Otto Ernst Remer
Offizier und Politiker, * 18. August 1912 in Neubrandenburg; † 4. Oktober 1997 in der Nähe von Marbella,
Spanien
R. wuchs in Neubrandenburg in einer protestantischen Familie auf. Sein familiäres Umfeld weckte in ihm bereits frühzeitig den Wunsch, Offizier zu werden. Im Alter von dreizehn Jahren wurde
R. Mitglied im 'Jungsturm', einer der Bündischen Jugend zugehörigen Jugendbewegung. Dabei
hat er sich durch seine Einsatzbereitschaft so hervorgetan, dass sich der Generalfeldmarschall August von Mackensen für
seine Offiziersbewerbung bei der Reichswehr einsetzte.
Im April 1933 trat R. als Fahnenjunker in das Kolberger Infanterie-Regiment Nr. 4 ein. Bis zu Beginn des Septembers 1939 hatte er den Rang eines Oberleutnants erreicht und war Kompaniechef einer Infanteriegeschützkompanie. Vor Beginn des Westfeldzuges übernahm er eine motorisierte Infanteriegeschützkompanie der 9. Panzerdivision. Mit dieser Einheit nahm
R. 1941 am Balkanfeldzug und am Krieg gegen die die Sowjetunion teil. Im April 1942 wurde
R. unter der Beförderung zum Hauptmann zur Division Großdeutschland versetzt, wo er ein Schützenpanzerwagenbataillon kommandierte. Zwischenzeitlich zum Major befördert, erhielt
R. im Mai 1943 für seine militärischen Leistungen bei den Kämpfen um Charkow das Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes. Im November des gleichen Jahres wurde ihm als 325. Soldaten der Wehrmacht das Eichenlaub zum Ritterkreuz verliehen.
Nach der Rekonvaleszenz von einer schweren Verwundung wurde R. Anfang 1944 als Kommandeur zum Wachbataillon „Großdeutschland“ nach Berlin versetzt.
Dieses Bataillon war vom Berliner Stadtkommandanten, Paul von Hase, einem der Beteiligten am Staatsstreichversuch vom 20. Juli 1944, dafür vorgesehen, das Regierungsviertel abzusperren.
R., obwohl überzeugter Nationalsozialist, führte diesen Befehl zunächst aus.
Einer der Offiziere des Wachbataillons, Leutnant Hans Wilhelm Hagen, im Zivilleben Mitarbeiter des Propagandaministeriums, bekam Zweifel, ob Hitler tatsächlich tot sei. Er schlug vor, sich bei Joseph Goebbels zu erkundigen.
Dieser stellte eine Telefonverbindung mit Adolf Hitler im Führerhauptquartier
her. Hitler erteilte R. telefonisch den Befehl, den Putsch niederzuschlagen
und beförderte ihn unter Überspringen des Ranges Oberstleutnant zum Oberst.
Im November 1944 übernahm R. als Kommandeur die neu aufgestellte Führerbegleitbrigade (später zur Division erweitert), die er in die Ardennenoffensive führte. Im Januar 1945
wurde R. im Alter von 32 Jahren zum Generalmajor befördert. Er war damit einer der jüngsten Wehrmachtsgenerale. Anfang März war die Führerbegleitdivision an der Rückeroberung Laubans
beteiligt. Als die von ihm befehligte Division in Spremberg eingeschlossen wurde, gab
R. am 22. April 1945 den Befehl, nach Südwesten in Richtung Dresden auszubrechen.
Als einer der letzten Überlebenden seiner Division ging R. über die Elbe in Richtung Westen und geriet in amerikanische Gefangenschaft.
Nach seiner Gefangennahme wurde R. von den Amerikanern an die Briten übergeben, die ihn bis 1947 internierten.
Danach
nahm R. seinen Wohnsitz in Varel und erlernte das Maurerhandwerk. R. war 1950
Mitbegründer und später 2. Vorsitzender der 1952 verbotenen Sozialistischen Reichspartei (SRP), nachdem er aus der
'Deutschen Rechtspartei' ausgeschlossen worden war. Bei einer Parteiveranstaltung im Mai 1951 bezeichnete
R. die Attentäter des 20. Juli 1944 als Landesverräter, die vom Ausland gedungen worden seien, und deren Überlebende bald von einem deutschen Gericht für diesen Verrat zur Rechenschaft gezogen würden. Im Juni 1951 stellte der
damalige Bundesinnenminister Robert Lehr, ein Vertrauter Carl Friedrich Goerdelers, gegen
R. Strafantrag wegen Verleumdung. Daraufhin wurde R. vor einem Braunschweiger Gericht, dessen leitender Staatsanwalt Fritz Bauer neben Angehörigen führender Widerstandskämpfer selbst die Anklage vertrat, wegen übler Nachrede in Tateinheit mit Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener angeklagt.
Der
Prozess fand im März 1952 statt und erregte große öffentliche Aufmerksamkeit.
Er war von Bauer als ein politisches Signal gedacht. Indem Bauer für die Widerstandskämpfer des 20. Juli Respekt
forderte, wollte er das Gericht veranlassen, das NS-Regime als Unrechtsstaat zu
bezeichnen. Es ging in diesem Prozess um die Vorwürfe des Hochverrats, des
Eidbruches und des Landesverrats durch die Putschisten des 20. Juli 1944.
Ein Teil von ihnen hatten im Vorfeld des geplanten Umsturzes mit den
Feindmächten Verbindung aufgenommen und militärische Geheimnisse an die
Alliierten verraten. Vier Gutachten unterstützten die Anklage: zwei evangelische Theologieprofessoren (Künneth und Iwand), ein katholischer Moral-Theologe (Angermair) und ein ehemaliger General (General
a. D. Friebe). Nach einwöchiger Verhandlung wurde R. zu einer Haftstrafe von drei Monaten
verurteilt, der sich R. durch Exil im Ausland entzog. Danach war R. mehrere Jahre lang als Militärberater des ägyptischen Präsidenten Gamal Abdel Nasser sowie in Syrien tätig.
In den 1970er Jahren trat R. auf zahlreichen Veranstaltungen von Thies Christophersen
als Hauptredner auf. 1983 gründete er Die Deutsche Freiheitsbewegung, eine Gruppierung, deren Vorsitzender er bis 1989 blieb und die er 1991 wieder verließ. Gemeinsam mit Lisbeth Grolitsch gründete er ebenfalls im Jahr 1983 den
'Freundeskreis Ulrich von Hutten' und veröffentlichte zahlreiche Artikel in dessen Organ „Huttenbriefe“. 1991 brachte
R. seine 'Remer-Depesche' heraus, deren Erscheinen er 1994 einstellen
musste.
Wegen
seiner öffentlich ausgesprochenen Ansichten wurde R. verschiedentlich
verurteilt:
* 1986 wegen 'Volksverhetzung und Aufstachelung zum Rassenhass' durch das Landgericht Kempten;
* 1992 wegen 'Verbreitens der Auschwitz-Lüge' durch das Landgericht München
* 1992 wegen 'Volksverhetzung und Aufstachelung zum Rassenhass' durch das Landgericht
Schweinfurt.
1994 ging R. vor der gegen ihn verhängten 22-monatigen Haftstrafe nach Spanien
ins Exil. Ein von den deutschen Behörden gestellter Auslieferungsantrag
wurde in Spanien 1996 abschlägig beschieden.
R. war zweimal verheiratet und hatte aus erster Ehe zwei Söhne und eine Tochter.
Werke von / Works of R.:
Literatur über
/ Writings concerning R.:
* Otto Ernst Remer - Ein Offizier zwischen Eid und Unkenntnis : Eine Person des Rechtsextremismus nach 1945
* Dieter Krüger. - In: Widerstand gegen das NS-Regime in den Regionen Mecklenburg und Vorpommern (2005), S.116-123
* Remer, Otto Ernst, Winfried Süß. - In: Pütter - Rohlfs, Bd. 21 (2003), S.416-417
* Remer, Otto-Ernst. In: Biographisches Lexikon zum Dritten Reich (2002), S.371-372
* Generalmajor Otto Ernst Remer : Kommandeur der Führer-Begleit-Division,
Ralph Tegethoff. - Riesa : DS-Verl., [2001]
* Remer, Otto-Ernst, In: Das große Lexikon des Dritten Reiches (1985), S.490-491
* Zur juristischen Bewertung des 20. Juli 1944 : der Braunschweiger Remer-Prozeß als Meilenstein der Nachkriegsgeschichte,
Rudolf Wassermann. - In: Recht und Politik, Bd. 20 (1984), 2, S.68-80
Generalmajor Otto-Ernst Remer
Literatur
im Katalog der Deutschen
Nationalbibliothek von und über
/
Writings
in the catalogue of Deutsche Nationalbibliothek of and about:
Otto Ernst Remer:
* 'Generalmajor Otto Ernst Remer', Tegethoff, Ralph. - Riesa : DS-Verl., 2001
* Verschwörung und Verrat um Hitler - Bad Kissingen : Remer-Heipke, 1993, 5. Aufl.
* 20. Juli 1944 - Bad Kissingen : Remer-Heipke, [1990], Faks.-Dr.: 1. Ausg. aus 1951
* Kriegshetze gegen Deutschland - Bad Kissingen : Remer-Heipke, 1989, 1. Aufl.
* Verschwörung und Verrat um Hitler - Preußisch Oldendorf : Schütz, [1982]
* 20. Juli 1944 - Hamburg : Verl. Dt. Opposition, 1951, 5. Aufl.
* Remer-Depesche, Bad Kissingen : J.-G.-Burg-Ges.
Letzte Änderung / Last update:
06.02.2014
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