Die Quenelle von Dieudonné – von der Kabarett-Satire zur Staatsaffäre in Frankreich

Diesseits des Rheins hat es gerade einen Apfel in die Polit-Schlagzeilen gebracht, jenseits des Rheins ist die aus der Provence bekannte Quenelle [abgeleitet vom deutschen Knödel], eine Art länglicher Maultausche, extrem hoch im polit-medialen Zirkus. Die Quenelle ist das Erkennungszeichen und Kampfmittel des Komikers und Politrevoluzzers Dieudonné  , mit der er den Beherrschern seines Landes den Stinkearm zeigt. Je länger die angezeigte Armlänge, desto länger die Quenelle, desto länger der Stinkearm. 

Dieudonné nicht nur seit Jahren der erfolgreichste Komiker Frankreichs, sondern auch der am meisten gehasste und verfolgte der herrschenden Klasse. Er ist zwar aus Funk und Fernsehen verbannt, seine Konzerte unterliegen starken behördlichen Einschränkungen und Behinderungen, und er wird zunehmend in Strafprozessen wegen angeblichem Antisemitismus verurteilt, doch der Zuspruch für ihn ist ungebrochen und weiter zunehmend. In Frankreich ist es zum Volkssport geworden, eine Quenelle zu zeigen. Im Internet erzielen die einschlägigen Videos Klickraten von 2 bis 3 Millionen. Besonders beliebt sind Quenelle-Darbietungen neben Repräsentanten des herrschenden Systems.

Roger Cukierman, der Ex-Chef der französischen Judenvertretung CRIF, sah sich ob dieser Entwicklung genötigt, den französischen Präsidenten Hollande an die Brust zu nehmen: Der Antisemitismus in Frankreich nähme beängstigende Formen an, häufig getarnt als Antizionismus, und zunehmend in die Mitte der Gesellschaft, denn Feuerwehrmänner, Polizisten, Sportler, Schulklassen, Krankenschwestern, Militärangehörige usw. würden eine Quenelle öffentlich ausführen, und dies vor Synagogen, HOLOCAUST-Stätten, ja sogar in Auschwitz. Die Quenelle sei ein inverser Hitler-Gruß. Dies müsse endlich ein Ende haben, diese Quenelle-Welle müsse mit allen Mitteln gestoppt werden.

Schon wurden Feuerwehrmänner aus der Picardie, die in einem Gruppenfoto die Quenelle anonym gezeigt hatten, geoutet und mit arbeitsrechtlichen Folgen bedroht. Zwei Soldaten mit der Quenelle-Geste vor einer Synagoge wurden bereits bestraft. Die Politklasse Frankreichs befürchtet insgeheim schon einen Sturm auf die Anti-Quenellisten à la 1968, wenn nicht gar nach 1789er Muster. In Frankreich kann es also noch richtig krachen. Dagegen verkümmert der politische Protest im Land der Merkel-Gaucks zu einem Aufbäumen der letzten Mainzelmännchen. 
ABCD

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