederjeser
und Pförten sowie Kammerherr und Burggraf von Sorau.
Erdmann II. war damals nicht in Sorau. Er weilte mit
August dem Starken ,
Kurfürst von Sachsen (als solcher Friedrich August I.)
und König von Polen (als solcher August II.), in
Polen.
Als Telemann die Sorauer Hofkapelle übernahm, konnte der 63-jährige
Printz seine Freude nicht verbergen, dass sein Lebenswerk in die richtigen Hände kam. Wolfgang Kasper
Printz starb in Sorau am 13. Oktober 1717 im Alter von 70 Jahren. Bis zum Ende seiner Tage hat ihn mit Telemann herzliche Freundschaft verbunden.
Telemann, der 1681 in Magdeburg geboren
wurde, hatte nie ein Musikstudium absolviert. Er stammte aus einer bürgerlichen Familie; Der Vater -
Pfarrer und kein schlechter Organist - war der erste Lehrer seines Sohnes. Er lehrte ihn Geige, Flöte, und Orgel spielen und brachte ihm die Prinzipien der Komposition bei. Im Jahre 1700 ließ sich der 19-jährige Telemann an der juristischen Fakultät der Leipziger Universität immatrikulieren.
Zugleich übte er die Funktion eines Organisten und Leiters eines
studentischen Gesangvereines an der Matthäuskirche aus. Er komponiert zahnreiche Kirchenlieder, Motetten,
Ouvertüren und kleinere Musikstücke für Flöte, Geige und Cembalo.
Auf den wachsenden Ruhm des jungen Telemann wurde Erdmann
II. von Promnitz aufmerksam, so dass er ihm den Posten des Kapellmeisters an
seinem Hof in Sorau anbot. Das Angebot wurde
angenommen. Telemann kam im Hochsommer 1704 nach Sorau.
Der Graf war ein großer Bewunderer der französischen Musik und sah in Telemann einen würdigen Nachfolger der von Lully und Campra geprägten Versailler Musikschule, von deren Kompositionen er bei einer Frankreich-Reise einige Abschriften mitbrachte und die Telemann nun studierte. In Sorau traf Telemann auf Erdmann
Neumeister , dessen Texte er später vertonte und den er auch in Hamburg wieder sehen
sollte
August der Starke machte Ende September 1705 auf der Durchreise von Warschau nach Dresden in
Sorau Station. Die den König begleitenden Hofbeamten wurden in den Schlossgemächern, Häusern bedeutender Bürger und im Gasthof "Hotel de
Pologne" unterbracht. Erdmann II. von Promnitz trat wie immer mit großer Herrlichkeit auf und
beeindruckte den König und sein Gefolge mit seinem Reichtum. Die Zeit vertrieb man mit
Vergnügungen, Theateraufführungen, Jagden, guter Küche und Musik. In der Sorauer Residenz wimmelte es von lärmenden Menschen. In dieser Stimmung kam es zu dem
königlichen Debüt des Kapellmeisters Georg Philipp Telemann. Dank de Gewinnung einiger erfahrener Musiker und Sänger aus Leipzig und Prag erreichte die Sorauer Kapelle unter seiner Leitung ein sehr hohes künstlerisches Niveau.
Zu den Pflichten Telemanns als Kapellmeister in Sorau gehörte des Komponieren, Notenschreiben, die Leitung der Hofkapelle, die bei den
Gottesdiensten in Schlosskapelle und bei
Hoffestlichkeiten spielte, und das Orgelspiel. Telemanns Einkommen
war wohl zufriedenstellend, denn wir finden in den Urkunden keine Informationen über
finanziellen Schwierigkeiten des Komponisten aus seiner Sorauer Zeit.
Der Aufenhalt Telemanns in Sorau dauerte von August 1704 bis Mitte 1706.
Während dieser Zeit begleitete er Erdmann II. nach Krakau und
Pleß .
Auf
diesen Reisen lernte er die polnische, schlesische und mährische
Folklore kennen, wie sie wohl in Wirtshäusern und auf öffentlichen Veranstaltungen aufgeführt
wurde. 1706 verließ Telemann das vom Einmarsch der schwedischen Armee bedrohte Sorau und ging nach Eisenach, vermutlich auf eine Empfehlung
von Erdmann II. von Promnitz, der mit den sächsischen Herzogsfamilien
verwandt war. Dort wurde er im Dezember 1708 Konzertmeister und Kantor am Hof des Herzogs Johann Wilhelm und gründete ein Orchester.
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