Samstag, 23. Januar 2010

 

Wer einmal lügt, ...

Berlin - Im vergangenen Jahr trug Claude Lanzmann (Foto) in Berlin Auszüge aus seinen Memoiren 'Le lièvre de Patagonie (Der patagonische Hase) vor. Der 23-jährige Lanzmann war 1949 von der französischen Militärregierung als Lektor für Literatur an der Freien Universität Berlin (FU) angestellt worden. Deren Rektor Edwin Redslob griff Lanzmann Anfang 1950 in einer Schmähschrift für die sowjetisch kontrollierte 'Berliner Zeitung' als NS-Aktivisten an. Dem Pamphlet war ein angeblich von Redslob verfasstes, aber tatsächlich gefälschtes, Widmungsgedicht an Emmy Göring zur Seite gestellt. Lanzmann behauptete jetzt, wegen seiner 'Enthüllungen' sei Redslob damals unverzüglich entlassen worden. Sofort nach dieser Lüge verbreiteten alle großen Dulli-Zeitungen diese Nachricht über den einstigen Sturz des FU-Rektors. Lanzmann selbst kolportierte Varianten seiner Tat in Interviews. Auch der Wikipedia-Eintrag zu Edwin Redslob wurde entsprechend verändert. Der Protest von FU-Gründungsstudenten gegen Lanzmanns Fälschung blieben wirkungslos.  

Tatsächlich war Lanzmann 1949 und 1950 ein Unbekannter, Edwin Redslob aber ein berühmter Mann. Er gestaltete im Auftrage der Weimarer Republik Geldscheine, Münzen, Briefmarken, Urkunden, Medaillen, Flaggen, Reichsadler, Amtsschilder, Dienstsiegel und das zentrale Ehrenmal für die Kriegstoten. Er inszenierte die jährlichen Verfassungsfeste, das 'Goethejahr' 1932, die Trauerfeiern für Rathenau, Friedrich Ebert und Gustav Stresemann. 1933 wurde er entlassen. Nach Kriegsende 1945 gehörte er zu den Gründern des Tagesspiegels, der bedeutendsten Zeitung der Berliner Westsektoren. Deswegen wurde Redslob, zunächst Ordinarius der Humboldt-Universität im Ostsektor, 1946 sofort wieder entlassen. Im Angesicht der sowjetischen Blockade gehörte er zu den Gründern der 'Freien Universität FU' in den Westsektoren, die am 4.Dezember 1948 ihre Arbeit aufnahm.  


Als Lanzmann 1949 nach Berlin kam, gehörten die Ostberliner Verleumdungen gegen die FU zum festen Repertoire der Ostberliner Zeitungen. Lanzmann, überzeugter Stalinist, reihte sich gerne in diese SED-Propaganda-Kampagne ein. Für die Berliner Zeitung war es ein gefundenes Fressen, dass ein publizistischer Überläufer aus dem Westen bereitwillig Auskunft über die 'Demokraten' der FU lieferte. Was er schrieb, blieb allerdings ohne jede Wirkung. Erst gut ein Jahr später endete Redslobs Amtszeit als FU-Rektor regulär. Entlassen, wie Lanzmann behauptet, wurde Redslob nicht. Lanzmann selbst bekam allerdings Ärger mit dem französischen Stadtkommandanten General Ganeval, dem Lanzmanns Seminar missfiel: Er wurde gemaßregelt und musste sein Seminar beenden, lebte fortan ein halb legales Abenteuerleben, und schrieb er Reportagen über den Alltag im Ostsektor. In seinen Erinnerungen erwähnt Lanzmann jetzt noch begeistert die kommunistischen 'Weltjugendfestspiele' in der neu gegründeten DDR: "In diesen großen roten Gemeinschaftsfesten gab es .. etwas Mächtiges und Brüderliches". 

Dies Jahr soll Lanzmanns Buch bei Rowohlt auf Deutsch erscheinen. Die Redslob-Episode wird dabei nicht die einzige sein, in der Lanzmanns Interpretation die Wahrheit überlagert. Der Autor stilisiert sich zum omnipräsenten Akteur, zum Rächer der Juden, dessen Film 'Shoah' sich in das kollektive Gedächtnis der ganzen Welt einbrennen sollte. Trotz der nachgewiesenen Fälschungen will Lanzmann seinen Text unverändert als Tatsachenbericht dem deutschen Publikum vorsetzen.   

Quelle: Internet  

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