Mittwoch, 5. Oktober 2011

 

Eröffnung des Rügendammes 

5. Oktober 1936 
  

In Anwesenheit des Reichsverkehrsminister Julius Dorpmüller wurde der Eisenbahnbetrieb über die neu geschaffenen Strelasundquerung eröffnet. Im Rathaus Stralsund wurden zunächst die enormen technischen Leistungen gewürdigt. Vom Bahnhof aus fuhren Honoratioren und Pressevertreter mit einem Sonderzug zum Stralsunder Hafenbahnhof, von wo die Reise mit dem Trajekt (Eisenbahnfähre) „Altefähr“ entlang des neuen Bauwerks führte. Dabei passierten die vier anderen Trajekte die „Altefähr“, die die Gäste anschließend wieder zum Hafenbahnhof brachte. Der Sonderzug fuhr über den Hauptbahnhof und den Rügendammbahnhof um 13:52 Uhr auf die neue Brücke und dann in den Bahnhof Altefähr ein. Dort war nahe dem Damm ein Festzelt aufgebaut worden, die Fahnen des Reiches wehten über den Feiernden, Reden wurden gehalten und die beiden ersten Schnellzüge nach und von Schweden fuhren vorbei.  

Am 13. Mai 1937 wurde auch die Straßenverbindung in Anwesenheit des pommerschen Gauleiters Franz Schwede-Coburg ihrer Bestimmung übergeben. Von den Feierlichkeiten im Stralsunder Rathaus fuhren die Gäste, unter denen auch Arbeiter waren, mit Autobussen über den Rügendamm und zurück, anschließend wurde im „Haus der Deutschen Arbeit“ am Hindenburg-Ufer in Stralsund gefeiert; nachts gab es auf dem Alten Markt eine Kundgebung sowie ein Feuerwerk.

 

Rügendamm ist der Name der seit 1935 bestehenden Strelasundquerung, die mit einem Straßenbrückenzug für eine zweistreifige Fahrbahn und einen Gehweg sowie in paralleler Lage für einen eingleisigen Eisenbahnbrückenzug errichtet wurde.  

Die als Zugbrücke ausgeführte Ziegelgrabenbrücke ist 133 Meter lang und verbindet das Festland mit der noch zu Stralsund gehörenden Insel Dänholm. Sie besteht aus drei Teilen: Zwei feste Brücken mit jeweils 52 Metern Stützweite und dem klappbaren Mittelteil mit einer Stützweite von 29 Metern. Die Stahlkonstruktion des Mittelteils mit einer Masse von 370 Tonnen wird täglich zu festgelegten Zeiten für den Straßen- und Schienenverkehr gesperrt. Das Heben der Brückenteile ermöglicht der Schifffahrt das Passieren des Rügendamms;  
 
Auf dem Dänholm beginnt der eigentliche Rügendamm, d. h. der Verlauf der Strelasundquerung als Damm. Dieser ist die Verbindung zwischen Ziegelgrabenbrücke und Rügendammbrücke und reicht noch über den eigentlichen Dänholm hinaus in den Strelasund.
 
Die Rügendammbrücke ist eine 10-feldrige Stahlkonstruktion mit einer Länge von 540 Meter. Das Bauwerk, bestehend aus je einem Überbau für die eingleisige Bahnstrecke und den Straßenverkehr, verbindet die Insel Dänholm mit der Insel Rügen und endet bei der Ortschaft Altefähr.
      
Die Grundsteinlegung erfolgte am 1. August 1931. 1932 begannen die Erdarbeiten für die Gleise zwischen dem Stralsunder Hauptbahnhof und dem Ziegelgraben, sie kamen allerdings ins Stocken. Im September 1933 wurden die Arbeiten wieder aufgenommen. Die Erdarbeiten erfolgten zunächst im Handbetrieb – eine Maßnahme hauptsächlich zur Arbeitsbeschaffung für Arbeitslose. Nachdem die Arbeiten aufgrund der Bodenbeschaffenheit immer schwieriger wurden, stellte man ab Herbst 1934 vollständig auf einen Baggerbetrieb um. Die Erde wurde mit Loren abtransportiert und zur Schüttung des Dammes verwendet. Am Bahnhof wurden die südlichen Anlagen erweitert und eine Einfahrt für Güterzüge aus südlicher Richtung geschaffen.

Im November 1933 begannen die Arbeiten zur Ausbaggerung der Fahrrinne im Ziegelgraben; die dabei ausgebaggerten Böden, die zum Aufschütten der Dämme nicht geeignet waren, wurden zum Teil auf Stralsunder Seite abgelagert, der größte Teil aber wurde auf die neuen Spülfelder in Drigge verbracht. Allein aus der künftigen Schiffahrtsrinne wurden 1.000.000 m³ Schlick und Sand gebaggert. Im Ziegelgraben und im Strelasund zwischen Dänholm und Rügen wurde der Schlick auf einer Breite von 50 Metern ausgebaggert, zudem wurde unter der künftigen Brücke über den Sund eine Flutrinne von 11,40 Meter Tiefe und 25 Metern Breite geschaffen. Dabei fielen weitere 700.000 m³ Schlick an. Der Dammfuß wurde mit vor Drigge gefundenem Sand und Kies geschaffen. Mit Schuten wurde Sand an die aufzuschüttende Stelle verbracht; die Höhe des Dammfußes sollte 2,50 Meter über dem Meeresgrund betragen. Nachdem die Schuten wegen ihres Tiefgangs nicht weiter eingesetzt werden konnten, wurde der Rest des Dammfußes aufgespült; insgesamt wurden dazu 1.000.000 m³ Sand und Kies eingesetzt. Vom aufgespülten Damm aus wurden Spundwände in den Boden gerammt. Die Rammung nahe der Widerlager der Brücke erfolgte vom Schiff aus. Der Damm im Ziegelgraben und zwischen dem Dänholm und dem Widerlager der Brücke wurde mit den bei den Eisenbahnarbeiten gewonnenen Böden verfüllt.

Für die Arbeiten an den Stahlkonstruktionen waren das Unternehmen J. Gollnow & Sohn (Stettin) für die Straßenbrücke, die Friedrich Krupp AG (Abteilung Brückenbau in Rheinhausen) für die Eisenbahnbrücke Ziegelgraben und die Eisenbahnbrücke über den Strelasund von Pfeiler 5 bis zum Widerlager auf Stralsunder Seite und das Unternehmen Doernen (Dortmund-Derne) für die Eisenbahnbrücke über den Strelasund von Pfeiler 5 bis zum Widerlager auf Rügener Seite verpflichtet worden.

Der Bau der Ziegelgrabenbrücke begann im März 1934. Das Widerlager auf der Festlandseite und die Pfeiler der Ziegelgrabenbrücke wurden mit 28 Meter langen Pfählen gegründet. Die Stützweite der zweiteiligen Wiegebalkenklappbrücke betrug 29 Meter. Die Teile der Eisenbahnbrücke waren geschweißt und die Hauptträger auf extra angefertigten Eisenbahnwagen angeliefert und mittels eines Kranschiffes eingeschwommen worden. Die Stützen der Pylone wurden durch das Kranschiff zum Bauwerk gebracht und mit Schwenkkranen gesetzt. Die jeweils 325 Tonnen schweren Überbauten der per Schiff aus Stettin antransportierten Teile der Straßenbrücke waren vollständig genietet. Um die Sicht auf die Silhouette der Stadt nicht zu behindern, wurde die Fahrbahn etwas höher gelegt. Die beiden klappbaren Brücken waren mit Drehstrommotoren ausgestattet. Sie konnten entweder zusammen gehoben werden (im Regelbetrieb arbeiteten beide Motoren und die beiden Brückenteile, die mechanisch entkoppelt sind, öffnen bzw. schließen sich nach zwei Minuten gleichzeitig, im einmotorigen Betrieb werden beide Brückenteile mechanisch gekoppelt und mit nur einem Motor in vier Minuten geöffnet bzw. geschlossen) oder auch einzeln. Im März 1935 lief der Probebetrieb der Klappbrücken.

Mitte Juli 1935 wurde die Straßenbrücke für den Verkehr auf die Insel Dänholm freigegeben, Bauzüge konnten ab dem 3. Dezember 1935 die Eisenbahnbrücke benutzen.
 
Die Rügendammbrücke wurde auf zwei Widerlagern und neun Pfeilern errichtet. Das Widerlager auf Dänholm-Seite ist eine Flachgründung. Für die Gründung der überwiegend senkrechte Lasten aufnehmenden Pfeiler 1, 2, 4, 5 und 6 (Zählung beginnt auf Dänholm-Seite) wurden eigens konstruierte Eisenbeton-Senkkästen abgesenkt, mittels Druckluft ausgeblasen und stufenweise hochbetoniert. Das vollständige Absenken eines Kastens dauerte im Durchschnitt drei bis vier Wochen. Die Pfeiler 3 und 7 nehmen zusätzlich zu den senkrechten auch Horizontallasten auf und sind daher weit größer dimensioniert: Pfeiler 3 hat eine Grundfläche von 264 m² und Pfeiler 7 hat 400 m². Auch für ihre Gründung wurden Eisenbeton-Senkkästen verwendet. Auf Pfahlrost wurden die Pfeiler 8 und 9 gegründet. Die hier verwendeten Spundwandkästen waren 12 Meter hoch und extremen Wasserlasten gerade bei starkem Seegang ausgesetzt. Sie wurden in mehreren Schritten ausbetoniert. Auch bei der Strelasundbrücke sind wie bei der Ziegelgrabenbrücke die Eisenbahnbrücke geschweißt und die Straßenbrücke genietet. Die Überbauten haben ihre festen Lager auf den Pfeilern 3 und 7 und sind auf den anderen Pfeilern nur abgestützt. Die Straßenbrückenüberbauten wurden auf zwei Behelfsbrücken am Dänholm montiert und dann jeweils eingeschwommen. Das Unternehmen Friedrich Krupp montierte seinen Teil der Eisenbahnbrücke im gleichen Verfahren wie schon bei der Ziegelgrabenbrücke. Das Unternehmen Doernen montierte die zweite Hälfte der Eisenbahnbrücke im Verschiebeverfahren.

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