Das Wasser ist ein freundliches Element für den, der damit bekannt ist und es zu behandeln weiß.
Johann Wolfgang von Goethe
Womit ist zu rechtfertigen, dass die Einwohner der britischen Hauptstadt London in Flaschen abgefülltes Trinkwasser von den Fidschi-Inseln trinken, wenn gleichzeitig 35 Prozent der Fidschi-Insulaner keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben?
In Europa und auch in den USA ist Mineralwasser aus Flaschen so selbstverständlich geworden, dass dort zeitweilig das eigene hochwertige Leitungswasser fast in Vergessenheit gerät. Das Geschäft mit abgefüllten
Wasser ist gigantisch. Schon jetzt werden Milliarden verdient, und für die kommenden Jahre erwartet die Branche enorme Steigerungsraten von über 30 Prozent. 1,5 Milliarden Barrel Rohöl
werden benötigt, um all die Plastikflaschen zu produzieren. Und nur jede vierte Plastikflasche wird
wiederaufgearbeitet, der Rest belastet Böden und Gewässer. Die Mineralwasser-Industrie boomt dennoch.
Dies ist mal wieder der Sieg des Marketings über den gesunden
Menschenverstand.
Etwa 500 Mineralwassermarken gibt es allein in der BDR, das übertrifft nur noch Italien mit etwa 590 Sorten. Im Gegensatz zu Spaniern, Franzosen und Amerikanern
bevorzugt die BDR-Bevölkerung nach wie vor Wasser mit Kohlensäure. Dennoch steigt auch
hier der Verbrauch von stillen Mineralwässern stetig. Mineralwasser hat einen Imagewandel vom reinen Durstlöscher zum Wellnessgetränk
erfahren. Etwa 70 Prozent der BDR-Bevölkerung trinkt es täglich, bei
einem Pro-Kopf-Durchschnitt von 130 Liter im Jahr.
Ein
verbreitetes Argument für den Konsum von Mineralwasser ist sein hoher Mineralgehalt. Doch der menschliche Organismus nimmt diese Mineralien nicht vollständig auf.
Der Bedarf an Mineralstoffen wird in europäischen Ländern vorwiegend über die Nahrung gedeckt: Die Aufnahme von Calcium erfolgt über Milchprodukte und Gemüse, Magnesium erhält der Körper über Vollkornprodukte, Bananen und Gemüse.
Der Mineraliengehalt im Trinkwasser und im Mineralwasser spielt eine eher untergeordnete Rolle und wirkt bestenfalls ergänzend.
Wasser - ob aus der Leitung oder der Flasche - dient in erster Linie als Durstlöscher.
Ein weiterer Grund, auf Leitungswasser zu verzichten, ist die Sorge um die Qualität
des Trinkwassers. In manchen Ländern ist es in der Tat besser, kein Wasser aus der Leitung zu trinken. Selbst wenn der Körper sich an die Keime gewöhnt, bleibt immer noch die Gefahr, dem Körper Schwermetalle und andere Schadstoffe zuzuführen, die über die Industrie in das Grundwasser gelangen.
Doch in vielen Ländern ist das Leitungswasser nicht nur trinkbar, sondern von sehr guter Qualität. Das gilt auch für
die BDR. Trinkwasser ist BDR-weit eines der am besten kontrollierten Lebensmittel. Die Richtlinien der
Trinkwasserverordnung sind sogar strenger als die für Mineralwasser. Leitungswasser besteht etwa zu zwei Dritteln aus Grundwasser und zu einem Drittel aus Oberflächenwasser, das Seen oder Talsperren entnommen wird. Damit es hygienisch einwandfrei ist, wird es in manchen Fällen aufbereitet. Bei der Aufbereitung sind etwa 50 chemische Zusatzstoffe zugelassen, die innerhalb bestimmter Grenzwerte liegen müssen. Diese werden gemäß der Trinkwasserverordnung regelmäßig kontrolliert.
Mehr als 90 Prozent der Verbraucher beurteilen ihr Trinkwasser in Sachen Qualität mit
gut bis sehr gut. Knapp 80 Prozent finden, dass das auch auf den Geschmack zutrifft.
Da es in der BDR keinen objektiven Grund gibt, auf Leitungswasser als
Durstlöscher zu verzichten, muss es andere Gründe für den zunehmenden
Verbrauch von Mineralwasser geben. Es ist zunächst eine Frage des Images:
Für Leitungswasser wird kaum Werbung gemacht, das ist bei Mineralwasser
anders. Eine weitere Ursache für den zögerlichen Verbrauch von Leitungswasser als Getränk sind mangelnde Information und Verunsicherung. Viele Menschen glauben, ihr Trinkwasser
habe diverse Abwasser-Kanäle durchlaufen und wurde einfach nur desinfiziert.
Eine Wiederaufbereitung erfährt jedoch nur Abwasser, bevor es in den Kläranlagen gereinigt und in die Gewässer geleitet wird. Anschließend tritt es in den Kreislauf der Natur.
Leitungswasser hingegen wird niemals aus Abwasser gewonnen. Das so
genannte Rohwasser stammt zu 64 Prozent aus natürlichen Quellen wie Grundwasser, zu 27 Prozent aus Oberflächenwasser wie Flüssen und Seen und zu neun Prozent aus Quellwasser.
Bevor es ins Versorgungsnetz einfließt, wird es durch verschiedene Verfahren zu Trinkwasser aufbereitet: Partikel, organische Verschmutzungen und Schadstoffe werden entfernt, Pestizide und Chlorkohlenwasserstoffe herausgefiltert. Nur in Notfällen wird das Wasser
mit Hilfe von Chlor desinfiziert.
München zum Beispiel bezieht sein Trinkwasser aus dem Mangfall- und dem Loisachtal in den Voralpen. Das Wasser ist bekannt für seine ausgezeichnete Qualität und kann ohne weitere Aufbereitung direkt in die Haushalte geleitet werden.
Auch wenn nicht alle natürlichen Wasserquellen über derart ideale Voraussetzungen verfügen, ist die Qualität des deutschen Trinkwassers spätestens nach der entsprechenden Aufbereitung enorm hoch, und zwar bundesweit.
Ob in Flensburg oder München, die zugelassenen Belastungswerte liegen meist weit unter den geforderten
Grenzwerten. Dafür sorgt die Trinkwasserverordnung von 2003: Selbst bei lebenslangem Konsum von Trinkwasser darf der Verbraucher keine gesundheitliche Beeinträchtigung erfahren. Trinkwasser muss frei von Krankheitserregern, gesundheitlich unbedenklich, keimarm, farb- und geruchlos, kühl und geschmacklich einwandfrei sein.
Der Begriff ' Trinkwasser' bezieht sich nicht nur auf das Wasser zum Kochen und Trinken. Auch das Wasser, das zur Körperreinigung, zum Wäschewaschen oder Abspülen dient, entspricht diesen Kriterien.
Unabhängig davon können sich im Leitungswasser unter bestimmten Umständen trotzdem schädliche Stoffe befinden: Wenn die Hausleitungen alt oder mangelhaft sind, kann auch sehr hochwertiges Trinkwasser Spuren von Blei, Kupfer oder anderen Metallen enthalten.
Ein ' Mineralwasser' ist nach der BDR-Mineral- und Tafelwasserverordnung ein Grundwasser mit besonderen Eigenschaften, das zumeist aus einer Quelle gewonnen wird.
In der BDR gab es im Jahr 2008 achthundert anerkannte Quellen.
Die offiziellen Produktbezeichnungen in der BDR sowie in Österreich
lauten 'Natürliches Mineralwasser'. Es hat seinen Ursprung in unterirdischen, vor Verunreinigungen geschützten Wasservorkommen, wird an der Quelle abgefüllt und muss amtlich anerkannt werden. Seine Inhaltsstoffe dürfen nur unwesentlich schwanken. Natürliches Mineralwasser ist das einzige Lebensmittel, das in Deutschland amtlich zugelassen wird.
'Quellwasser'
stammt aus unterirdischen Vorkommen und muss den übrigen Anforderungen für Mineralwasser (mit Ausnahme der erlaubten Aufarbeitungsmethoden) nicht entsprechen. Es bedarf keiner amtlichen Anerkennung.
'
Tafelwasser' besteht hauptsächlich aus Trinkwasser. Es gibt keine Anforderungen an den Mineralstoffgehalt oder die Behandlungsmethoden.
'
Heilwasser' ist ein Wasser, das aufgrund des Nachweises einer heilenden, lindernden oder vorbeugenden Wirkung als Arzneimittel zugelassen wurde. Der Mineralstoff- und Spurenelementgehalt von Heilwässern liegt meistens in ähnlicher Größenordnung wie bei Natürlichen
Mineralwässern.
Nicht abgepacktes Trinkwasser aus der öffentlichen Trinkwasserversorgung wird meist als
' Leitungswasser' bezeichnet. Kohlensäurehaltiges Mineralwasser wird auch als saurer Sprudel oder als Selterswasser
bezeichnet. In der BDR darf als ' Sprudel' nur Mineralwasser bezeichnet werden und nur dann, wenn es unter Kohlendioxidzusatz abgefüllt wurde oder es sich um einen Sauerbrunnen handelt, bei dem das Wasser natürlicherweise einen so hohen Kohlensäuregehalt hat, dass es bei Druckentlastung sprudelt.
'
Stilles Mineralwasser' ist ein natürliches Mineralwasser, dem Kohlensäure vollständig oder teilweise entzogen wurde. Es wird teilweise in die grüne Brunnen-Einheitsflasche abgefüllt.
In kalkhaltigen Regionen ist der Calcium-Gehalt des Trinkwassers zum Teil
bedeutend höher als der eines durchschnittlichen Mineralwassers: so enthält Berliner Trinkwasser bis zu 150 mg Calcium pro Liter, manche Mineralwässer nur ein Zehntel
davon. Bei Bluthochdruck kann die Wahl eines natriumarmen Mineralwasser sinnvoll sein.
Im Allgemeinen wird ein hoher Calcium- und Magnesium-Gehalt sowie ein niedriger Natrium-Gehalt als erstrebenswert angesehen.
Trinkwasser ist auf dem Weg zum Verbraucher Umwelteinflüssen ausgesetzt, während sich entsprechende Einflüsse beim Mineralwasser wenig bis gar nicht bemerkbar machen, sofern es in Glasflaschen transportiert und gelagert wird. Diese sind allerdings immer seltener verfügbar.
In der BDR ist selbst in langen Rohrleitungssystemen der Trinkwasserversorgung bis zur Entnahmestelle kaum eine Gefahr gegeben, dass Verunreinigungen, beispielsweise Bakterien, ins Wasser kommen, da die Leitungen unter hohem Druck stehen, was ein Eindringen von Fremdkörpern effektiv verhindert. Gefahren für Verunreinigungen bietet neben den Rohrleitungssystemen
möglicherweise der Wasserauslass.
Mineralwasser bietet den Vorteil gleichbleibender Wasserqualität. Allerdings kann es in Ausnahmefällen zu einer Verunreinigung beim Abfüllen, Transport und bei der Lagerung kommen, besonders wenn es in Plastikflaschen abgefüllt wird. Dann muss sichergestellt werden, dass nicht Stoffe aus dem
Verpackungsmaterial in das Wasser übertreten oder durch die Flaschenwandung diffundieren. Das Wasser bekommt dann einen leicht süßlichen Geschmack.
Mineralwasser darf i n seiner ursprünglichen Zusammensetzung nicht verändert werden. Es dürfen lediglich Eisen-, Schwefel-, Mangan- und Arsenverbindungen entzogen werden und es darf Kohlenstoffdioxid (CO2) zugesetzt werden, wodurch im Wasser Kohlensäure (H2CO3) gebildet wird, oder CO2 darf entfernt werden. Auf beide Behandlungen ist auf dem Etikett hinzuweisen. Die
' Enteisenung' wird bei vielen Mineralwässern vorgenommen, da sonst mit der Zeit eine Braunfärbung des Wasser eintritt. Die meisten Mineralwässer weisen am Austrittsort einen nicht annähernd so hohen Kohlensäure-Gehalt auf wie nach der Flaschenfüllung. Das H2CO3 dient unter anderem der
Haltbarkeit. Das Verfallsdatum sehr kohlensäurearmer Wässer wird dementsprechend in wesentlich kürzerer Zeit erreicht.
Mineralwasser belastet durch Verpackung und Transporte, wie andere Lebensmittel auch, die Umwelt. Gekühltes sprudelndes Mineralwasser in der Einwegflasche hat
eine etwa 3,46 mal so hohen Umweltbelastungs-Wert wie gekühltes sprudelndes Trinkwasser aus dem Hahn. Wesentliche Aspekte sind dabei die Verpackung und der Transport. Mehrwegverpackungen sind nur dann umweltfreundlicher, wenn sie nicht über lange Distanzen transportiert werden müssen.
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