Die
Jobsiade vom 'Hessischen Ehrenbrief'
oder die 'Lex Nickel'
Lippoldsberg - 40 Jahre lang regelte ein Erlass des
damaligen hessischen Ministerpräsidenten Albert Oswald
aus dem Jahr 1973 die Stiftung des 'Hessischen Ehrenbriefes', der - mit zugehöriger
Ehrennadel - an Personen verliehen wird, die sich durch ehrenamtliche Tätigkeit um das Gemeinwohl verdient gemacht haben. Seit 1998 sind die Landräte beziehungsweise Oberbürgermeister für die Auswahl der zu Ehrenden zuständig.
Bisher wurde der Ehrenbrief rund 50.000 Mal vergeben. Im Spätjahr 2012 wurde der Erlass
jedoch von Ministerpräsident Volker Bouffier mit dem Ziel abgeändert, eine einmal ausgesprochen Ehrung nachträglich
auch wieder
aberkennen zu können. Diese Änderung trat am 3. November in Kraft. Bisher
war ein derartiger Fall in dem Erlass weder vorgesehen, noch wurde bis dato auch
jemals ein Ehrenbrief wieder aberkannt.
Der
Anlass für Dulli-Bouffiers Tätigwerden war die Lippoldsberger Buchhändlerin und Verlegerin Margret Nickel, die
ihren Ehrenbrief im Jahr 2001 auf Anregung von Orts-Bürgermeister Jörg-Otto Quentin
bekam, der das ehrenamtliche Engagement Nickels in zahlreichen Vereinen
schätzte: Vorstandstätigkeit in
der 'Häuslichen Krankenpflege', Einsatz im örtlichen Sportverein usw.
Die Inhaberin des von dem Schriftsteller Hans Grimm
(Volk ohne Raum)
gegründeten Klosterhaus-Verlags engagiert sich allerdings auch - zum Ärger
vieler Zeitgenossen - bei der
'Gesellschaft für freie Publizistik' (GfP)
. Außerdem hatte sie ein Spendenkonto für die wegen
HOLOCAUSTLEUGNUNG verurteilte Ursula Haverbeck eingerichtet .
Weil Nickel eine Schrift vertrieb, in der Haverbeck den
HOLOCAUST bestritt, wurde sie 2011 in München zu einer Geldstrafe verurteilt . In dem Heft hieß es: „Den
HOLOCAUST gibt es gar nicht. Das ist so etwas wie der Weihnachtsmann oder der Osterhase für Erwachsene.“ Übernommen hatte Nickel den Betrieb 2008 von Holle Grimm, der Tochter des
Schriftstellers Hans Grimm. Letztere teilte die politischen Überzeugungen ihres Vaters und war Gründungsvorsitzende der
'Häuslichen Krankenpflege' in Wahlsburg . Dort sitzt Nickel heute im Vorstand. Zudem hat der Verein Räumlichkeiten in der Buchhandlung
angemietet und firmiert unter derselben Adresse.
Bouffiers
Ehrenbrief-Jobsiade wurde durch den Korbacher Denunzianten Jürgen Frömmrich
(Bild) , den Sprecher des Dulli-BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im
hessischen Landtag, ausgelöst, der im September 2012 Bouffier in einem Schreiben
aufforderte, den Ehrenbrief für Frau Nickel abzuerkennen. Letztere bekam dann
auch, unmittelbar nach Bouffiers Erlass-Änderung im Dezember 2012, einen anmaßenden Brief
von Uwe Schmidt, Landrat im Landkreis Kassel, der die Verleihung widerrief und ihr ankündigte, Ehrenbrief und -nadel
einzuziehen. Rechtlich gesehen eine Unmöglichkeit, da Urkunde und Anstecknadel mit
der Verleihung in das Eigentum des Geehrten übergeht.
Margret
Nickel hatte sich schon vor Bouffiers Erlass-Änderung geweigert, ihren
Ehrenbrief freiwillig zurückzugeben. Nach Empfang des Einziehungs-Schreibens
von Landrat Schmidt antwortete sie, sie werde ihm den Ehrenbrief auch
weiterhin nicht aushändigen.
Das Diakonische Werk in Kurhessen-Waldeck, in dem die 'Häusliche Krankenpflege' Mitglied
ist und das Jahrzehnte lang vom ehrenamtlichen Einsatz von Frau Nickel
profitierte, geriet sofort in Panik und möchte schnell zu einer grundlegenden Entflechtung von Buchhandlung und Pflegeverein
kommen. Auch der örtliche Kirchenvorstand und die Vorsitzende Ellen Fricke der
'Häuslichen Krankenpflege' distanzierten sich umgehend von Margret Nickel und
dringen auf eine Trennung.
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