Die
Hep-Hep-Unruhen
begannen am 2. August 1819 in Würzburg
.
Der
dortige Professor Wilhelm Josef Behr (Bild)
,
Ehrenbürger von Würzburg, hatte sich besonders gegen das die Juden in
Bayern privilegierende Judenedikt von 1813 eingesetzt. 1803 hatte der Rat Würzburgs der Familie des Bankiers Moses Hirsch als ersten Juden wieder die
Ansiedelung erlaubt. Bis 1819 wuchs die jüdische Gemeinde Würzburgs auf etwa 400 Personen an.
Sein Sohn Jacob Hirsch kaufte im selben Jahr bei Auktionen Juwelen, die
aus ehemaligen Kirchengeräten stammten.
Es
handelte sich bei den Hep-Hep-Unruhen um eine Welle gewalttätiger Ausschreitungen von Handwerkern, Händlern und Studenten
gegen die Juden in vielen Städten des Deutschen Bundes, darunter auch
Hamburg, Breslau, Prag, Graz und Wien, sowie in Amsterdam, Kopenhagen, Helsinki, Krakau und kleineren Orten in
Polen. Die Angriffe richteten sich vor allem gegen jüdische Geschäftsinhaber.
Diese wurden verprügelt, ihre Läden, Warenlager und Wohnhäuser wurden teilweise zerstört. Fensterscheiben wurden eingeworfen, Auslagen geplündert, Fassaden demoliert, Firmenschilder
abgerissen.
Den Reigen eröffnete die Stadt Würzburg. Ein neuer Professor wurde
am 2. August von der Studentenschaft feierlich eingeholt, und viel Volk hatte sich angeschlossen. Plötzlich wurde
der alter Professor Brendel
bemerkt, der kurz vorher zugunsten der Juden geschrieben hatte. Es hieß, er habe dafür von ihnen eine Dose voll Dukaten bekommen. Bei seinem Anblicke erscholl aus dem Munde der Studenten der Ruf „Hep-Hep!“ mit dem
Zusatz „Jud' verreck!“ Brendel wurde verfolgt und musste sich retten. Den Tumult benutzten Kaufleute, welche erbittert darüber waren, dass jüdische Konkurrenten den Kaffee um einige Kreuzer billiger verkauften, und einige andere, welche etwas gegen
den geadelten jüdischen Kapitalisten Hirsch hatten. Eine leidenschaftliche Wut bemächtigte sich der Bevölkerung. Sie erbrach die Kaufläden der Juden und warf die Waren auf die Straße. Und als die Angegriffenen sich zur Wehr setzten und mit Steinen warfen, steigerte sich die Erbitterung bis zur Raserei. Etwa vierzig Bürger hatten sich an diesem Judensturm beteiligt. Militär musste zur Dämpfung der Erbitterung herbeigeholt werden, sonst wären die Juden niedergemetzelt worden. Tags darauf stellte die Bürgerschaft die Forderung an die städtische Behörde, dass die Juden Würzburg verlassen sollten. Und sie musste sich fügen. Mit Trauer verließen etwa vierhundert Juden jeden Alters die Stadt und lagerten mehrere Tage in den Dörfern unter
Zelten. - Ähnliche Szenen wiederholten sich bald in Bamberg und in fast allen Städten Frankens. Wo sich ein Jude blicken ließ, wurde er mit dem Schimpfnamen „Hep-Hep“, „Jud' verreck“ angebrüllt und misshandelt.
In Frankfurt wiederholte sich hier einige Tage später ein Krawall; er begann mit dem Hep-Hep-Ruf und mit Zerstören der Fensterscheiben an jüdischen Häusern und steigerte sich
dazu, alle Juden von den Promenaden zu verjagen. Handwerker, Tagelöhner
und Ladendiener machten zerstörende Angriffe auf jüdische Häuser. Ganz besonders war es auf Rothschilds
Haus abgesehen. Dieser zur Wut gesteigerte Judensturm in Frankfurt, dem Sitze des Bundestages, war den Gesandten nicht gleichgültig. In Rothschilds Koffer waren Gelder des Bundestages zur Sicherheit niedergelegt.
Es wurde beschlossen, Bundestruppen aus Mainz zu berufen. Die Aufregung dauerte indessen trotz der herbeigezogenen Truppen noch immer fort. Mehrere
Juden verkauften daher ihre Häuser.
Wie ein Lauffeuer verbreiteten sich diese Nachrichten in Deutschland. In Darmstadt und Bayreuth wiederholten sich die Stürme. Aus Meiningen wurden die wenigen Juden vertrieben. In Karlsruhe fand man eines Morgens an der Synagoge und an den Häusern angesehener Juden einen Zettel angeheftet mit den Worten „Tod und Verderben den Juden!“ Hier war es der Hofbankier
Haber , dessen Reichtum die Bevölkerung zur Wut stachelte.
Die Hamburger folgten nach. Juden wurden aus den Kaffeehäusern und von der Post verjagt, die Fenster ihrer Häuser wurden eingeschlagen. In Düsseldorf fand man die Haustüren mehrerer jüdischer Häuser durch schwarze Striche und drohende Zettel bezeichnet.
In Heidelberg kam es zu einem Tumulte. Ein Bürger hatte ein jüdisches Mädchen misshandelt und war von der Polizei verhaftet worden. Alsbald erhob sich fast die ganze Bevölkerung, um den Helden zu befreien und die jüdischen Häuser zu zerstören. Die Hep-Hep-Rufe erschollen in den Straßen; Äxte, Brecheisen, Werkzeuge aller Art wurden wie zu einer Erstürmung zusammengebracht. Es wäre Blut vergossen worden, wenn nicht die Heidelberger Studentenschaft,
angeführt von zwei Professoren, die Juden geschützt hätte.
Aus Deutschland flog der Funke nach Kopenhagen. Die Veranlassung dazu war, dass flüchtige jüdische Kaufleute aus Hamburg sich in Kopenhagen niederließen und andere ihnen nachzufolgen ermutigten.
Die Regierung musste das Standrecht verkünden. In Deutschland hatten sich
Angriffe auf Juden sich von Würzburg aus südwärts bis Karlsruhe und nordwärts
bis Danzig erstreckt. „Der Judenspiegel“ von Hartwig Hundt-Radowsky , eines Mannes von abenteuerlicher Existenz, machte
folgende Vorschläge: „Man verkaufe Israels Kinder an die Engländer, welche sie statt der Schwarzen in ihren indischen Pflanzungen gebrauchen können. Am besten werde es
sein, man reinigte das Land ganz von dem Ungeziefer, indem man sie zum Lande hinausjage.“ Sie seien sämtlich
verworfen.
Auf Antrag der Juden wurde 'Der Judenspiegel' von der durch die Karlsbader Beschlüsse allmächtigen Zensur verboten und konfisziert.
Vom Weißen Becker schrieb in derselben Zeit „Das Leben, Dichten und Trachten der
Juden“ .
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