Ferdinand Freiligrath
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* 17. Juni 1810 in Detmold
† 18. März 1876 in Cannstatt
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Deutscher Lyriker, Dichter und Übersetzer.
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Freiligrath wurde als Sohn
eines Lehrers geboren. 1825 verließ er das Detmolder Gymnasium, um als Kaufmannslehrling
nach Soest zu gehen; dann wurde er Bankangestellter in Amsterdam und Barmen. Besonderes Aufsehen erregten
während dieser Zeit seine Gedichte 'Löwenritt' und 'Gesicht des
Reisenden'. Seit 1836 erschienen seine Übertragungen in 'Blätter zur Kunde der Literatur des
Auslands', darunter Lieder nach Robert Burns
und Alfred de Musset .
Die Veröffentlichung seiner Gedichte im Mai 1838 hatte durchschlagenden Erfolg und versetzte ihn in die Lage, im Frühjahr 1839 seine
Barmer Stellung aufzugeben und als freier Schriftsteller zu leben.
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1839 begann in Unkel am
Rhein sein Leben als freier Schriftsteller. Mit Karl Simrock
gab er das »Rheinische Jahrbuch für Kunst und Poesie« (1840-41), mit Levin Schücking
»Das malerische und romantische Westphalen« heraus. Auf einer Herbstreise nach Schwaben
besuchte er Justinus Kerner ,
Ludwig Uhland
und Gustav Schwab .
1840 verlobte sich Freiligrath im nordthüringischen Großmonra mit der Tochter des örtlichen Gymnasialprofessors, die er im Mai 1841 heiratete. Aus der Ehe gingen fünf Kinder hervor.
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Unter dem Eindruck des um sich greifenden sozialen Elends und der von den Behörden rigoros beschnittenen Pressefreiheit wandte
Freiligrath sich immer entschlossener der politischen Dichtung zu. Im Herbst 1843
begegnete er August Heinrich Hoffmann von Fallersleben . Im Winter 1843/1844
verfasste er verschiedene Gedichte, wie 'Am Baum der Menschheit', 'Die Freiheit des
Rechts', 'Vom Harze' und 'Aus dem schlesischen Gebirge'. Auf ein ihm vom
preußischen König Friedrich Wilhelm IV.
1842 verliehenes Ehrengehalt verzichtete er 1844, nachdem er sich in einem Band politischer
Gedichte ganz in den Dienst sozialer und freiheitlich-demokratischer Ideale gestellt hatte.
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Seiner Gesinnung wegen verfolgt, ging er 1845 nach Brüssel, dann in die Schweiz, 1846 nach England; von dort aus veröffentlichte er 1846 weitere zeitkritische Gedichte.
Er war auf dem Sprung nach Amerika, als in Deutschland die 1848er Revolution
ausbrach, die er mit den Gedichten begrüßte und in deren Folge er nach Düsseldorf zurückkehrte und sich aktiv an der Revolution beteiligte. Im Oktober 1848 wurde ihm dort der Prozess wegen
'Aufreizung zu hochverräterischen Unternehmungen' gemacht.
Nach erfolgloser Anklage wurde er freigesprochen und übernahm die Redaktion der von Marx
geleiteten »Neuen Rheinischen Zeitung« in Köln
(bis 1849).
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Vor neuer politischer Verfolgung
wich er 1851 abermals nach England aus. Neun Jahre lebte er als Direktor der Schweizer Generalbank in London. Ende 1865 brachte die Schließung der Londoner Agentur
dieser Bank Freiligrath in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Sein Freundeskreis in Barmen um Emil Rittershaus
erließ in der April-Nummer 1867 der Gartenlaube
einen Aufruf zu einer Nationaldotation, um dem Dichter einen finanziell gesicherten Lebensabend in Deutschland zu ermöglichen. Die Dotation hatte riesigen Erfolg und brachte fast 60.000 Taler ein.
Dies ermöglichte ihm, nach Deutschland zurückzukehren
und sich hier ganz der Dichtung zu widmen. Inzwischen war auch eine allgemeine Amnestie für politische Vergehen erlassen
worden.
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Im Juli 1869 fand eine große Freiligrath-Feier in Bielefeld mit dem Besuch seiner Geburtsstadt Detmold statt.
Ab 1874 lebte er in Cannstatt. Seine »Kriegslieder« von 1870 zeigen schließlich die Wandlung des einstigen Revolutionärs zum patriotischen Dichter der Bismarckzeit. In den späten Lebensjahren verfasste Freiligrath fast nur noch Gelegenheitsgedichte.
Seit 1875 hatte Freiligrath gesundheitliche Probleme. Er starb im Alter
von 65 Jahren in Cannstatt.
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Weitere
Infos:
Löwenritt
(Aus
"Gedichte", 1838)
Wüstenkönig ist der Löwe; will er sein
Gebiet durchfliegen,
Wandelt er nach der Lagune, in dem hohen
Schilf zu liegen.
Wo Gazellen und Giraffen trinken, kauert er im
Rohre;
Zitternd über dem Gewalt'gen rauscht das Laub
der Sykomore.
Abends,
wenn die hellen Feuer glühn im
Hottentottenkrale,
Wenn des jähen Tafelberges bunte, wechselnde
Signale
Nicht mehr glänzen, wenn der Kaffer einsam
schweift durch die Karroo,
Wenn im Busch die Antilope schlummert, und am
Strom das Gnu:
Sieh,
dann schreitet majestätisch durch die Wüste
die Giraffe,
Daß mit der Lagune trüben Fluten sie die heiße,
schlaffe
Zunge kühle; lechzend eilt sie durch der Wüste
nackte Strecken,
Kniend schlürft sie langen Halses aus dem
schlammgefüllten Becken.
Plötzlich
regt es sich im Rohre; mit Gebrüll auf ihren
Nacken
Springt der Löwe; welch ein Reitpferd! Sah
man reichere Schabracken
In den Marstallkammern einer königlichen
Hofburg liegen,
Als das bunte Fell des Renners, den der Tiere
Fürst bestiegen?
In
die Muskeln des Genickes schlägt er gierig
seine Zähne;
Um den Bug des Riesenpferdes weht des Reiters
gelbe Mähne.
Mit dem dumpfen Schrei des Schmerzes springt
es auf und flieht gepeinigt:
Sieh, wie Schnelle des Kameles es mit
Pardelhaut vereinigt!
Sieh,
die mondbestrahlte Fläche schlägt es mit den
leichten Füßen!
Starr aus ihrer Höhlung treten seine Augen;
rieselnd fließen
An dem braungefleckten Halse nieder schwarzen
Blutes Tropfen,
Und das Herz des flücht'gen Tieres hört die
stille Wüste klopfen.
Gleich
der Wolke, deren Leuchten Israel im Lande
Yemen
Führte, wie ein Geist der Wüste, wie ein
fahler, luft'ger Schemen,
Eine sandgeformte Trombe in der Wüste
sand'gem Meer,
Wirbelt eine gelbe Säule Sandes hinter ihnen
her.
Ihrem
Zuge folgt der Geier; krächzend schwirrt er
durch die Lüfte;
Ihrer Spur folgt die Hyäne, die Entweiherin
der Grüfte;
Folgt der Panther, der des Kaplands Hürden räuberisch
verheerte;
Blut und Schweiß bezeichnen ihres Königs
grausenvolle Fährte.
Zagend
auf lebend'gem Throne sehn sie den Gebieter
sitzen,
Und mit scharfer Klaue seines Sitzes bunte
Polster ritzen.
Rastlos, bis die Kraft ihr schwindet, muß ihn
die Giraffe tragen;
Gegen einen solchen Reiter hilft kein Bäumen
und kein Schlagen.
Taumelnd
an der Wüste Saume stürzt sie hin und röchelt
leise.
Tot, bedeckt mit Staub und Schaume, wird das
Roß des Reiters Speise.
Über Madagaskar, fern im Osten, sieht man Frühlicht
glänzen; –
So durchsprengt der Tiere König nächtlich
seines Reiches Grenzen.
Nach dem Gedicht von Ferdinand Freiligrath
O lieb', solang du lieben kannst!
O lieb', solang du lieben magst!
Die Stunde kommt, die Stunde kommt,
Wo du an Gräbern stehst und klagst!
Und sorge, daß dein Herze glüht
Und Liebe hegt und Liebe trägt,
Solang ihm noch ein ander Herz
In Liebe warm entgegenschlägt!
Und wer dir seine Brust erschließt,
O tu ihm, was du kannst, zulieb'!
Und mach' ihm jede Stunde froh,
Und mach ihm keine Stunde trüb!
Und hüte deine Zunge wohl,
Bald ist ein böses Wort gesagt!
O Gott, es war nicht bös gemeint, -
Der andre aber geht und klagt.
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Zitat
Wo das Recht ist, da wohnen von selber schon Freie, und immer wo Freie sind, waltet das Recht! Die Freiheit, das Recht!
Die Trompete von
Gravelotte (1870)
Sie haben Tod und Verderben gespien:
Wir haben es nicht gelitten.
Zwei Kolonnen Fußvolk, zwei Batterien,
Wir haben sie niedergeritten.
Die Säbel geschwungen, die Zäume verhängt,
Tief die Lanzen und hoch die Fahnen,
So haben wir sie zusammengesprengt, -
Kürassiere wir und Ulanen.
Doch ein Blutritt war es, ein Todesritt;
Wohl wichen sie unsern Hieben,
Doch von zwei Regimentern, was ritt und was stritt,
Unser zweiter Mann ist geblieben.
Die Brust durchschossen, die Stirn zerklafft,
So lagen sie bleich auf dem Rasen,
In der Kraft, in der Jugend dahingerafft, -
Nun, Trompeter, zum Sammeln geblasen!
Und er nahm die Trompet', und er hauchte hinein;
Da, - die mutig mit schmetterndem Grimme
Uns geführt in den herrlichen Kampf hinein,
Der Trompete versagte die Stimme!
Nur ein klanglos Wimmern, ein Schrei voll Schmerz,
Entquoll dem metallenen Munde;
Eine Kugel hatte durchlöchert ihr Erz, -
Um die Toten klagte die wunde!
Um die Tapfern, die Treuen, die Wacht am Rhein,
Um die Brüder, die heut gefallen, -
Um sie alle, es ging uns durch Mark und Bein,
Erhub sie gebrochenes Lallen.
Und nun kam die Nacht, und wir ritten hindann,
Rundum die Wachtfeuer lohten;
Die Rosse schnoben, der Regen rann -
Und wir dachten der Toten, der Toten!
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