Ursula Haverbeck-Wetzel
Schlusswort der Angeklagten Ursula Haverbeck-Wetzel am 23. Juni
2004
In der Anklage gegen mich wird gesagt, dass ich Fritjof Meyer nicht als
Beweis für meine Behauptung anführen könne, dass es den Holocaust so
wie uns bisher dargestellt nicht gegeben habe. Denn Fritjof Meyer hätte nicht relativiert - also in Beziehung zu anderem gesetzt und
daher in der Gewichtigkeit gemindert -, sondern er hat verifiziert, das ist bewahrheitet, von veritas = Wahrheit, man könnte auch sagen,
wahrheitsgemäß begründet. Meyer hat verifiziert, und sein eindeutiges
Ergebnis ist, dass alles ganz anders war, als bisher dargestellt. Nicht
6, nicht 8 - wie der Bürgermeister von Kleinmachnow noch 2003 schreibt
- , auch nicht 4 und nicht 1,5 Millionen Juden wurden in Auschwitz, in
dem Ort des Holocaust, vergast, sondern „wahrscheinlich" 356.000. Dies
ist und bleibt ein „Menetekel für die Nachgeborenen", wie es in dem
Vorspann von Meyer heißt. Und er hat auch recht, Tausende von Menschen
in ein Konzentrationslager zu sperren, ist ein Zivilisationsbruch. Ein
solcher Zivilisationsbruch ist die gesamte Endphase des Weltkrieges von 1942 bis 1945.
Nur ist dies weder eine deutsche Erfindung noch eine deutsche Alleinschuld, es gilt dies genauso für die
Gefangenenlager der Russen in Sibirien, wie für die Rheinwiesenhölle
der Amerikaner, es gilt für Dresden und Hiroshima, und es galt auch schon für die Sklaventransporte nach Amerika, den Indianer- oder
Kulakenmord und die englischen Konzentrationslager für die Buren, und
erst recht für die 16 Millionen Heimatvertriebenen, wobei 2,5 Millionen umkamen. Eine solche Relativierung muss nicht von Meyer
ausgesprochen werden, sie ist das eindeutige Ergebnis seiner Verifizierung. Ich nehme für mich in Anspruch, ja ich fühle mich dem
verpflichtet, was mir als Handreichung von Regierungsseite für die politische Erwachsenenbildung zur Verfügung gestellt wurde, nämlich
als guter Bürger - insbesondere in einem sich Demokratie nennenden Land - Mut und Eigensinn zu bewahren, ein guter Bürger, der wie
Immanuel Kant fordert, sich seines Verstandes ohne Anleitung eines anderen bedient. Dies habe ich
getan (InfoDienst 1/2003 des Landesinstituts für Qualifizierung von NRW, O.Negt, Der gute Bürger
ist derjenige, der Mut und Eigensinn bewahrt, S. 18).
Jetzt liegt die Entscheidung bei Ihnen. Es ist keine leichte Entscheidung, dessen bin
ich mir bewusst. Doch sie ist nicht schwerer als meine Entscheidung es
war: die Entscheidung zwischen einem vorläufig noch gesicherten
bürgerlich- vergnüglichen Leben und dem Einsatz für Recht und Wahrheit
für Deutschland, wohl wissend, dass das heute mit Gefängnis bestraft
werden kann. In Ihrem Fall wäre es wohl nur eine Schädigung von Ruf und Karriere.
Doch man kann von niemandem Mut verlangen, das kann man nur sich selbst abfordern, und ich habe mich entschieden. Eines ist
überdeutlich: Wenn weiterhin Menschen aus Angst vor den Juden, wie es
bei Petrus im Evangelium heißt, als er seinen Herrn verriet, nach § 130 Volksverhetzung verurteilt werden, dann sind damit die
Grundrechte, auf denen jedes Gesetz, jede politische Bildungsarbeit und alle Politik in diesem Land beruhen soll, nach Art. 1 Abs. 3 GG
außer Kraft gesetzt. Und gelten die Grundrechte nicht mehr, dann leben
wir in einer Diktatur, weil ich gelernt und jahrzehntelang vertreten habe, dass diese Grundrechte das Wesen eines demokratisch verfassten
Staates ausmachen im Gegensatz zu einer Diktatur.
Sie dürfen nach Art.
19 Abs. 2 GG auch nicht durch ein Gesetz in ihrem Wesensgehalt angetastet werden. Nun haben wir aber eine unerhört große Zahl von
Verurteilungen nach diesem Paragraphen, in acht Jahren nicht weniger als 86.000 nach offiziellen Angaben. Dadurch ist bei genauerer
Betrachtung die gesamte politische Bildungsarbeit der vergangenen 50 Jahre unglaubhaft gemacht und Lügen gestraft worden. Ein bestürzendes
Fazit meiner Tätigkeit.
Frau Vorsitzende, Herr Staatsanwalt, es ist
dies nur ein kleines Amtsgericht in Bad Oeynhausen, und wir, Richterin
und Angeklagte, sind zwei unbedeutende Frauen, eine junge und eine alte, aber niemand weiß, ob nicht gerade von hier aus eine bedeutsame
Wende eingeleitet wird, wenn wir uns nur der Wahrheitsfindung
verpflichtet fühlen, einer Wahrheitsfindung gegen Vorurteile, Meinungen, Glauben und auch gegen Maulkorbgesetze, denn wie es im
Johannesevangelium heißt: „Die Wahrheit wird euch frei machen"
(Joh.8,32).
|