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aus München
ABCDABCD
München - Zur HOLOCAUST-Veranstaltung am 27. Januar im bayerischen
Landtag
war diesmal nicht nur die Dulli-Prominenz wie der Münchner OB Christian Ude, der frühere Bundesfinanzminister Theo Waigel und die Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, als Gäste
eingeladen, sondern auch der Münchner BIA-Stadtrat Karl Richter. Letzterer ganz offiziell, auf Einladung des Rathauses und des gerade erst gegründeten Münchner NS-Dokumentationszentrums. Sein Bericht:
Kurz vor 20 Uhr ganz großer Bahnhof an der Einlasspforte des Landtags – Blitzlichtgewitter, Nachrichtenagenturen, Kripo in grün und zivil. Die junge Frau in Rot, die die Namensliste abhakt, ist nervös. Eine kreidebleiche Mitarbeiterin des neugegründeten Münchner NS-Dokumentationszentrums ringt um Fassung: „Die sind alle wegen Ihnen da!“ Ein freundlicher graumelierter Herr von der Landtagsverwaltung schiebt sich heran, bittet, an den Journalisten und Sicherheitsleuten vorbei, ihm zu folgen, es geht einen Kellergang hinunter und im Untergeschoss in eine winzige Kammer. Dem Mann stehen Schweißperlen auf der Stirn: die Frau Landtagspräsidentin habe von ihrem Hausrecht Gebrauch gemacht, die Dinge hätten jetzt einen "anderen Verlauf genommen", droben seien 300 Gäste, er bitte doch um Verständnis...
Ein Kripomann steht in Griffweite. Sichert unauffällig.
Die blassgesichtige Mitarbeiterin des NS-Dokumentationszentrums hastet heran, fahrig und aufgeregt, der Lippenstift ist verrutscht. Sie bringt kaum einen Ton hervor, als ich ihr die Hand gebe und mich für die Einladung bedanke. „Na, dann freue ich mich aber schon aufs nächste Jahr“, sage ich. Unter Blitzlichtgewitter und Polizeibedeckung werde ich wieder nach draußen eskortiert, Interviews, die „Süddeutsche“ ist da, ddp, die Presseleute wollen die offizielle Einladung sehen - was, ich sei sogar eingeladen, wie denn das, und ob ich die Datei gleich noch an die Redaktion mailen könnte und was ich mir denn mit der Aktion gedacht hätte -. „Aber Nazis denken doch nicht“, sage ich.
Die Polizei ist zuvorkommend und sichtlich bemüht, jede Eskalation zu verhindern, fragt, was ich jetzt zu tun beabsichtige, ich sage, ich hätte nur meinen Schlüsselbund dabei, und mit dem würde ich jetzt nicht anfangen, auf jemanden einzuschlagen. Um viertel nach acht bin ich wieder auf dem Heimweg.
Drinnen im Maximilianeum zieht unterdessen die Zentralratschefin alle Register der Empörung und findet anerkennende Worte: „Wir haben es hier mit ernstzunehmenden Feinden der Demokratie zu tun“, die „Agitation des braunen Stadtrats in München sei alarmierend“, der Fall zeige, „mit welcher verwerflichen und aggressiven Strategie die NPD-Tarnorganisation ihr braunes Gedankengut in öffentlichen Gebäuden verbreitet“, zitiert die „Abendzeitung“ tags darauf. Dabei hätte ihr Redebeitrag eigentlich ein Grußwort zum
HOLOCAUST-Gedenktag sein sollen.
Landtagspräsidentin Barbara Stamm apportiert prompt. Sie hat, berichtet die AZ im vollen Ernst, „die Polizeipräsenz verstärken lassen und Richters Porträt an alle Mitarbeiter der Pforte ausgegeben“. Nicht auszudenken, was hätte passieren können.
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