Ausrufung
der Republik Rheinland
am
21. Oktober 1923 in Aachen
ABCD
Im
Geiste des Kölner Oberbürgermeisters Konrad Adenauer
(Foto) riefen
rheinische Separatisten im Aachener Kaisersaal die „Freie und unabhängige Republik Rheinland“
aus. Adenauer war zeitlebens ein ausgewiesener Separatist und Spalter Deutschlands.
Anhänger verschiedener separatistischer Vereinigungen brachten ab dem 21. Oktober einige rheinische Stadt- und Gemeindeverwaltungen teilweise mit militärischer Hilfe der Besatzungstruppen unter ihre Kontrolle. Der französische Hochkommissar und Präsident der Rheinlandkommission, Paul Tirard
, erkannte die Herrschaft der Separatisten am 26. Oktober als
Regierung an. Ministerpräsident war der Redakteur Josef Friedrich Matthes
,
Regierungssitz war Koblenz. Die Separatisten versuchten ihre Herrschaft mit Hilfe der von ihr rekrutierten Schutztruppen aufrechtzuerhalten. Der Unterhalt der Truppen wurde durch
Requirierungen bei der Bevölkerung bestritten. Die Herrschaft der
rheischen Separatisten endete etwa am 20. November. Zeitgleich und ebenfalls in den besetzten Gebieten
gab es die Ruhrbesetzung
und die Autonome Pfalz .
Vorgeschichte: Bereits im Dezember 1918 gab es einen Versuch, eine Rheinische Republik
auszurufen. Konrad Adenauer, der Oberbürgermeister von Köln, lud am 1. Februar 1919
etwa sechzig Oberbürgermeister und Abgeordnete zu einem Treffen nach Köln
ein. Einziger Tagesordnungspunkt der Zusammenkunft war die Gründung der Rheinischen
Republik. Adenauer sagte, Preußen sei der böse Geist Europas und werde
von einer kriegslüsternen, gewissenlosen militärischen Kaste und dem Junkertum
beherrscht. Preußen solle geteilt werden. und dessen westliche Landesteile in einer
Westdeutschen Republik aufgehen. Es wurde festgestellt, dass für das Rheinland
das politische Selbstbestimmungsrecht zu gelten habe und die Ausrufung der rheinischen Republik
eine praktikable Lösung sei. In der Folgezeit bildeten sich in vielen Städten und Gemeinden separatistische Bewegungen.
Der Rennstallbesitzer Hans Adam Dorten
rief am 1. Juni 1919 in Wiesbaden eine selbständige Rheinische Republik aus, die auch Gebiete Hessens und der Pfalz
einbezog. Unterstützt wurde er dabei vom französischen General Charles
Mangin
und anderen Franzosen. Am 2. Juni protestierten Arbeiter mit einem Generalstreik gegen die separatistische Bewegung.
Am 4. Juni setzten französische Soldaten durch, dass Dorten und seinen Mitarbeitern Amtsräume zugewiesen wurden.
Später vertrieb die deutsche Polizei die Dorten-Regierung aus dem Gebäude.
Auch in Mainz, Speyer und anderen Städten fanden kurz darauf Putschversuche statt, die
innerhalb weniger Tage an der Ablehnung der Bevölkerung und Verwaltung
scheiterten. Gegen Dorten wurde vom Reichsgericht in Leipzig ein Haftbefehl wegen Hoch- und Landesverrats erlassen, vor dessen Vollstreckung ihn sein Aufenthalt in den französisch besetzten Gebieten schützte.
Dorten gründete am 22. Januar 1922 in Boppard die „Rheinische
Volksvereinigung“. Seine Aktivitäten wurden von den Franzosen
finanziert.
Im April 1921 errichtete Frankreich eine Zollgrenze am Rhein, was die Wirtschaft im besetzten Gebiet weiter schwächte.
Schon im März 1921 hatten französische und belgische Truppen die Städte Duisburg und Düsseldorf
besetzt. Am 11. Januar 1923 wurde das gesamte Ruhrgebiet besetzten. In der Folge
dieser Vorkommnisse kamen im Ruhrgebiet mehr als einhundert Menschen ums Leben.
Etwa 150.000 Personen wurden aus den besetzten Gebieten ausgewiesen. Im Rheinland
wurden im Verlauf des Jahres 1923 zahlreiche preußische Beamte
ausgewiesen und Büros separatistischer Organisationen eröffnet. Am 23. September gab es eine separatistische Versammlung mit rund
2.500 Teilnehmern im Wiesbadener Kurhaus. In Koblenz fanden sich schon am 15. August 1923 unterschiedliche separatistische Bewegungen zusammen und gründeten die „Vereinigte Rheinische Bewegung“.
Führende Persönlichkeiten waren wieder Hans Adam Dorten, Josef Friedrich Matthes und der Aachener Fabrikant Leo
Deckers. Ziel war die Errichtung einer Rheinischen Republik unter französischem Protektorat.
Am 16. Oktober 1923 wurde in Eschweiler die grün-weiß-rote Fahne der Rheinischen Republik durch Separatisten gehisst.
Rheinische Republik: In Aachen wurde das Rathaus am 21. Oktober 1923 unter der Führung von Leo Deckers besetzt,
und im dortigen Kaisersaal die „Freie und unabhängige Republik Rheinland“
ausgerufen. Seit dem 23. Oktober fuhren die Separatisten schießend in Autos durch die Stadt.
Der Betrieb der Technischen Hochschule wurde eingestellt und auswärtige Studenten aus Aachen ausgewiesen.
Am 2. November trat die Aachener Stadtverordnetenversammlung zusammen und legte ein
Treuebekenntnis zum Deutschen Reich ab.
Im gleichen Zeitraum gab es Umsturzbestrebungen nach ähnlichem Muster in vielen rheinischen Städten: Die lokalen Verwaltungsgebäude wurden besetzt, die bestehende Verwaltung außer Kraft gesetzt und vertrieben. Die Flagge der rheinischen Republik wurde
gehisst. Die Separatisten konnten sich nicht überall durchsetzen. In Duisburg übernahmen die Separatisten am 22. Oktober die Kontrolle.
Auch in Koblenz versuchten die Separatisten seit dem 21. Oktober, die Macht zu übernehmen.
In Wiesbaden besetzten die Separatisten am Morgen des 23. Oktober das Wiesbadener
Rathaus. Den Patrouillendienst in der Stadt übernahmen Franzosen.
Am 26. Oktober bestätigte der französische Hochkommissar
Tirard die Separatisten als Inhaber der Macht. Sie sollten unter der Autorität der Besatzungsbehörde alle notwendigen Maßnahmen einleiten. Hans Adam Dorten und der Redakteur Josef Friedrich Matthes erhielten hierfür die Generalvollmachten. Matthes
wurde somit in Koblenz Ministerpräsident der rheinischen Republik. Die Macht der neuen Regierung stützte sich auf den Schutz und die Finanzierung der französischen Besatzer.
Schließlich ordneten die Separatisten Requirierungen im ganzen Land an. Damit setzte eine massive Welle von Plünderungen
ein. Am 29. Oktober verkündete die Rheinische Regierung, dass sie auch die
Macht im Regierungsbezirk Wiesbaden übernommen habe. In den ländlichen Regionen des Westerwalds und des Lahntals konnten sich die
Separatisten nur kurze Zeit mit massiver Hilfe der Franzosen an der Macht halten.
Die Plünderungen gingen Anfang November weiter. In zahlreichen Wohnhäusern und Hotels wurden Lebensmittel und alkoholische Getränke
geraubt. Am 14. November entschlossen sich zahlreiche Bewohner zum offenen
Widerstand gegen die Separatisten. Trotz des Waffenverbots der Besatzer fanden sich neben Äxten, Knüppeln und Heugabeln auch eine große Anzahl an Jagd- und Handfeuerwaffen
und Infanteriegewehre. Etwa viertausend Männer standen nun unter Waffen. Am 15. November
kam es zur Schlacht bei Aegidienberg ,
in der die Separatisten beschossen wurden und in Richtung Honnef
flüchteten. Die Separatisten nahmen daraufhin fünf Einwohner als Geiseln und stellten sie, an Pfähle gefesselt, in die Schusslinie gegen die anrückenden
Widerständler, von denen zwei ums Leben kam.
Die Separatisten wurden in der Folge aus den Rathäusern vertrieben. In vereinzelten Ortschaften des Rheinlands
agierten die separatistischen Bürgermeister noch bis in den Dezember
hinein. Matthes trat am 27. November zurück. Dorten hatte schon am 15. November in Bad Ems eine
Vorläufige Regierung für das südliche Rheinland und die Pfalz gebildet und beteiligte sich
auch an den Geschehnissen in der „Pfälzischen Republik“, die noch bis ins Jahr 1924 bestand. Am 31. Dezember flüchtete er nach Nizza,
wo er 1963 starb. Matthes begab sich ebenfalls nach Frankreich.
Der Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer unterbreitete im Dezember
1923 der französischen Generalität einen weiteren Vorschlag zur Bildung eines „Autonomen westdeutschen Bundesstaates“.
Dies führte am 30. Dezember 1923 zu einer Vertreterversammlung der
übrigen rheinischen Separatisten, in der die Einleitung von Verhandlungen zur Bildung einer
weiteren „Rheinischen Republik“ beschlossen wurde.
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