Arthur de Gobineau
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* 14. Juli 1816 in Ville-d’Avray , bei Paris
† 13. Oktober 1882 in Turin
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Französischer Diplomat und Schriftsteller.
ABCD Gobinau
entstammte eine südfranzösischen Händlerfamilie. Nach Schulbildung und Studium in Frankreich und in der Schweiz trat Gobineau 1849 in das französische Diplomatische Korps ein. 1855 wurde er von Napoleon III.
mit einer Gesandtschaft nach Persien (Iran) geschickt. 1859 war Gobineau als kaiserlicher Kommissar in den USA, 1861 erfüllte er als außerordentlicher Gesandter eine weitere Mission in Persien, und 1864 kam er in gleicher Eigenschaft nach Athen. Auch in Rio de Janeiro und Stockholm war Gobineau in diplomatischem Auftrag.
1877 ließ er sich pensionieren.
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Von Gobineaus zahlreichen literarischen und politischen Schriften hat nur seine
Arbeit „Essai sur l’inégalité des races humaines“ (Essay über die Ungleichheit der Menschenrassen)
in Deutschland eine breitere Leserschaft gefunden, und zwar erst nach seinen Zusammentreffen mit Richard Wagner
in den 1880er Jahren. Das Werk erschien zwar schon zwischen 1853 und 1855 in mehreren Bänden,
fand jedoch zunächst weder in Frankreich noch sonstwo Aufmerksamkeit. ES lieferte erstmals eine umfassende Deutung der Weltgeschichte auf der Grundlage des Rassenprinzips. Zivilisatorische Fähigkeiten habe allein die weiße Rasse, insbesondere die „Arier“. Ihre Neigung zu Eroberung, Migration und Bevölkerungsvermehrung münde aber notgedrungen in zunehmende Mischung mit den kulturunfähigen schwarzen und gelben Rassen. Die vor allem in urbanen Zentren drohende Auszehrung des arischen Rassenkerns führe in einen Zustand der allgemeinen Kulturlosigkeit, des Materialismus und der demokratischen Nivellierung.
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Gobineau ging von einer vollkommenen, von Gott erschaffenen „Urrasse“, nämlich der „nordischen“, „arischen“ oder „germanischen Rasse“, aus, der er zwei weitere, später entstandene Primärrassen (die „gelbe“ und die „schwarze“) beiordnete. Hierarchisch hielt er die weiße Rasse der gelben und die gelbe Rasse der schwarzen für vorangestellt. Mischungen zwischen den Rassen hielt er für weitverbreitet; sie gerieten stets zum Nachteil der höheren Rasse. Insgesamt würde die Menschheit daher durch Rassenmischung in ihrer Qualität gemindert. Am unverfälschtesten habe sich die weiße Urrasse dabei in
England, Skandinavien und insbesondere im französischen Adel gehalten, während die modernen Deutschen nach Gobineaus Meinung lediglich eine Mischung aus Kelten und Slawen
darstellten.
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Der Adel enthalte die wertvollsten Rassenelemente, das Bürgertum sei eine Mischrasse und die Unterschichten bestünden aus rassisch Minderwertigen mit hohen schwarzen und gelben Bestandteilen. Auf diese Weise gewann Gobineau ein Erklärungsschema für zeitgenössische Revolutionen, Demokratisierungsprozesse und den Machtverlust traditioneller Eliten. Sie seien die unausweichlichen Folgen zunehmender Degeneration durch Rassenmischung.
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Gobineau bewunderte Richard Wagner und traf mehrmals mit diesem in den
1880er Jahren zusammen. Wagner las Gobineaus 4-bändigen "Essai sur l’inégalité des races humaines",
und antwortete ihm mit "Heldenthum und Christenthum" , worin er die Ideen Gobineaus
weiterentwickelte. Gobinaus Werke wurden von Karl Ludwig Schemann , einem Mitglied des Bayreuther Kreises um Cosima Wagner, ins Deutsche übersetzt und nahm starken Einfluss auf Cosima Wagners Schwiegersohn Houston Stewart
Chamberlain , der Gobineaus
Rassengedanken allerdings positiv weiterentwickelte und dabei dem deutschen Volk
eine besondere Rolle zuwies. ABCDABCD Weitere
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Textausschnitt aus Arthur de Gobineaus «Versuch über die
Ungleichheit der Menschenrassen» (Essai sur l’inégalité des races
humaines, 1853–1855, 4 Bände ).
Der Ruf war erschollen: ja wirklich, im Innern eines sozialen Körpers liegt die Ursache
seiner Auflösung; aber welches ist diese Ursache? Die Degeneration, wurde geantwortet: die
Nationen sterben, wenn sie aus degenerierten Bestandteilen zusammengesetzt sind. Die
Antwort war gut, dem Wortlaut nach und in jeder Weise; es galt nur noch festzusetzen, was
man unter den Worten degenerierte Nation verstehen soll. Hier aber erlitt man Schiffbruch; man
erklärte ein degeneriertes Volk als ein Volk, das, schlecht regiert, seine Reichtümer
missbrauchend, fanatisch oder gottvergessen, die charakteristischen Tugenden seiner
Stammväter verloren hat.
Trauriger Fall! So geht eine Nation unter den sozialen Plagen
unter, weil sie degeneriert ist, und sie ist degeneriert, weil sie untergeht. Dieser Zirkelbeweis
zeigt nur die Kindheit des Wissens in Sachen der sozialen Anatomie. Ich will gerne zugeben,
dass die Völker untergehen, weil sie degeneriert sind, und aus keinem anderen Grunde; […]
Wie und warum geht die Lebenskraft verloren? Darauf kommt es an. Wie tritt Degeneration
ein? Das bedarf der Erklärung. Bis jetzt hat man sich mit dem Worte begnügt, nicht die
Sache aufgehellt. Diesen Schritt vorwärts zu tun will ich versuchen.
Ich meine also, dass das Wort degeneriert, auf ein Volk angewandt, bedeuten muss und
bedeutet, dass dieses Volk nicht mehr den inneren Wert hat, den es ehedem
besaß, weil es nicht mehr das nämliche Blut in seinen Adern hat, dessen Wert fortwährende Vermischung
allmählich eingeschränkt haben; anders ausgedrückt, weil es mit dem gleichen Namen nicht
auch die gleiche Art, wie seine Begründer bewahrt hat, kurz, weil der Mensch des Verfalles,
derjenige, den wir den degenerierten Menschen nennen, ein unter ethnographischen
Gesichtspunkten von dem Helden der großen Epochen verschiednes Subjekt ist.
Ich will gerne glauben, dass er etwas von dessen Wesen besitzt; aber je mehr er degeneriert, desto
mehr nimmt dieses Etwas ab. Die ungleichartigen Bestandteile, welche fortan in ihm
vorherrschen, bilden eine ganz neue und in ihrer Eigenart nicht glückverheißende
Nationalität; er gehört denen, die er noch für seine Väter ausgibt, nur sehr in einer Seitenlinie
an. Er, und seine Zivilisation mit ihm, wird unmittelbar an dem Tage sterben, wo der
ursprüngliche Rassenbestand sich derartig in kleine Teile zerlegt und in den Einlagen
fremder Rassen verloren erweist, dass seine Kraft fortan keine genügende Wirkung mehr
ausübt. […]
Nachdem ich dem Worte Degeneration einen Sinn angewiesen und mit dessen Hilfe das
Problem der Lebenskraft der Völker behandelt, habe ich jetzt zu beweisen, was ich um der
Klarheit der Erörterung willen a priori habe behaupten müssen: dass es merkliche
Unterschiede im relativen Wert der Menschenrassen gibt. […]
Die Vorstellung von einer angeborenen, ursprünglichen, stark ausgeprägten und bleibenden
Ungleichheit zwischen den Rassen ist eine der ältestverbreiteten und
angenommenen in der Welt; und angesichts der anfänglichen Abgeschiedenheit der Stämme und
Völkerschaften, und jenes Zurückziehens auf sich selber, das bei allen in einer mehr oder
minder fernen Epoche üblich gewesen und aus welchem eine große Zahl nie herausgekommen ist, haben wir keinen Anlass, darüber erstaunt zu sein. Wenn wir das
ausnehmen, was in unseren neuesten Zeiten vorgegangen ist, hat dieser Begriff fast allen
Regierungstheorien zur Grundlage gedient. Kein Volk, groß oder klein, das nicht damit
angefangen hätte, seine erste Staatsmaxime daraus zu machen. Das System der Kasten,
der Adelstände, das der Aristokratien, sofern man sie auf die Vorrechte der Geburt
begründet, haben keinen anderen Ursprung; und das Recht der Erstgeburt mit seiner
Annahme eines Vorranges des erstgeborenen Sohnes und seiner Nachkommen ist auch nur
eine Ableitung hiervon. Mit dieser Lehre stimmen der Widerwille gegen das Fremdländische
und die Überlegenheit, welche jede Nation sich hinsichtlich ihrer Nachbarn zuspricht,
überein.
Erst in dem Masse, wie die Gruppen sich mischen und
verschmelzen, sieht man bei ihnen, die von nun an größer, zivilisierter dastehen und sich in Folge des Nutzens, den sie
einander bringen, in einem wohlwollenderen Lichte betrachten, den unbeschränkten
Grundsatz der Ungleichheit, ja anfänglichen Feindseligkeit der Rassen durchbrochen und
bestritten. Wenn denn die Mehrzahl der Staatsbürger in ihren Adern gemischtes Blut
fließen fühlt, dann fühlt sie sich damit zugleich berufen, unter Umwandlung des nur für sie
Tatsächlichen in eine allgemeine und unbeschränkte Wahrheit zu versichern, dass alle
Menschen gleich seien.
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