godaddy web stats
Mittwoch, 18. Dezember 2013

Der Knall sorgte bei Karin Schmidt noch mehrere Tage später für Rauschen im Ohr. Der blaue Fleck im linken Arm schmerzte ebenfalls länger. Seit dem Erlebnis vor ihrer Garage stieg die Düsseldorferin nur noch mit Unbehagen in ihren 13 Jahre alten Renault Clio. Der Seitenairbag hatte sich mit ohrenbetäubendem Knall entfaltet und das Innere das Wagens mit Qualm vernebelt. Einfach so, die 34-Jährige war gerade dabei, aus dem Auto zu steigen, um die Garage zu schließen. „Ich dachte zuerst, das Auto brennt“, erinnert sich Schmidt. Wo auch immer sie später von dem Vorfall berichtete, erntete sie Kopfschütteln. Der Blick in Online-Foren aber zeigt: Dass Airbags auch ohne Unfall oder Ähnlichem zünden, kommt tatsächlich hin und wieder vor.

„Das ist wie ein gespannter Hahn an einer Pistole“ beschreibt ein Fahrzeugtechniker bei der Berufsfeuerwehr Duisburg, die Gefahr, die in Airbags schlummert. Die Prallsäcke werden von Sprengladungen entzündet – mit enormer Wucht. Weil sie innerhalb von einem Wimpernschlag aufgeblasen sein müssen, um in bestimmten Unfall-Situationen einen Körper abzufangen und so, im Zusammenspiel mit dem Gurt, vor schweren Verletzungen zu schützen. Dass Airbags fehlerhaft zünden können ist laut Industrie sehr selten. Ausgeschlossen wird es nicht.

Ein Airbag ist Teil des Insassenrückhaltesystems von Kraftfahrzeugen und Flugzeugen. Er besteht aus einem Kunststoffsack, der sich bei einem Unfall innerhalb von 20 bis 50 Millisekunden mit einem lauten Knall zwischen dem Insassen und Teilen des Fahrzeuginnenraumes entfaltet. Er lässt den Insassen früh an der Fahrzeugverzögerung teilnehmen und stützt ihn großflächig ab. Dadurch wird verhindert, dass der Insasse gegen harte Teile des Innenraumes wie Lenkrad oder Armaturenbrett prallt. Das Airbagsystem wird nur bei schweren Unfällen ausgelöst. Fahrzeuge können mit einer Vielzahl von Airbags ausgerüstet sein. Je nach Fahrzeugverzögerung und Kollisionswinkel werden nur bestimmte Airbags ausgelöst.

1951 meldete der Münchner Erfinder Walter Linderer den Airbag als Patent an. Er gilt deshalb als der Erfinder des Airbags . Das Knallgeräusch bei Auslösung von Airbags kann bis zu 170 dB betragen. Dies kann eine Hörschädigung zur Folge haben. Airbags werden immer von einem zentralen Airbagsteuergerät ausgelöst. Das Airbagsystem besteht aus den Komponenten Airbagmodul, Airbagsteuergerät und Crashsensoren. Das Airbagmodul beinhaltet den eigentlichen Nylonsack und den Gasgenerator. Die Crashsensoren sind zum Teil im Steuergerät eingebaut, zum Teil als Satellitensensoren im Fahrzeug verteilt. Wichtigste Sensoren für die Auslösung sind die Beschleunigungssensoren. Um Fehlauslösungen zu vermeiden, sind immer mindestens zwei Beschleunigungssensoren eingebaut. Nur wenn beide unabhängig voneinander eine entsprechende Verzögerung melden, wird der Airbag ausgelöst. Daneben wird eine Vielzahl von weiteren Sensoren eingesetzt. Dies sind Sitzbelegungserkennungen auf dem Beifahrersitz, Sitzpositionssensoren im Fahrersitz sowie Kontaktschalter in den Gurtschlössern. Das Steuergerät gleicht die Sensordaten ständig mit gespeicherten Werten ab. Aufgrund der Daten der Sensoren entscheidet das Steuergerät, ob eine Auslösung notwendig ist, und welche Airbags und Gurtstraffer aktiviert werden müssen. Das Steuergerät verfügt über interne Kondensatoren und ist somit kurzfristig auch ohne externe Stromquelle voll arbeitsfähig, um bei einem Unfall die Airbags selbst dann noch auslösen zu können, wenn es im laufenden Unfallgeschehen bereits zu einer Trennung von der Fahrzeugbatterie gekommen sein sollte.

Vor mehr als 30 Jahren ließ Mercedes als erster deutscher Autohersteller Airbags in seine damalige S-Klasse einbauen, und Gurtstraffer – damals noch als Wunschausstattung. In den vergangenen gut 20 Jahren sind Airbags im Automobilbau hierzulande weitestgehend Serienausstattung geworden; bis zu zwölf Luftsäcke baut etwa Daimler mittlerweile in seine aktuelle Mercedes-S-Klasse ein, Renault in seine Fahrzeuge bis zu zehn. In jedem Airbag stecken ein bis zwei Sprengladungen, die den Luftsack im Fall des Falles innerhalb von 30 bis 60 Millisekunden zur Entfaltung bringen.

General Motors bot erstmals 1974 Fahrer- und Beifahrerairbags in einigen seiner US-Modelle an. Auch Volvo testete in den 1970er Jahren ein kleines Airbag-Programm. Seit 1992 gehört der Airbag zur Serienausstattung bei Mercedes. Bei Ford sind Airbags seit 1993 Serienausstattung in Europa, bei Volkswagen seit Anfang der 1990er Jahre, bei Opel seit 1995. Zunächst gab es Kopfairbags, die Fahrer und Beifahrer bei Frontalaufprall schützen. Später kamen hinzu: Seitenairbags für Thorax, Knieairbags, Seitenairbags für den Kopf, Airbags am Außenbereich des Fahrzeuges zum Fußgängerschutz. Airbagmodule sind in den vergangenen Jahren erheblich leichter geworden. Fortschritte wurden ebenfalls mit neuen Web-Techniken gemacht; Moderne Airbags werden in einem Stück gewebt, nicht mehr aus mehreren Stücken zusammengenäht. Nach wie vor werden Airbags durch Gasgeneratoren gezündet. Zwei Technologien sind dazu verbreitet: reine pyrotechnische Treibstoffe oder in Kombination mit komprimierten Edelgasen. Der Gasgenerator besteht aus einer Anzündeeinheit und dem Festtreibstoff. Durch einen Stromimpuls des Steuergerätes wird die Anzündeeinheit aktiviert. Diese entzündet den Festtreibstoff, der meist in Tablettenform vorliegt. Das dabei entstehende heiße Gas (ca. 1350 °C) strömt durch ein Metallgitter aus dem Gasgenerator in den Airbag. Durch die Expansion beträgt die Temperatur des in den Luftsack strömenden Gases nur noch ca. 150 °C. 

Airbags können das Risiko von tödlichen und schweren Verletzungen bei einem Autounfall um ein Viertel reduzieren. Kopfverletzungen gehen selbst bei schweren Kollisionen auf nahezu Null zurück. Airbags allerdings helfen kaum, wenn Autofahrer nicht auch angeschnallt sind. Der gute alte Sicherheitsgurt ist immer noch die Nummer eins in punkto Insassenschutz.

Insbesondere die Seitenairbags können bei sehr kräftigem Zuschlagen der Tür mal auslösen, da es zu einem Prellschlag für die Sensoren kommen kann. Im Internet gibt es viele Anbieter gebrauchter Airbag-Komponenten. Arbeiten an den Airbags dürfen jedoch nur von speziell geschultem Fachpersonal in Fachwerkstätten gemacht werden. Diese brauchen dazu auch eine Unterweisung und Erlaubnis für den Umgang mit Sprengstoff. Ein gebrauchter Frontairbag kann zwischen 300 und 500 Euro kosten. Ohne Einbau. Als Privatperson darf man Airbagteile nicht selbst erwerben. Wurde ein Airbag ausgelöst, ist das gesamte Sicherheitssystem außer Kraft gesetzt, zu erkennen an einem Warnsymbol, das dann dauerhaft im Fahrzeug leuchtet. 

Bei Karin Schmidt hat sich nicht mehr klären lassen, warum der Seitenairbag an ihrem Renault Clio ohne Unfall ausgelöst hat. Ihr Auto stand, ohne dass es irgendeinen Stoß von außen gegeben hätte. Fest zugeschlagen hatte sie die Fahrertür nicht – im Gegenteil, sie war gerade dabei auszusteigen, als der Airbag 'explodierte'. 

Weitere Infos:

Register:  
Email:   Quelle: Internet

Weitere Infos:  

nach oben