Hermann Stehr 

* 16. Februar 1864 in Habelschwerdt
† 11. September 1940 in Oberschreiberhau

Deutscher Schriftsteller.

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Als Sohn eines Sattlers wuchs Stehr in ärmlichen Verhältnissen auf. Nach seiner Schulzeit besuchte er das Lehrerseminar in Habelschwerdt und war ab dem Jahre 1887 für einige Jahre als Volksschullehrer tätig, unter anderem in den Jahren 1900 bis 1911 an der katholischen Schule in Dittersbach, einer Bergmannsgemeinde bei Waldenburg. Schon am Beginn seiner Berufstätigkeit stand der Konflikt mit seiner vorgesetzten Behörde. Man hielt Stehr für einen Ketzer und bezichtigte ihn sozialistischer und demokratischer Gesinnung, stellte ihn unter Polizeiaufsicht. In der abgelegensten Gemeinde Schlesiens, in Pohldorf (Kreis Habelschwerdt), setzte sein Kampf gegen äußeres und inneres Missgeschick ein: Ein kümmerliches Gehalt, die Engstirnigkeit von Kollegen und Vorgesetzten, Krankheit von Frau und Kindern, auch der Tod, der in die wachsende Familie trat, ließen ihn immer bitterer gegen Menschen und Umwelt werden, aber Befreiung schenkte ihm schließlich immer wieder die Welt jenseits seines äußeren Daseins. Heimlich entstanden Gedichte und die ersten Erzählungen.

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1896, mit 32 Jahren endlich, wurde ihm die erste Erfüllung: ein Verlag erwarb zwei seiner Erzählungen. Seitdem wandte sich Stehrs Bahn immer mehr zur Dichtung. Sie führte ihn zu seiner Lebensfreundschaft mit Gerhart Hauptmann , sie ließ ihn in viel ausgeprägterem Maße als diesen zu einem seinem schlesischen Stamm und seinem deutschen Volkstum eng verhafteten Dichter werden, dessen Werke zu den stärksten seiner Zeit zählten. Neben Dramen und kürzeren Erzählungen entstanden die Romane: »Leonore Griebel« (1900), »Der begrabene Gott« (1905) und »Drei Nächte« (1909). 

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Ab 1915 arbeitete Stehr als freischaffender Schriftsteller an den unterschiedlichsten Orten, ab 1926 in Schreiberhau, wo er sich mit finanzieller Unterstützung seines Mäzens, des Textilunternehmers Max Pinkus , im idyllischen Faberhaus ansiedelte. Es folgten: »Der Heiligenhof« (1918), »Peter Brindeisener« (1924), »Nathanael Maechler« (1929), »Die Nachkommen« (1933). 1932 wurde ihm in Anerkennung seines schriftstellerischen Werkes die Goethe-Medaille und 1933 der Goethe-Preis verliehen. 1934 verlieh ihm die Universität Breslau die Ehrendoktorwürde. Die Gemeinde Waldenburg-Dittersbach , in der Stehr viele Jahre als Lehrer tätig war, ehrte ihn, indem sie eine Straße nach ihm benannte. Sein Werk abzuschließen, vermochte Hermann Stehr nicht mehr. Er starb im Alter von 76 Jahren in Oberschreiberhau. Vier Tage nach seinem Tod wurden seine sterblichen Überreste auf dem Floriansberg gegenüber seiner Vaterstadt Habelschwerdt in heimatlicher Erde zur Ruhe gebettet. Ein großer Findling stand auf seinem Grab, das die polnischen Mordbrenner und Räuberhorden nach Ende des Krieges sich nicht scheuten zu verwüsten.

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In den Werken Stehrs finden sich oft Milieu-Schilderungen Schlesiens, er beschäftigt sich mit sozialen Nöten und Ängsten von Randgruppen der bürgerlichen Gesellschaft, oft Menschen von einfacher Herkunft, die ohne eigenes Verschulden "durch kapitalistisches Denken und Handeln" ins Elend gestürzt wurden. In den späteren Werken Hermann Stehrs überwiegt eine religiös-mystische Auffassung, so wie auch sein Gesamtwerk eher in der Tradition der schlesischen Mystik steht. Typisch für seine Sprache ist die lebhafte Bildhaftigkeit.
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1910: Bauernfeld-Preis
1919: Fastenrath- und Schillerpreis
1926: Wahl zum Senator in der Preußischen Akademie der Dichter
1932: Wartburg-Rose und Goethe-Medaille
1933: Goethepreis der Stadt Frankfurt am Main
1933: Senator und Mitglied der Deutschen Akademie der Dichtung der  
          Preußischen Akademie der Künstler
1933: Ehrensenator des Reichsverbands deutscher Schriftsteller
1934: Hermann-Stehr-Feiern zum 70. Geburtstag in Schlesien und im Reich 
1934: Goethe-Plakette der Stadt Frankfurt am Main
1934: Verleihung "Adlerschild des Deutschen Reiches" (höchster  
         Wissenschaftspreis) durch Reichspräsidenten Paul von Hindenburg;
1934: Verleihung der Ehrendoktorwürde der Universität Breslau
1935: Berufung zum Reichskultursenator 
1937: Ehrensold (Bundesarchiv, R 43 Reichskanzlei R 43-II/1646)
1939: Feierlichkeiten zum 75. Geburtstag Stehrs
1940: Gedächtnisfeier im Schiller-Theater, Berlin
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Anekdotenhaft: In der Stadt Münster war seit 1954 eine Straße, der Stehrweg, nach ihm benannt. Eine von Münsters Oberbürgermeister Markus Lewe (kleines Bild) eingesetzte Historiker-Kommission empfahl im Jahr 2011 einstimmig die Umbenennung der Straße, da Stehr die NS-Politik bereits sehr früh voll unterstützt habe . Die zuständige Bezirksvertretung lehnte eine Umbenennung im August 2012 jedoch ab. Die Stehrstraße in Steinfurt- Burgsteinfurt wurde dagegen im September 2012 vom Rat der Stadt Steinfurt in Ringelnatzstaße umbenannt. Die Stehrstraße in Neuenkirchen wurde ebenfalls umbenannt. Auch die Stadt Ratingen hat 2012 eine nach Hermann Stehr benannte Straße umbenannt, ohne dass zunächst eine Neubenennung erfolgte.
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Weitere Infos:

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Zitate

Die Rachsucht ist die Gerechtigkeit der Gemeinen.

Lüge, von Hunderten wiederholt, wird nicht Wahrheit.

Der Zorn ist die Stärke der Dummen und Schwachen.
Der große, gewaltige Mann ist milde.

Die klugen Menschen denken mit dem Geist, die Weisen mit der Seele.

Unsere eigenen Fehler sind der Grund, warum andere uns Schaden zufügen können. Denn wo keine Tür ist, da ist auch kein Eingang.

Wer durch Dornengestrüpp hat gehen müssen, lernt, wie Dornen verwunden, und tut die an ihm hängen gebliebenen ab, damit sie anderen nicht schaden.

Die Hand, mit der du einem andere wehe tust,
verwundet dich am meisten.

Seid gütig miteinander, denn lieblose Menschen
wandern auch im Frieden immer durch Trümmer.

Die Menschenseele ist ein Bild, mit welchem Gott sich selbst betrachtet.

Wir Menschen halten doch immer nur die Fäden in den Händen, das Schicksal aber webt, wie es will.

Das Brot der Heimat nimmt kein Ende, und die davon essen,
bekommen goldene Herzen voll Fröhlichkeit und Güte.

Seid stolz dem Bösen gegenüber und demütig im Guten,
standhaft in der Erfüllung des Rechten
und furchtsam vor dem Antlitz der Gerechtigkeit.

Mit dem Menschen ist es wie mit dem Baum:
er wächst von innen her und verdorrt auch so.

Opfer, die nicht schmerzen, sind keine Opfer.

Der Schlesier legt sich schlafen wie ein Vlame, springt wie ein draufgängerischer Franke in den Tag, arbeitet wie ein Pole und verliert sich, von einem sentimentalen Böhmen oder Wenden an der Linken, von einem verträumten Thüringer an der Rechten geführt, durch den Abend in die Nacht. Der Charakter der Schlesier ist wie eine Volksversammlung, die erregt debattiert, aber keine Resolution fasst.

Der alte Kämpfer Hitler ist mit den Landesverrätern in einer Nacht fertig geworden, der Staatsmann Hitler hat mit der Übernahme der Reichspräsidentschaft auch diese letzte Hoffnung auf die Gefährdung des neuen Reiches zunichte gemacht [1934].

Der Hunger floh aus den Hütten der
Armen, die Schlote rauchten wieder, die
Räder sausten. Aus einer erliegenden
wurde eine siegende Wirtschaft. Das
war das Ja der Zuversicht, das Deutsch-
land unter der Führung Hitlers dem immer
betroffener werdenden feindlichen Ausland aufdrängte [1936].

Uns sollen die Zähne ausfallen und die Zunge im Munde verdorren, wenn wir am 10. April [1938] nicht dem Führer und seinen Taten ein begeistertes Ja zurufen.
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