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Freitag, 11. April 2014

Luise Adelgunde Victorie Gottsched 

* 11. April 1713 in Danzig 
† 26. Juni 1762 in Leipzig

Deutsche Schriftstellerin.

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Als Tochter eines Danziger Arztes erhielt Luise Adelgunde Victorie Kulmus schon früh Unterricht in fremden Sprachen und musischen Fächern. Im Alter von 16 Jahren lernte sie Johann Christoph Gottsched , Professor für Poesie in Leipzig, kennen und heiratete ihn sechs Jahre später. Die Vorlesungen ihres Mannes musste sie der Konvention wegen hinter einer verschlossenen Tür lauschend verfolgen. Gottsched führte sie in seinen geistigen Kreis ein und ließ sie an allen Aktivitäten teilhaben. Luise war äußerst sprachbegabt, sie beherrschte Englisch und Französisch und eignete sich Latein und Griechisch an. 

 

In Leipzig wurde die 'Gottschedin' zu einer Figur des literarischen Lebens. Sie hatte erheblichen Anteil an den Arbeiten ihres Ehemanns, führte die Korrespondenz, baute die Bibliothek auf, schrieb Schriftstücke ab und beteiligte sich an Übersetzungen von Büchern und Zeitschriften aus verschiedenen europäischen Sprachen. Zu Gottscheds Werken führte sie eigenständige Voruntersuchungen durch oder lieferte Beiträge dazu. Sie schrieb eine Reihe von eigenen Komödien und Tragödien, die sie teilweise anonym herausgab. Ihre bekanntesten Stücke sind: 'Die Pietisterey im Fischbein-Rocke' (1736) , 'Das Testament' (1745) und 'Der Witzling' (1745) .


Im Juli und August 1742 machte Luise Gottsched eine Reise nach Danzig und Königsberg, im August 1749 einen Kuraufenthalt in Karlsbad, anschließend eine Reise nach Wien mit einer Audienz bei der Kaiserin Maria Theresia ,  und schließlich im Sommer 1753 eine Reise über Naumburg, Erfurt, Gotha, Kassel, Göttingen nach Hannover, zurück über Braunschweig und Halberstadt wieder nach Leipzig. Sie starb in Leipzig im Alter von 49 Jahren nach einem Schlaganfall
. Im folgenden Jahr gab ihr Ehemann postum ihre »Sämmtlichen kleineren Gedichte« heraus.
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Weitere Infos:  

Brief von Luise Gottsched an eine Freundin vom 28. Sept. 1749, einen Tag nach der Audienz bei der Kaiserin Maria Theresia in Schloss Schönbrunn:

Des Morgens um 10 Uhr waren wir in Schönbrunn, wohin uns der Graf Esterhasi (der uns diese Audienz veranlasset) bestellet hatte. Er glaubte indessen noch, daß wir nur in der großen Antichambre der Kai- 
erinn, mit 100 andern Personen zugleich die Hand küssen wür- 
den, wenn Sie nach der Kirche gienge. Wir hielten uns also 
daselbst mit ihm zugleich auf, und hatten in einer halben Stunde 
die Gnade, die drey Durchl. Erzherzoginnen vorbey gehen zu se- 
hen; die aber, auf des Hrn. Grafen Bericht an die Fürstinn 
Trautson, (ihre Oberhofmeisterinn) wer wir wären, wieder 
umkehreten, und uns die Hand zum Küssen reicheten: wobey ich die 
Ehre genoß, von der ältesten Durchl. Prinzeßinn (Sie ist 10 
Jahre alt) ein überaus gnädiges Compliment, wegen des vielen 
Guten was Sie von mir gehöret hätte, zu vernehmen, und da- 
bey Ihren Verstand und Ihre Leutseligkeit zu bewundern. Ver- 
zeihen Sie mir, mein Engel, daß dieser Absatz ein wenig ruhm- 
redig klingt. Es wird noch viel ärger kommen: allein ich kann 
Ihnen keinen Begriff von der fast unglaublichen Gnade dieser 
höchsten Personen zu machen; ohne viel Gutes von mir herzu- 
schreiben: davon Sie am Besten wissen, daß es nicht halb wahr ist. 
Gegen eilf Uhr kam ein Kaiserl. Kammerfourier und sagte uns, 
wir sollten ihm folgen. Er führte uns durch viel prächtige 
Gemächer, in ein klein Gemach, welches durch eine spanische 
Wand noch um die Hälfte kleiner gemacht war, die Kaiserinn zu 
erwarten. In wenigen Secunden, kam die Fürstinn von Traut- 
son, machte uns abermals ein sehr gnädig Compliment, und 
versprach uns die baldige Ankunft Ihrer Majestät. Die er- 
folgte in wenigen Minuten, in Begleitung obiger drey Erzherzo- 
ginnen. Wir setzten uns auf das linke Knie und küßten die al- 
lerhöchste und schönste Hand, die jemals den Zepter geführet 
hat. Die Kaiserinn hieß uns mit einem Gesichte, welches auch 
in der furchtsamsten Seele, alle die Scheu vor einer so hohen 
Gegenwart und wunderschönen Gestalt, hätte in Liebe und Zu- 
trauen verwandeln können, aufstehen: wir thaten es, und Sie 
hub gegen meinen Mann an: Ich sollte mich scheuen mit dem 
Meister der deutschen Sprache, deutsch zu reden. Wir Oester- 
reicher haben eine sehr schlechte Sprache. Auf meines Mannes 
Versicherung: daß er schon vor 14 Tagen, das reine und voll- 
kommene Deutsch bewundert hätte, als Ihre Majestät, bey Er- 
öffnung des Landtages, ihre Stände, gleich der Göttinn der Be- 
redsamkeit angeredet. Hier erwiederte Sie: So? haben Sie mich 
belauscht? und setzte mit hellem Lachen hinzu: Es ist gut, daß 
ich das nicht gewußt habe; sonst wäre ich stecken geblieben! 
Sie wandte sich darauf zu mir, und fragte: wie ich es gemacht 
hätte, daß ich so gelehrt geworden wäre? Ich erwiederte: ich 
wünschte es zu seyn, um des Glückes, welches mir heute be- 
gegnete, und wodurch ganz allein mein Leben merkwürdig wer- 
den würde, nicht so gar unwerth zu seyn. Es hieß: sie sind 
zu bescheiden: ich weis es gar wohl, daß die gelehrteste Frau 
von Deutschland vor mir steht. Meine Antwort war: Meines 
Wissens, ist die gelehrteste Frau, nicht nur von Deutschland, 
sondern von ganz Europa, Beherrscherinn von mehr als einem 
Königreiche. Die Kaiserinn erwiederte: Wofern ich sie kenne; 
so irren sie sich. Sie wandte sich wieder zu meinem Manne, 
und nach einigen Fragen, die Leipziger Akademie betreffend, 
trat jemand in das Zimmer, den ich für den gnädigsten und 
wohlgebildetsten Minister des Kaiserl. Hofes würde gehalten ha- 
ben; wenn nicht die Kaiserinn gesagt hätte: das ist der Herr! 
Hier legten wir uns beyde in die vorige spanische Reverenz und 
Se. Majestät der Kaiser (denn der war es), gab meinem Manne 
die Hand zu küssen; vor mir aber zog er sie zurück, und hieß uns 
beyde aufstehen. Er fieng an mit meinem Manne zu reden, 
und die Kaiserinn fragte mich: ob ich bereits viel in Wien gese- 
hen hätte? Ich nannte Ihr die vornehmsten Sachen, und auf 
Ihre Frage: was mir unter allen am Besten gefallen hätte? 
konnte ich, meinem Herzen und Gewissen nach, unmöglich an- 
ders antworten, als: Ich wünschte, daß außer Eurer Kaiserl. 
Majestät mich irgend jemand in der Welt das fragen möchte. 
Das allergnädigste Lächeln, so jemals von einer gekrönten 
Schönheit gesehen werden kann, gab mir zu verstehen, daß die- 
ser großen Frau auch ein so schlechter Beyfall nicht zuwider war. 
Sie erzählte mir darauf, wie die Bibliothek vor einigen Jahren 
ein Heumagazin abgeben müssen, worauf das Gespräch allge- 
mein ward: und, nachdem die Kaiserinn mir gesaget, wie Sie 
es wohl gehöret hätte, daß ich in Wien, sowohl auf der Kai- 
serl. Bibliothek, als andertwärts, viel Kenntniß der griechischen 
Sprache verrathen, fragte mich Se. Majestät der Kaiser: wie 
viel Sprachen ich denn verstünde? Konnte ich Ihm wohl mit 
Wahrheit anders antworten, als: Allerdurchlauchtigster Herr! 
eigentlich keine recht! Beyde höchste Personen begehrten also mit 
Lächeln die Antwort von meinem Manne, der denn ein Regi- 
gister von meiner Sprachwissenschaft machte, das ich ihn ver- 
antworten lasse. 

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[Ergänzung durch Johann Christoph Gottsched nach dem Tode seiner Frau:] Noch eine Frage mit ihrer Beantwortung und Gegenantwort 
muß ich hier ergänzen, so die Selige ausgelassen hat. „Haben Sie 
denn auch Familie, fragte die gnädigste von allen Kai- 
serinnen. Nein! allergnädigste Frau, erwiederte die Selige, 
so glücklich bin ich nicht. Ach! sie meynen das sey ein Glück, 
Kinder zu haben; versetzte die Kaiserinn: allein sie bringen einem 
auch viel Sorgen. Die Selige: E. Kais. Majestät werden diese Last 
am wenigsten empfinden, da die geschicktesten Personen von Dero 
Königreichen Ihnen dieselbe erleichtern helfen. Der Kaiserinn 
Majestät: Ey man hat doch auch seine Verdruß da- 
von. Nun, ich wünsche, daß die Wiener Luft ihnen wohl 
bekommen möge! die Selige: ich würde mir das größte 
Gewissen machen, Eurer Kaiserl. Majestät einen Unterthan zu 
entführen. Der Kaiserinn Majestät: Ey! ich schenke 
ihnen denselben von ganzem Herzen: nehmen sie ihn in Gottes 
Namen mit. 
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Nach einigen fernern Reden und Gegenre- 
den, fragte uns die Kaiserinn: ob wir den Erzherzog gesehen 
hätten? Als wir mit Nein antworteten, befahl Sie ihn zu ho- 
len. Er kam mit seinem Oberhofmeister, dem Grafen Bathiani, 
und nach dem Handkusse, redten beyde Kaiserl. Majestäten mit 
meinem Manne allerley, diesen jungen Herrn betreffend. Be- 
sinnen Sie sich, mein Engel! was ich oben von dem engen 
Raume gesagt; und daß wir nunmehro 10 Personen im Zimmer 
waren, folglich einander so nahe stunden, daß nothwendig der 
Kaiser beynahe meinen Mann, und ich die Kaiserinn berühren 
mußte, so sehr ich mich auch an die Wand drängte. Das war 
aber noch nicht genug: sondern es kam auch noch die Prinzeßinn 
Charlotte (des Kaisers Schwester) hinein. Mein Mann gieng 
zum Handkusse; und ich nahm Anstand weil ich mich bey der 
Kaiserinn vorbey dringen mußte. Diese Frau aber, die in der 
Gnade alle Hoffnung übertrifft, hieß mich mit der freundlichsten 
Mine, Sie vorbey, und hinzutreten. Ich that es, und bald darauf 
sagte die Kaiserinn: Nun, Sie müssen meine andern Kinder auch 
sehen: worauf wir abermals zum Handkusse, wie das erste 
mal, kamen, und die sämtl. Herrschaft uns verließ. Die Für- 
stinn Trautson führete uns hierauf zu den drey übrigen kleinen 
Engeln, die wir in zweyen Zimmern beym Frühstücken und un- 
ter der Aufsicht der Gräfinn Sarrau, fanden. Wir küßten 
die kleinen Durchl. Händchen allerseits, und wurden hernach in 
alle Kaiserl. Zimmer geführet, welches eine außerordentliche 
Gnade ist, die dem 1000ten Fremden nicht geschieht. Wir 
kehreten zurück und speisten zu Mittage bey dem Fürsten Die- 
trichstein, allwo wir die Gräfinn Harrach, Fürstinn von Lich- 
tenstein, den Grafen Khevenhüller, und mehrere Excellenzen fan- 
den, die alle uns gratulirten und bezeigten, daß wir mit ganz 
außerordenlicher Gnade wären empfangen worden.

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Zitate

Es ist mir allemal eine Freude, wenn die Thorheit und Bosheit in ihre eigene Falle fällt.

... vergnügte ich mich über die sinnreiche Art, welcher sich der Verfasser [einer französischen Komödie] bedienet hatte, die Frömmlinge und Scheinheiligen seines Orts zum Gelächter zu machen; Und ich wünschte von Hertzen, daß sich auch in unserer Kirche eine scharffsinnige Feder finden und dem Unheile der Scheinheiligkeit auf gleiche Art steuren möchte. 

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