Atomexperten
melden sich zu Wort
Etwa hunderttausend Menschen nahmen am Montagabend in rund 450 Städten
der BDR an Mahnwachen teil und forderten den Ausstieg aus der Atomenergie. Unterstützung erhielten sie von
der evangelischen, katholischen und orthodoxen Kirche, deren Spitzenvertreter sich für den Abschied von der Atomkraft
aus sprachen. "Eine Technologie, die Fehler nicht verzeiht, tut uns nicht gut", sagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus
Schneider. Die ehemalige EKD-Ratsvorsitzende Margot Käßmann sagte, die Technologiegesellschaft
müsse Demut lernen. Der Leiter des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Gerhard
Wegner, forderte einen schleunigen Ausstieg aus der Atomtechnologie. Der Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Alfred Buß, nannte die Nutzung von Kernenergie ein
Zeichen menschlicher Verantwortungslosigkeit und sagte: „Das Unglück von Fukushima führt uns die katastrophale Überheblichkeit vor Augen,
die davon ausging, das tödliche Risiko könne kontrolliert werden.“ Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, erklärte: "Atomkraft ist keine Energie der
Zukunft." An der Diskussion über zukunftsfähige Energien werde sich auch die katholische Kirche
beteiligen. Das Ehrenoberhaupt der orthodoxen Kirchen, Patriarch Bartholomäus I. von Konstantinopel, appellierte an die Regierungen weltweit, die Kernenergie
durch Energiegewinnung aus Wind, Wasser und Sonne zu ersetzen. Im
Gegensatz zu den Hysterikern in der BDR planen deren europäischen Partner
keine Energiewende. In Frankreich stammen vier Fünftel des Stroms aus Reaktoren. Paris setzt weiter auf
Atomenergie. In Finnland und Schweden hat der
Unfall im japanischen Atomkraftwerk Fukushima keine Debatten ausgelöst. Beide Länder haben sich vor nicht allzu langer Zeit für den Behalt und Ausbau der Kernenergie ausgesprochen.
Schweden bezieht ein gutes Drittel seines Stroms aus Atomkraftwerken. In Schweden verkündete Ministerpräsident Fredrick Reinfeldt 2009 den
'Ausstieg aus dem Ausstieg'. 1980 hatten sich die Schweden in einer Volksabstimmung dafür ausgesprochen, die Atomkraft innerhalb der nächsten 30 Jahre
abzuwickeln. Reinfeldt sagte: "Wir haben einen historischen Beschluss über Umwelt-, Klima- und Energiepolitik
gefasst und langfristige Voraussetzungen geschaffen, um Investoren nach Schweden zu locken, weil wir Versorgungssicherheit auf dem Energiesektor bieten. Außerdem weisen wir den Weg zur künftigen Vermeidung von CO2."
Die zehn in Betrieb befindlichen Reaktoren können nun modernisiert werden, bleiben also am Netz.
Die Endlagerung von Atommüll wurde in der betroffenen Region von über 80 Prozent der Bewohner
befürwortet.
In Finnland hat sich die Regierung im April für den Neubau zweier weiterer
Kernkraftwerke ausgesprochen. Die Papier-, Metall- und Chemieindustrie verschlingt Unmengen an Energie, der Stromverbrauch pro Kopf ist etwa doppelt so hoch wie in
der BRD. Neben der Versorgungssicherheit spielt die Unabhängigkeit von russischen Energieimporten eine große Rolle. Und auch was die Endlagerung angeht, herrschen ähnliche Zustände wie im benachbarten Schweden. Ab 2020 sollen in der Gemeinde Eurajoki in der Nähe des Kernkraftwerks Olkiluoto die Brennstäbe verwahrt werden, fast 100 Gemeinden hatten sich um den Zuschlag beworben. Auch
China setzt voll auf den Ausbau der Kernenergie. Allein in den nächsten fünf Jahren soll mit dem Bau von rund 40 weiteren Reaktoren begonnen werden.
Schon heute sind 13 Atomreaktoren in Betrieb. Bis 2020 sollen diese Kapazitäten
verachtfacht werden. 25 Kernreaktoren sind gegenwärtig im Bau, weitere 50 in konkreter Planung. Darüber hinaus gibt es Vorschläge für 70 weitere Reaktoren.
Brasilien bekennt sich ebenfalls zur Kernenergie als einer sauberen und sicheren
Energiequelle. Es ist eines der Länder, die den technologischen Zyklus der Urananreicherung
beherrschen. Somit können die heimischen Kernkraftwerke mit eigenem Brennstoff versorgt werden.
Auch das iranische Atomprogramm zielt darauf, die heimische Energieversorgung um die Nutzung der Kernenergie zu ergänzen.
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