Karl Gottfried Hagen
* 24. Dezember 1749 in Königsberg (Preußen)
†
2. März 1829
ebenda
Deutscher Pharmazeut und naturwissenschaftlicher Universalgelehrter.
Die
Familie Hagen reichte in Ostpreußen zurück bis 1584, noch frühere Wurzeln
lagen in der Hansestadt Lübeck und in Thüringen/Mittelfranken. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts stellten sie in Schippenbeil
Apotheker und Ärzte. Karl Gottfried war der Sohn eines Apothekers in Königsberg,
des Besitzers der Hofapotheke. Er erhielt Privatunterricht von seinem Oheim,
einem Pfarrer und besuchte das Altstädtische Gymnasium in Königsberg. 1769 schrieb er sich als Medizinstudent an der
Universität Königsberg ein. Hagen war über viele Jahre Gast der Tischgesellschaft
Kants
und stand mit diesem bis zu dessen Lebensende in einem regen wissenschaftlichen sowie freundschaftlichen
Kontakt. Die Hofapotheke belieferte wegen ihres guten Rufes die russische Zarenfamilie und blieb noch bis in die 1930er Jahre in Hagenschem Familienbesitz.
Von seinem Vater zum Pharmazeuten ausgebildet, übernahm er nach dessen
Tod 1772 mit 23 Jahren die Hof-Apotheke. Hagen bestand im Mai 1773 in Berlin die
Apotheker-Prüfung. Er richtete in seiner Apotheke ein experimentelles Laboratorium für Chemie und Pharmazie ein, das er der Universität für Forschung und Lehre zur Verfügung stellte.
Hagen strebte danach, der traditionellen Apothekerkunst eine
wissenschaftliche Pharmazie an die Seite zu stellen. Hierzu erhob er den Experimentalunterricht für Chemie und Pharmazie auf ein bisher in Deutschland nicht bekanntes Niveau.
1775 trat der Dekan der Medizinischen Fakultät an Hagen mit der Aufforderung heran, er möge über die Ausarbeitung einer Dissertation die Lehrbefugnis erlangen, um Studenten in weiteren naturwissenschaftlichen Fächern zu unterrichten. Hagen schrieb daraufhin eine Dissertation über das Zinn. Es folgten erstmals an der Universität Vorlesungen über Mineralogie und das Linné’sche
Pflanzensystem, bis er schließlich fünf Fächer an der Universität vertrat. 1779 wurde Hagen außerordentlicher, 1788 ordentlicher
Professor.
Zwischen Kant und Hagen entspann sich eine freundschaftliche Beziehung. Beide trafen sich nicht nur regelmäßig bei der Kant’schen Tischgesellschaft, sondern auch etwa alle 14 Tage abends gesellig in der Küche der Hofapotheke zu gemeinsamen Essen im Kreise der Familie.
Hagen verfasste u. a. ein 'Lehrbuch der Apothekerkunst' und einen 'Grundriss der
Experimentalpharmazie'. Auch weitere Veröffentlichungen Hagens wurden zu Standardwerken des Unterrichtes, die der Pharmazie den Weg zur wissenschaftlich anerkannten Disziplin ebneten. Neben der Pharmazie galt Hagens Liebe der Botanik. Er führte Exkursionen ein und gab erstmals den Anstoß zur Einrichtung eines Botanischen
Gartens. 1799 wurde Hagen Präsident der Königsberger Physikalisch-Ökonomischen Gesellschaft.
Königsberg wurde durch Hagens Wirken zum deutschsprachigen Zentrum der Ausbildung in
den naturwissenschaftlichen Fächern. Hagen erkannte, dass die bisherige Universitätsform reformiert werden musste, zumal
man besonders in Frankreich, aber auch England, schon längere Zeit größten Wert auf die naturwissenschaftliche Ausbildung
legte. In seiner Apotheke unterrichtete Hagen nicht nur Studenten, sondern auch Staatsbeamte, Offiziere, Minister und Räte,
so zum Beispiel im Jahr 1808/09 den preußischen Kronprinzen Friedrich Wilhelm
und dessen Bruder Wilhelm .
Im Rahmen der Humboldt’schen
Bildungsreform wurde Hagen zur Leitfigur der Universitätsreform in Königsberg.
Gegen den Widerstand der Mehrzahl der Professoren setzte Hagen für die naturwissenschaftlichen Fächer seine Reformideen durch.
Gemeinsam mit Friedrich Wilhelm Bessel , dem Mathematiker und später weltberühmten Astronomen an der neu errichteten Sternwarte in Königsberg, gründete er ein erstes “Königsberger Archiv für Naturwissenschaft und Mathematik”.
Mehrere bedeutende Naturwissenschaftler wurden nach Königsberg berufen. Franz
Neumann , der spätere Schwiegersohn Hagens, errichtete in Königsberg das erste mathematisch-physikalische Institut auf deutschem Boden und wurde zum Begründer der Mathematischen Physik in Deutschland. Hagen selbst behielt die Chemie und Pharmazie als sein ureigenes Gebiet, dessen Entwicklung er so maßgeblich förderte, dass er von vielen Autoren als der eigentliche Begründer der wissenschaftlichen Pharmazie angesehen wird.
Nur einmal machte Hagen eine große Reise, in seinen jüngeren Jahren. Und
zwar reiste er fünf Monate durch die Schweiz, wo er Salomon Gessner
und Johann Heinrich Pestalozzi
traf. Das Leben Hagens spielte sich in seiner Hofapotheke ab. Das experimentelle Laboratorium war im Keller untergebracht. Der theoretische Unterricht der Studenten erfolgte im Obergeschoss.
Hagen hatte fünf Kinder. Mit 67 Jahren übergab er die Apotheke seinem Sohn und kaufte sich ein
anderes Haus, in dem er sich eine Studierstube einrichtete und auch wieder
Studenten unterrichtete. Hagen starb nach kurzer Erkrankung in seinem 80.
Lebensjahr.
Hagen begründete die wissenschaftliche Pharmazie und die experimentelle Laborarbeit. Nach seinem Vorbild richtete Justus von Liebig
1825 in Gießen ein Universitätslaboratorium ein. Hagen machte die
Königsberger Universität zur Geburtsstätte der chemischen Untersuchungsmethoden, durch die Deutschland innerhalb weniger Jahre zur Vormacht
der Chemie wurde. Neben den pharmazeutischen und chemischen Grundrissen gab
er den Studenten und Apothekern sein 'Lehrbuch der Apothekerkunst' an die
Hand. Die Bücher fanden im In- und Ausland große Beachtung und wurden über ein halbes Jahrhundert zu Standardwerken des deutschsprachigen Unterrichts.
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