Vorlesungsbeginn
an der Universität Gießen
am 20. Oktober 1607.
Nachdem die Universität
Marburg , die nach der Teilung Hessens
zunächst als hessische Gesamtuniversität gegolten hatte, 1605 calvinistisch geworden war, gründete Landgraf Ludwig V.
von Hessen-Darmstadt eine eigene Hohe Schule in Gießen, die Ludoviciana, die als lutherische Anstalt vorrangig die Ausbildung von Pfarrern und Beamten gewährleisten
sollte.
Ausgestattet mit einem Privileg Kaiser Rudolfs
II.
vom 19. Mai 1607, konnte sie am 20. Oktober 1607 ihren Lehrbetrieb aufnehmen.
Mit der Zeit gab es bis zu zwanzig Professoren und einige hundert Studenten, zumeist
Landeskinder. Während des Dreißigjährigen Krieges, als Hessen-Darmstadt vorübergehend das Gebiet um Marburg für sich in Besitz nehmen konnte, kam es zur Aufhebung der Universität in Gießen (1624/25). Der Westfälische Friede
führte zur Wiederherstellung der alten Verhältnisse und 1650 zur Rückführung der Universität nach Gießen.
Im 17. und 18. Jahrhundert war die Ludoviciana eine typische kleine Landesuniversität mit den damals üblichen vier Fakultäten (Theologie, Jurisprudenz, Medizin und Philosophie). Im 18. Jahrhundert kam es zu einer allmählichen Modernisierung der Lehrinhalte und zu Reformen im Lehrbetrieb. Allerdings waren allen Reformbestrebungen durch die knappen Finanzen
von Hessen-Darmstadt Grenzen gesetzt. So war auch der Aufbau einer Ökonomischen Fakultät (1777–1785) aus der Not geboren. In ihr waren neue praxisnahe Fächer zusammengefasst (Veterinärmedizin, Land- und Forstwissenschaft,
Kameralwissenschaft). Nach dem frühen Ende dieser Fakultät konnten einige dieser jungen, noch um Anerkennung ringenden Disziplinen in der Medizinischen und in der Philosophischen Fakultät fortdauern.
Den Übergang vom 18. zum 19. Jahrhundert überstand die Ludoviciana unbeschadet, sie war weiterhin die einzige Universität des Großherzogtums Hessen. Mit der Berufung des Justus von Liebigs 1824 begann eine neue Ära in den
Naturwissenschaften. Eine katholisch-theologische Fakultät bestand von 1830 bis
1851. An der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert begann der Ausbau der Ludoviciana zur modernen Universität, es wurden die neuen Kliniken der Humanmedizin und Veterinärmedizin errichtet. Mit der Errichtung des Universitäts-Hauptgebäudes
( 1880) und den angrenzenden Neubauten für die Chemie und Physik entstand am Rande des damaligen Stadtgebiets ein neues Zentrum. 1902 überschritt die Studentenzahl die Grenze von eintausend.
Seit 1919 musste die Universität mehr und mehr um ihre Existenz fürchten. Der starke Rückgang der Studentenzahlen
stellte den Fortbestand der Universität in Frage. Seit 1931 gab es eine nationalsozialistische Mehrheit in der
Studentenvertretung. Bei den Studenten gab es starke Umschichtungen (1939 fast 60 % Mediziner).
Im Dezember 1944 wurden Stadt und Universität Gießen durch Bombenangriffe zu einem großen Teil zerstört.
In den ersten Nachkriegsmonaten zeichnete sich das Ende der Universität ab. An ihre Stelle trat im Mai 1946 die „Justus-Liebig-Hochschule für Bodenkultur und Veterinärmedizin“. Erst im Jahr 1957 wurde der Universitätsstatus
unter dem Namen "Justus-Liebig-Universität" wiederhergestellt, und es begann eine beispiellose
Wachstumsphase. Im Wintersemester 2011/2012 erreichte die Zahl der
Studierenden einen Rekord von 25.000.
Weitere
Infos:
|