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Samstag, 9. März 2013

Von Stefan Mayr - An Bayerns Gymnasien wird die Elite des Freistaates ausgebildet? Dabei sollten freiheitlich-demokratische Werte und Zivilcourage nicht zu kurz kommen? Nun, Artikel 131 der bayerischen Verfassung betont: 'Die Schulen sollen nicht nur Wissen und Können vermitteln, sondern auch Herz und Charakter bilden.' Aber das gilt offenbar nicht am Wernher-von-Braun- Gymnasium in Friedberg bei Augsburg. Die staatliche Schule trägt den Namen eines NSDAP-Mitgliedes und SS-Sturmbannführers, der maßgeblich bei der Entwicklung der Vernichtungswaffe V2 mitwirkte. Zudem ist es inzwischen Konsens, was von Braun wissentlich bei der Produktion seiner Rakete in Kauf nahm: den Tod Tausender Zwangsarbeiter. Erschütternde Fakten, die aber weder Schulleitung noch Landkreis zum Anlass nehmen, sich von dem belasteten Namen zu trennen. Im Gegenteil: Aus Schulkreisen heißt es, das Gymnasium plane (in Rücksprache mit dem Landrat), die Entscheidung über eine Umbenennung auf 2014 (bis nach den Wahlen) zu verschieben.

Traurig, aber wahr: Wer Schuldirektor Bernhard Gruber oder Landrat Christian Knauer (CSU) die einfache Frage stellt, ob Braun als Namenspatron und somit als Vorbild für die Jugend taugt, erhält ausweichende Antworten, in denen man vergeblich nach einem Wort der Distanzierung sucht. Dieses Schweigen verhöhnt die Opfer des Nazi-Regimes. Wie unerträglich muss in ihren Ohren klingen, was die Schulleitung in einem Rundbrief schreibt: Der Name sei ein 'Qualitätsbegriff' und 'Gütezeichen', eine Umbenennung wäre ein 'Identitätsverlust' und 'Traditionsbruch'.

Noch schlimmer ist, was ein Universitäts-Dozent berichtet, dessen Kind das Gymnasium besucht. Ihm zufolge verteidigte eine Lehrkraft Braun vor ihrer Klasse mit den Worten, er habe sich auf die Seite der Nazis geschlagen, weil er keine andere Wahl gehabt habe. Ein Opportunist, der seiner Karriere alle Moral unterordnet? Sind das die Vorbilder, die der Freistaat seiner Elite mitgeben will? Es ist jetzt Zeit für ein Machtwort von höchster Stelle. Leider hat sich auch Kultusminister Ludwig Spaenle bislang nur sehr zurückhaltend geäußert. Herr Seehofer, bitte übernehmen Sie!

Hervorragendes Friedberger Gymnasium

Zur Kolumne von Stefan Mayr "Gymnasium mit Nazi-Patron" in der Süddeutschen Zeitung vom 07.03.2013 erklärt der Landrat:

1. Das Wernher-von-Braun-Gymnasium in Friedberg zählt zu jenen Gymnasien, deren hervorragende Leistungen regelmäßig durch sehr gute Ergebnisse bei landesweiten Vergleichstests sowie die Zuerkennung von Preisen und das Erlangen von Spitzenplätzen bei Schülerwettbewerben belegt werden.

2. Wer die schulischen Angebote und das freiwillige Engagement von Lehrkräften, Eltern und Schülern am Wernher-von-Braun-Gymnasium kontinuierlich beobachtet, kann leicht erkennen, dass der Vorwurf von Stefan Mayr, an dieser Schule gäbe es Defizite bei der Umsetzung des Verfassungsauftrages „die Schulen sollen nicht nur Wissen und Können vermitteln, sondern auch Herz und Charakter bilden“ ins Leere läuft und jeglicher sorgfältiger Recherche widerspricht. Die Verknüpfung der Bewertung des pädagogischen Engagements mit der gegenwärtigen Diskussion um den vor 34 Jahren verliehenen Schulnamen führt zu keiner objektiven Bewertung.

3. Der Kreistag des Landkreises wird sich in seiner nächsten Sitzung am 20. März mit der Thematik befassen. Ich habe die zuständigen Gremien der Schule bis dahin um eine erneute Stellungnahme zum gegenwärtigen Schulnamen gebeten. Darauf habe ich Herrn Mayr verwiesen und mit Rücksicht auf den laufenden Meinungsbildungsprozess auf eine persönliche Bewertung verzichtet.

4. Die Schule hat sich in den vergangenen Jahren – auch im Rahmen öffentlicher Veranstaltungen und Ausstellungen – äußerst intensiv mit der schwierigen Persönlichkeit ihres Namensgebers befasst. Der vom Kultusministerium verliehene Schulname war bereits in der Vergangenheit immer wieder Gegenstand öffentlicher Diskussionen. Die Schulfamilie hat an ihm bislang einvernehmlich festgehalten, da sie die kritische Auseinandersetzung mit ihrem umstrittenen Namensgeber als pädagogisch Gewinn bringender ansah als die Ablegung des Namens. Sollte das Kultusministerium – wie gegenüber den Medien geäußert – Bedenken gegen die Fortführung des Schulnamens haben, bleibt es ihm unbenommen, diesen sofort zu entziehen. Damit würde man der Schule einen quälenden Prozess, in dem man sie zur freien Meinungsbildung aufruft, das gewünschte Ergebnis ihr medial aber bereits mitgeteilt hat – ersparen.

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