Freitag, 13. Mai 2011

 

Aufmerksamkeit, Trost und Sicherheit

 

München - Eine 29-jährige Arzthelferin aus München hat einer 15-jährigen Wienerin über Monate hinweg insgesamt 10.000 Euro für Glückskräuter gezahlt. Im vergangenen Oktober wurde die Arzthelferin von der 15-Jährigen in Haidhausen in der Nähe des Wiener Platzes angesprochen, die ihr sagte, sie spüre, dass sie Probleme habe und könne ihr helfen. Die 29-Jährige glaubte der Unbekannten, die aufgrund ihrer fülligen Figur älter wirkte als 15 Jahre. Fortan trafen sich die Frauen an verschiedenen Plätzen in München. Die Treffen verliefen stets ähnlich: Die Unbekannte forderte hohe Geldbeträge von der 29-Jährigen und gab ihr im Gegenzug Kräuter, die letztere zum Schutz gegen böse Mächte verbrennen oder zum Schlafen unters Bett legen sollte. Die 29-Jährige lieh sich Geld aus, um die Geldforderungen erfüllen zu können. Als diese immer massiver wurden, vertraute sie sich schließlich einem Bekannten an, der riet ihr, zur Polizei zu gehen. Am Montag arrangierte die Münchnerin ein Treffen mit der Wahrsagerin, da griff die Polizei zu. Am Dienstag wurde die Wahrsagerin wegen des Verdachts der Erpressung und des Betruges dem Ermittlungsrichter vorgeführt. Jetzt ermittelt die Justiz gegen die Wahrsagerin.

 

In Europa sind 25 verschiedene Wahrsage-Methoden gang und gäbe,von der Kristallkugel bis zum Kaffeesatz, von der Astrologie bis zur Kartomantie. Kein Beweis für die Absurdität dieser Methoden erschüttert das Vertrauen eines großen Teils der Bevölkerung. Die Wahrsager treten zum Teil die Nachfolge der einstigen Beichtväter an. Wie früher der Priester und heute der Psychoanalytiker ist auch der Wahrsager ein Vertrauter und Tröster, dem man seine Geheimnisse entdeckt und der einem im Gegenzug Aufmerksamkeit, Trost und Sicherheit spendet. 


Aberglaube

Curtius Quintus Rufus, römischer Historiker (1. Jh. n. Chr.) : Nichts regiert die Menge so wirksam wie der Aberglaube; so dass sie, die in der Regel zügellos, grausam und wankelmütig ist, sobald sie vom Religionswahn ergriffen ist, eher ihren Priestern als ihren Heerführern gehorcht.
 
Friedrich der Große, preußischer König (1712-1786)
: Der Aberglaube ist ein Kind der Furcht, der Schwachheit und der Unwissenheit. - Bei meiner Geburt habe ich die Welt in der Sklaverei des Aberglaubens gefunden; ebenso verlasse ich sie sterbend.

Gotthold Ephraim Lessing, deutscher Schriftsteller (1729 - 1781) : Der Aberglaub', in dem wir aufgewachsen, verliert, auch wenn wir ihn erkennen, darum doch seine Macht nicht über uns. 

Johann Wolfgang von Goethe, deutscher Klassiker (1749 - 1832)
: Der Aberglaube ist die Poesie des Lebens; deswegen schadet es dem Dichter nicht, abergläubisch zu sein. - Der Aberglaube gehört zum Wesen des Menschen und flüchtet sich, wenn man ihn ganz und gar zu verdrängen denkt, in die wunderlichsten Ecken und Winkel, von wo er auf einmal, wenn er einigermaßen sicher zu sein glaubt, wieder hervortritt.-  .. unterdessen sind wir nicht Herren unseres Aberglaubens und unserer Hoffnungen.

Johannes von Müller, Schweizer Historiker (1752 - 1809) : Ich bin sehr vielen Menschen begegnet, die nicht abergläubisch sein wollen, aber nur ganz wenigen, die es nicht sind.

Jeremias Gotthelf,  Schweizer Pfarrer und Erzähler (1797 - 1854) , Je weniger die Leute glauben, desto abergläubischer werden sie.

Alexander Sergejewitsch Puschkin, russischer Dichter (1799 - 1837) : Im Prinzip bin ich ja nicht abergläubisch, aber wenn wir heute Freitag den 13. hätten, käme ich doch lieber ein andermal wieder.
 
Emanuel Geibel, deutscher Dichter (1815-1884)
: Glaube, dem die Tür versagt, steigt als Aberglaub' ins Fenster. Wenn die Götter ihr verjagt, kommen die Gespenster.
ABCDABCD

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