Johann
Gottfried Tulla
* 20. März 1770 in Karlsruhe
† 27. März 1828 in
Paris
Deutsche Ingenieur, der im 19. Jahrhundert die Rheinbegradigung einleitete.
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Tulla wurde als Sohn eines Pfarrers geboren. Hier besuchte er auch das Gymnasium, wobei er sich als guter Schüler in Mathematik und in den anderen Naturwissenschaften zeigte.
Tulla wurde, da dem Vater die Mittel für die weitere Ausbildung seines Sohnes fehlten, von Seiten des Landesfürsten ein Stipendium gewährt, das ihm zunächst auf geometrischern Gebiet eine Ausbildung für seinen späteren Beruf als Tiefbauingenieur erlaubte.
Auf Empfehlung von Tullas Lehrern entschloss sich Markgraf Karl Friedrich
, den jungen Geometer auf wissenschaftlichem Gebiet weiter zu fördern.
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Zur weiteren Ausbildung entsandte man Tulla im Jahre 1792, wiederum auf Vorschlag seiner bisherigen Lehrherren, nach Gerabronn, einem Salinenort in Franken, zu dem damaligen Salinenleiter und späteren Professor der Mathematik an den Universitäten Erlangen und zuletzt Heidelberg, Karl Christian von
Langsdorf .
Bei Langsdorf widmete sich Tulla neben den mathematischen Studien den Studien der Mechanik und Hydraulik, wobei er auch von seinem Lehrer zur Mitarbeit an einem wissenschaftlichen Werk über Hydraulik herangezogen wurde. Seine zweijährige Ausbildung bei Langsdorf ging im Sommer 1794 zu Ende.
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Auf Vorschlag Langsdorfs ging Tulla dann auf Staatskosten auf eine Ausbildungsreise, und zwar zunächst nach Düsseldorf zu dem dortigen Wasserbaudirektor
von Wiebeking . Von dort ging er nach Holland, wo er Wasserbauten aller Art eingehend besichtigte.
Mitte Oktober 1794 war er in Hamburg, wo er Deich- und Kribbenbauten ansah und auch an Stromgeschwindigkeits-Messungen teilnahm. Von Hamburg aus reiste Tulla nach Freiberg in Sachsen, wo er an der dortigen Bergakademie Vorlesungen über Chemie und Mineralogie belegte. Nach dem Wintersemester ging er mit seinem Lehrer Langsdorf nach Norwegen und half ihm bei der Überprüfung einer Staatssaline.
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Im Herbst 1795 setzte er seine Studien in Freiberg fort. Exkursionen die ihn u.a. auch nach Böhmen führten, bereicherten seine Ausbildung. Ende Mai 1796 beendete er sein Studium in Freiberg.
Nach einem nochmaligen Aufenthalt bei Langsdorf in Gerabronn kam Tulla im Spätjahr 1796 nach Karlsruhe zurück. Er volontierte nochmals ein halbes Jahr lang bei Wasserbau-Fachmann von
Wiebeking, der damals in Darmstadt hessischer Rheinbauinspektor war.
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Im November 1797erhielt Tulla als Ingenieur eine endgültige Anstellung als markgräflicher Beamter.
Er wurde mit den Rheinbauarbeiten im Oberamt Rastatt beauftragt. Tullas Amtsbezirk lag
idem französischen Ufer des Rheins gegenüber. Sein Vorschlag, ihm Gelegenheit zu geben, seine französischen Sprachkenntnisse zu verbessern, wurde
genehmigt. Im Sommer 1801 ging Tulla nach Paris. Neben der Spracherlernung wollte er sich auch in technischer Hinsicht weiterbilden, und dazu auch Verbindungen mit führenden Ingenieuren des französischen Wasser- und Straßenbaues anknüpfen.
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Ende 1802 wurde Tulla nach Karlsruhe zurückberufen und 1803 zum Hauptmann ernannt. Als Oberingenieur erhielt er einen Dienstbezirk von der Kinzig bis zur Alb. Am Rhein waren noch keine Flussbauarbeiten größeren Umfangs möglich. Dagegen wurden Begradigungen an
Kinzig, Rench und Murg in Angriff genommen, die sich in Verbindung mit Dammbauten und sonstigen Flussbettverbesserungen sehr zum Vorteil der Anwohnerschaft dieser Flüsse auswirkten.
Zu ähnlichen Flussbau- und Kulturarbeiten wurde Tulla über eine Reihe von Jahren mit Zustimmung des inzwischen zum Kurfürsten ernannten Karl Friedrich von der Schweiz in Anspruch genommen. In dieser Zeit gediehen auch seine Planungen über die Rheinrektifikation von Hüningen bis an die hessische Grenze etwa gegenüber von Worms.
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1809 wurde Tulla zum Major befördert. Der neue Großherzog
stellte ihn an die Spitze aller Wasser- und Straßenbauämter im ganzen Großherzogtum Baden.
1814 wurde Tulla Oberstleutnant. Im Feldzug gegen Napoleon tat er sich durch Anlage von Militärstraßen über die Altenheimer Schiffbrücke oberhalb von Straßburg hervor. Seine Verdienste wurden von den
Russen durch Verleihung des St. WIadimir-Ordens belohnt. 1817 wurde Tulla Leiter der Oberdirektion des Wasser- und Straßenbaues in Baden.
Im gleichen Jahr schloss er als Vertreter Badens das Übereinkommen mit Bayern über die Geradelegung des Rheines zwischen Neuburg und Dettenheim
ab und nahm als Berater an den Verhandlungen wegen der Grenzlinien-Neufestsetzung zwischen Frankreich und Baden
teil.
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Das Hauptwerk seines Lebens, die Rheinbegradigung, konnte Tulla im Jahre 1817 in die Tat umsetzen. Diese Arbeiten dauerten über 70
Jahre. Sie begannen mit dem Knielinger Durchstich und endeten im Jahre 1879.
1824 wurde Tulla der Rang eines Obersten verliehen. Gesundheitliche
Probleme machten Tulla immer mehr zu schaffen. Nachdem Kuraufenthalte in badischen, württembergischen und schweizerischen Heilbädern keine Besserung brachten, wurde
er 1827 zu dem für die damalige Zeit besten urologischen Facharzt nach Paris überwiesen. Auch zugezogene Internisten konnten seinen Tod nicht mehr verhindern. Er
starb im Alter von 58 Jahren und 8 Tagen. Die Beisetzung fand auf dem Friedhof Montmatre statt.
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Rheinbegradigung:
Unter
Tullas Führung begann der Umbau des Rheinbettes: Begradigung, Vertiefung und Einengung des Flussbettes auf 200-250 m,
Abschneiden der Schlingen mit Durchstichen. Ab 1817 wurden Tullas Pläne zum Teil mit Waffengewalt gegen den Willen der Bauern und Fischer verwirklicht.
Die Arbeiten waren erfolgreich: Als die Rhein-Korrektur 1862 abgeschlossen wurde, war der Fluss um 81 Kilometer kürzer geworden.
Die Überschwemmungen waren beendet, und es wurde viel zusätzliches Land gewonnen. Die Schiffe mussten nicht mehr mit Pferden oder Ochsen gezogen werden.
ABCD Erst im Lauf der Jahre wurden die Nachteile dieser Begradigung deutlich: die erhöhte Fließgeschwindigkeit bewirkte eine stärkere Erosion, damit ein tieferes Einschneiden des Flussbettes. Es kam zu erheblichen Grundwasserabsenkungen und teilweise auch zu Versteppungen.
Die Probleme für die Schifffahrt wurden nur zum Teil gelöst: bei Niedrigwasser war eine Schifffahrt aufgrund der wechselnden Sandbänke und der geringen Tiefe der Fahrrinne kaum möglich. Führte der Rhein mehr Wasser, so war eine Schifffahrt aufgrund der stärkeren Strömungsgeschwindigkeit ebenfalls erschwert.
Bis heute versucht man, den Rhein an einer weiteren Vertiefung zu hindern. Bei Rastatt schüttet man deshalb jährlich 117.000t Kies in den
Fluss. ABCD Im begradigten Flussbett bewegt sich eine Hochwasserwelle jetzt fast doppelt so schnell auf Straßburg und Karlsruhe zu. Und noch fataler: Durch die Laufzeitbeschleunigung der Hochwasserwelle im Oberrhein ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Hochwasserwellen von Rhein und Neckar bei Mannheim/Ludwigshafen zeitgleich zusammenstoßen, deutlich angestiegen. Ein Hochwasserdesaster für die beiden Städte, einschließlich der BASF und dem wenig stromabwärts gelegenen Worms ist vorprogrammiert.
Während sich früher die Hochwasserwelle in den ausgedehnten Rheinauen
totlaufen konnte, soll der Spitzenabfluss jetzt gezielt in ein Dutzend Polder zwischen Breisach und Karlsruhe geleitet werden. Mit
diesen ökologischen Flutungen wird angestrebt, wieder eine auenähnliche Vegetation heranzuziehen, die bei Extremhochwässern im Retentionsfall auch längere Überflutungen weitgehend schadlos übersteht. ABCD
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