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Donnerstag, 29. August 2013

Hermann Schulze-Delitzsch

* 29. August 1808 in Delitzsch
† 29. April 1883 in Potsdam 


Begründer des deutschen Genossenschaftswesens.

 

Schulze-Delitzsch wurde als ältestes von zehn Geschwistern in Delitzsch bei Leipzig geboren. Der Vater war Bürgermeister und Patrimonialrichter. Die Mutter stammte aus einer angesehenen bürgerlichen Familie. Schulze-Delitzsch studierte von 1827 bis 1833 Jurisprudenz in Leipzig und Halle. Bereits vor Abschluss der weiteren Ausbildung vertrat er den erkrankten Vater im Richteramt. Dabei gewann er viele Erfahrungen und Eindrücke, die für ihn als Sozialpolitiker bestimmend werden sollten. 1841 wurde Schulze-Delitzsch Patrimonialrichter. 1851 verließ er den Staatsdienst. Der tägliche Einblick in die sozialen Nöte der Arbeiter und Handwerker veranlasste ihn, im Hungerwinter 1846 ein karitatives Komitee zu bilden, mit dessen Hilfe Brot an Arme kostenlos oder verbilligt abgegeben wurde. 

Angeregt durch Beispiele in England und Frankreich wirkte Schulze-Delitzsch 1849 bei der Gründung der ersten Rohstoff-Assoziation für Tischler in seinem Geburtsort aktiv mit. Weitere Gründungen für andere Handwerksberufe folgten. 1852 war er maßgeblich an der Reorganisation des ersten Delitzscher Vorschuss-Vereins für Handwerkerbetriebe beteiligt. Damit war der Grundstein für die gewerbliche Genossenschaftsorganisation gelegt, die sich alsbald mit ihren Handwerkergenossenschaften und Volksbanken in Deutschland ausbreitete. 1861 wurde Schulze-Delitzsch der erste Anwalt der "Anwaltschaft der Deutschen Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften". Als Abgeordneter in der Preußischen Nationalversammlung hatte er wesentlichen Anteil an dem am 27.März 1867 in Preußen erlassenen und 1868 für den Norddeutschen Bund in Kraft gesetzten 'Gesetz betreffend die privatrechtliche Stellung der Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften'. Auch das 1889 erlassene, heute noch gültige 'Reichsgesetz, betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften' (Genossenschaftsgesetz) basiert auf seinen Gedanken und seiner Vorarbeit als Reichstagsabgeordneter.

 

Die Verabschiedung dieses Gesetzes zu erleben war ihm jedoch nicht mehr vergönnt. Schulze-Delitzsch starb nach kurzer Krankheit in Potsdam, wo er auch beerdigt wurde. Zum geistigen Erbe Schulze-Delitzschs zählt das im Wesentlichen bis heute Bestand habende Genossenschaftsgesetz ebenso wie der Begriff “Volksbank”. Die Bezeichnung wurde von ihm erstmals 1855 in seiner Schrift “Vorschussvereine als Volksbanken” geprägt und hat sich mit Peoples Bank, Banco Popular oder Banque Populaire inzwischen international als Marke etabliert. Für sein genossenschaftliches Wirken erfuhr Schulze-Delitzsch schon zu Lebzeiten zahlreiche Ehrungen im In- und Ausland, darunter beispielsweise 1873 die Ehrendoktorwürde der juristischen Fakultät der Universität Heidelberg. Die Zusammenarbeit mit Friedrich Wilhelm Raiffeisen war nicht von Erfolg gekrönt. Während Raiffeisen seinen genossenschaftlichen Schwerpunkt in der Landwirtschaft fand, sprach Schulze-Delitzsch den handwerklichen Mittelstand an. Außerdem maßen sie der gemeinschaftlichen Selbsthilfe einen jeweils anderen Stellenwert bei: Schulze-Delitzsch setzte sich für eine liberale Wirtschaftsordnung ein, Raiffeisens Hauptziel richtete sich dagegen auf die christliche Erziehung.

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Zitate

Der Staat ist ein gewaltiges Röhrensystem, das Einkommensteile abwechselnd aus den Taschen der Bürger heraus- und in sie hineinpumpt.

Nichts ist so geeignet, die sittliche Würde im Arbeiter rege zu halten, als wenn er seine Thätigkeit nicht blos als Broderwerb, sondern in ihrer Bedeutung für die gesamte Gesellschaft begreift.
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