Montag, 11. Oktober 2010

 

Zahl 55 bald tabu, Ziffer 7 gerade noch erlaubt 

ABCD

Dresden - Am Freitag fand vor dem Dresdner Amtsgericht eine Verhandlung gegen einen 24-Jährigen statt. Dieser hatte im Mai 2009 auf dem Grabstein seines Stiefvaters auf dem Tolkewitzer Friedhof als letzten Willen des Toten den Spruch einmeißeln lassen: Meine Ehre heißt Treue. Außerdem ließ er noch eine 7 in den Grabstein eingravieren.

 

Am Abend vor der Beisetzung war ein Friedhofsmitarbeiter auf die Grabinschrift aufmerksam geworden, der den Friedhofsverwalter Jens Börner benachrichtigte; letzterer informierte die Polizei. Diese beschlagnahmte den Stein in einer mitternächtlichen Aktion. Die Trauernden beerdigten den Toten am nächsten Tag ohne Grabstein auf der Grabstätte mit der Nummer 55.

Danach erfolgte Anzeige gegen den 24-Jährigen. Die Staatsanwaltschaft hatte vor dem Prozess auch gegen Friedhofsverwalter Börner, den Steinmetz und die Mutter des Angeklagten ermittelt. Börner erklärte in der Verhandlung, zwar sei es generell seine Aufgabe, Grabinschriften zu genehmigen, hier habe es aber schnell gehen müssen, um den Stein bis zur Beerdigung fertigzustellen. Den Spruch habe er gar nicht gelesen. Aufgefallen sei ihm nur eine eingravierte 7 auf dem unteren Teil des Steines. Der Angeklagte habe ihm damals erklärt, es handele sich dabei um das Symbol des Motorradclubs Gremium . Dort sei sein Stiefvater Mitglied gewesen.

 

Die Staatsanwaltschaft argumentierte, indem der Angeklagte den letzten Willen des Toten erfüllte, hätte er Propaganda einer verfassungsfeindlichen Organisation verbreitet: Der Spruch Meine Ehre heißt Treue sei die Losung der Waffen-SS gewesen, und die Grabsteinnummer 55 könne als SS gelesen werden. Die Ziffer 7 weise zudem auf einen Motorradclub hin, der rechten Gruppierungen nahe stehe. Sie forderte eine Geldstrafe von 600 Euro.

 

Richter Meißner sprach den Angeklagten frei, weil die von der Staatsanwaltschaft postulierten Zusammenhänge nicht erwiesen seien. Der Grabstein des Stiefvaters steht inzwischen wieder mitsamt der Grabsteinnummer 55 und der großen 7, aber ohne die Inschrift.

Quelle: Internet   

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