August Bier
* 24. November 1861 in Helsen, Waldeck
† 12. März 1949 in Sauen, Brandenburg
ABCD
Deutscher Chirurg, Sanitätsoffizier
und Forstwirt. Erfinder des Stahlhelms.
Biers Vater war Geometer.
Zweimal blieb der Schüler August sitzen, erforschte lieber die Natur, als sich mit Mathematik, Französisch oder Geschichte zu beschäftigen. Erst als sein Vater ihm eine Schusterlehre androhte, entwickelte sich Bier zum Primus und machte sein Abitur 1881
an der Alten Landesschule Korbach. Danach studierte Bier von 1881 bis 1886 Medizin an den Universitäten in Berlin, Leipzig und Kiel, wo er maßgeblich von Friedrich von Esmarch
beeinflusst wurde. Am Anfang seiner medizinischen Karriere praktizierte Bier als Landarzt. Bei einer Reise nach Mittel- und Südamerika wirkte er als Schiffsarzt, trat danach 1888 als Assistent in die Chirurgische Universitätsklinik Kiel ein.
Mit 28 Jahren (1889) habilitierte er sich dort und wurde 1894 Extraordinarius.
Dort begann er auch seine Versuche zur Lokalanästhesie mit einer Injektion von Kokain-Lösung direkt in den Rückenmarkskanal. Er führte 1898 mit seinem Assistenten August Hildebrandt
gegenseitig Spinalanästhesien
durch. In der Folge zerstritt sich Bier mit seinem Assistenten
Hildebrandt, der unzufrieden war, da Bier ihn nicht als Mitautor aufgeführt hatte.
Bier und Hildebrandt gelten als die 'Väter' der Spinalanästhesie, die
vor allem in der Geburtshilfe zur Anwendung kommt.
1899 folgte August Bier einem Ruf nach Greifswald und 1903 als Ordinarius einem Ruf an die Universität Bonn, wo er bis 1907 lehrte. Danach ging er nach Berlin an die 1. Chirurgische Universitätsklinik in der Ziegelstraße, wo er bis zu seiner Emeritierung 1932 erfolgreich wirkte. Im Ersten Weltkrieg war
Bier als Marinegeneralarzt beratender Chirurg und besuchte viele Lazarette. Bedingt durch diese Eindrücke erfand er die deutsche Form des Stahlhelms, die später viele Soldaten vor schweren Kopfverletzungen schützte.
Durch die Einführung neuartiger Behandlungsmethoden hat
Bier die medizinische Wissenschaft ganz hervorragend gefördert, so durch die unter dem Namen "Biersche Stauung" bekannt gewordene Behandlung zahlreicher Krankheiten mit aktiver und passiver Hyperämie und durch eine neuartige Behandlung der Amputationsstümpfe.
Bier galt in Berlin als die medizinische Persönlichkeit, seine Vorlesungen waren überfüllt. 1928 wurde Ferdinand Sauerbruch
als geplanter Nachfolger Biers nach Berlin berufen. Unter den Studenten kursierte der Spruch: "Wer etwas erleben will, geht zu Sauerbruch, wer etwas lernen will, zu Bier".
Als Arzt setze Bier sich mit Leidenschaft für Heilgymnastik und Sport ein, zudem beschäftigte er sich auch mit Homöopathie. 1920
wurde er zum ersten Leiter der Hochschule für Leibesübungen in Berlin berufen wurde (der Vorgängereinrichtung der Deutschen Sporthochschule in Köln), Carl Diem
wurde sein Stellvertreter.
Neben seiner ärztlichen Tätigkeit erlangte Bier forstgeschichtliche Bedeutung durch sein waldbauliches Wirken auf seinem Waldgut Sauen
bei Beeskow in der Mark Brandenburg. Bier hatte sich im Jahr 1912 seinen Wunsch, im Walde zu gestalten, durch den Kauf des 500 Hektar großen Gutes, das er später auf 800 Hektar vergrößerte, erfüllt. Es gelang ihm, die dortige herabgewirtschaftete Kiefernheide in einen standortgerechten Mischwald umzuwandeln. Um dies zu erreichen, gab er die bisherige Kiefernreinbestandswirtschaft auf und brachte in diese Monokulturen Laubbäume wie etwa Traubeneiche, Rotbuche, Bergahorn und Linden, aber auch andere Nadelbäume wie Gemeine Fichte oder Douglasie ein. So entstanden mit der Zeit harmonisch zusammengesetzte Mischbestände aus Laub- und Nadelhölzern mit Sträuchern und Bodenpflanzen.
Sauen entwickelte sich zu einem Anziehungspunkt für zahlreiche Besucher.
Bier stand in seinen letzten Lebensjahren dem Nationalsozialismus nahe. Seine höchste Auszeichnung erhielt er 1937, als ihm im Rahmen des Reichsparteitags der NSDAP der mit 100.000 Reichsmark dotierte Deutsche Nationalpreis für Kunst und Wissenschaft verliehen wurde, der laut Verordnung einen „Ersatz“ für den Nobelpreis darstellen
sollte.
Schon
vor dem Ersten Weltkrieg galt Bier als Querdenker. Unter anderem, weil er eine biologisch orientierte Medizin vertrat. Für ihn war der Mensch kein Mechanismus, sondern ein harmonisches Ganzes aus Körper, Geist und Seele.
1925 geriet er erneut in Streit mit der Schulmedizin, als er für die Homöopathie eintrat. Allein die Entwicklung der Rückenmarksnarkose hätte ihn in den Reihen der großen Mediziner verewigt.
Hinzu kommt die Entwicklung des neuen Stahlhelms, sowie z. B. auch die
Erfindung eines Schröpfglases mit Saugglocke.
Erst im Alter von 71 Jahren nahm Bier in Berlin 1931 Abschied vom Beruf des Arztes. Seinen Lebensabend verbrachte
er auf seinem Landsitz in Sauen. Einen Schlaganfall hatte er Anfang 1949 noch gut überstanden.
Im März dieses Jahres starb Bier dort im Alter von über 87 Jahren an den Folgen einer Lungenentzündung und fand in seinem Wald
die letzte Ruhestätte.
Etwa
500.000 Patienten behandelte Bier allein in Berlin. 50-000-mal griff er zum Chirurgenbesteck und operierte.
1925 stand sein Name auf der Vorschlagsliste für den Nobelpreis. Vermutlich wegen
der antideutschen Einstellung des Komitees erhielt er den Preis nicht.
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