Schlacht von Mars-la-Tour
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16. August 1870
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Zwei preußische Korps
besiegen während des deutsch-französischen Krieges etwa 20
km westlich von Metz die komplette Französische
Rheinarmee
und zwingen diese zum Rückzug in die Festung Metz
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Das deutsche III. Korps unter General von Alvensleben
traf bei seinem Vorstoß in Richtung Rezonville auf drei komplette französische Korps. Ein viertes, das französische 3. Korps, befand sich in unmittelbarer Nähe.
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Die Vorhut der abrückenden Franzosen bildete die Kavallerie der Division
Forton. Diese wurde bei Vionville von der Artillerie der deutschen 3. und 6. Division überrascht und zog sich ungeordnet zurück. Das französische 2. Korps ging mit der Infanterie in Richtung des Kanonendonners vor, vertrieb die deutsche Kavallerie aus Vionville und besetzte den Höhenzug nach Gorze sowie den Ort
Flavigny. Etwa gegen 10 Uhr erhielten die deutschen Reiter Verstärkung durch die 5.
Infanteriedivision und die 6. Infanteriedivision, die von Gorze und Onville her das Schlachtfeld erreichten.
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General von Alvensleben befahl der Infanterie sofort den Angriff, er ging dabei davon aus, nur noch die französische Nachhut vor sich zu haben. Bis zum Mittag hatte die 5. Division Flavigny wieder erobert, während gleichzeitig die Divisionsartillerie in einer Linie gegen den Ort Rezonville kämpfte. Die 6. Division ging gleichzeitig erst nördlich bis Tronville vor und schwenkte dann teilweise nach Osten ab in Richtung der 5. Division und eroberte Vionville gegen 11:30 Uhr. Damit hatten sich die beiden deutschen Divisionen zwischen den Ortschaften Vionville und Flavigny vereinigt und verringerten somit die Gefahr, dass die beiden Divisionen voneinander getrennt würden. Das 24. Regiment der 6. Division befand sich in einer langen gestreckten Linie nordwestlich von Vionville und wurde dabei fast ununterbrochen vom 6. französischen Korps
(Canrobert
) angegriffen. In diesen Positionen mussten sich die deutschen Einheiten ohne nennenswerte Verstärkung, nur ein Teil der 37. Brigade vom X. Korps konnte zur Unterstützung eingreifen, den ganzen Nachmittag über gegen den mehrfach überlegenen Gegner halten.
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Ziel des französischen Oberbefehlshabers Bazaine
war es, nicht von Metz abgedrängt zu werden. Er ging daher nicht nur mit den beiden Korps vor Vionville zurückhaltend vor, sondern hatte auch den linken Flügel bei Gravelotte durch die Garde und eine Division des 6. Korps verstärkt, weil er hier irrtümlicherweise den Hauptangriff der Preußen erwartete.
Das zahlenmäßig 1:5 unterlegene deutsche Korps verhinderte mit der Einnahme von Vionville weitere Rückzüge nach Westen. Einmal vom Rückzug abgeschnitten, hatte die französische Armee bei Metz keine Chance mehr, die Schlacht zu verhindern.
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Nach dem Verlust von Vionville und Flavigny, als ein Flügel des 2. Korps zurückweichen musste, begannen Kavallerieangriffe von beiden Seiten. Den 11. und Braunschweiger Husaren gelang es hierbei zwar beinahe, Bazaine selbst gefangen zu nehmen, aber alle Angriffe konnten die gesetzten Ziele nicht erreichen. Der Angriff der deutschen 6. Kavalleriedivision wurde von der südlich von Rezonvile in Stellung gegangenen und noch ausgeruhten französischen Gardedivision abgewiesen.
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Gegen 14:00 Uhr bemerkte Marschall Canrobert, dass der linke Flügel der 6. Division in Bedrängnis geraten war und befahl daher einen allgemeinen Angriff des 6 Korps. Von der französischen Artillerie angegriffen und einen Einfall der Franzosen an der linken Flanke fürchtend, sandte Kommandeur v. Alvensleben eine Nachricht an den Kommandeur der 12. Kavalleriebrigade, Generalmajor Adalbert von
Bredow , mit dem Befehl, die französische Artillerie unter General Canrobert und die Reiterverstärkung der Franzosen auszuschalten.
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Unter der Devise „Koste es, was es wolle“ befahl von Bredow seiner Brigade, die aus dem Magdeburgischen Kürassier-Regiment Nr. 7 und dem Altmärkischen Ulanenregiment Nr. 16 bestand, um 14 Uhr, vorzurücken. In dem später als von Bredows Todesritt bekannt gewordenen Vorgehen rückten die Kavalleristen vor, während von Bredow klug das Terrain und den Kanonenrauch nutzte, um die Bewegungen der Brigade so lange wie möglich vor den französischen Spähern geheim zu halten. Knappe 1000 Meter vor den französischen Linien heranstürmend brachen die Deutschen durch und verursachten weiträumige Panik unter den Soldaten von
Canrobert. Die französische Reiterei versuchte, die Deutschen zu stoppen; dies wurde aber von den eigenen Soldaten vereitelt, da diese in ihrer Panik auf alle Reiter innerhalb ihrer Schussreichweite feuerten.
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Nachdem sie auftragsgemäß die französische Artillerie und Kavallerie eliminiert hatten, wurde die Reiterbrigade von ca 4000 franz Reitern aus der Seite attakiert - es waren dies
'chasseurs à cheval' und Kürassiere - die Brigade von v. Bredow musste sich zurückziehen. Die Verluste betrugen ungefähr die Hälfte, unter den Verwundeten befand sich auch Herbert von
Bismarck , der Sohn des preußischen Ministerpräsidenten Otto von
Bismarck .
Nach diesem Angriff waren sowohl die deutschen als auch die französischen Truppen erschöpft und litten unter Munitionsmangel. Bis gegen 16 Uhr fanden daher nur wenige Kämpfe
statt.
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Auf deutscher Seite traf gegen 15:30 Uhr der Armeekommandeur Friedrich Karl von Preußen
ein. Er leitete die weitere Schlacht von einer leichten Erhebung südlich von Vionville aus.
Nach der Versorgung griffen gegen 16 Uhr die Franzosen mit dem 3. Korps und einer Division des 4. Korps jetzt von Saint-Marcel und Bruville her wieder an. Dabei wurde der linke deutsche Flügel aus den Tronviller Büschen vertrieben und hinter Tronville zurückgedrängt. In diesem kritischen Augenblick traf nach einem Gewaltmarsch die 20. Infanteriedivision bei Tronville ein. Ein Teil kam der 5. Division zu Hilfe, während die Artillerie den weiteren französischen Vormarsch aufhielt. Im Gegenangriff gelang es dem 79. und 17. Regiment, die Tronviller Büsche wieder zu besetzen.
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Etwa gleichzeitig traf von Westen her ein Teil der 19. Division, die 38. Brigade (mit den Regimentern Nr. 16 und Nr. 57)
auf dem Schlachtfeld ein. Die 38. Brigade hatte auf dem Marsch nach Étain an der Maas bereits einen Marsch von 12 Stunden zurückgelegt. Der Angriff auf die französische Flanke von Mars-la-Tour aus gegen die Höhen von Bruville wurde allerdings von den französischen Divisionen Grenier und Cissey unter schweren Verlusten zurückgewiesen. Auch hier musste die Reiterei rettend eingreifen. Die Gardedragoner warfen die heftig nachdrängenden Franzosen zurück. Der für die Deutschen siegreiche Ausgang eines Reiterkampfs (gegen 19 Uhr abends) bei
Bruville, wo General von Barby
mit fünf Regimentern die französische Kavallerie in die Flucht schlug, bewog General Ladmirault (Kommandeur des 4. Korps), von einem weiteren Angriff auf Mars-la-Tour und Tronville abzusehen, womit die Gefahr für den deutschen linken Flügel abgewendet war. Der rechte preußische Flügel hatte von Friedrich Karl
den Befehl erhalten, nur seine Stellung zu behaupten.
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Bazaine begnügte sich seinerseits damit, seine Verbindung nach Metz zu sichern, und unterließ es daher, seine Übermacht zu einem entscheidenden Angriff zu verwenden. Die vereinzelten Angriffe der Franzosen hatten daher ebenso wenig Erfolg wie anderseits die Vorstöße der zur Verstärkung der 5. Division herankommenden deutschen Truppenteile vom X. und VIII. Korps. Teile dieser Einheiten, z. B. die 16. Division waren, ohne einen Befehl abzuwarten, in Richtung auf den Gefechtslärm aufgebrochen.
Dabei wurde besonders um eine Anhöhe südlich von Rezonville erbittert gekämpft. Dreimal wurde diese Anhöhe von preußischen Einheiten, bestehend aus der 32. Infanteriebrigade (72. und 40. Regiment) von der 16. Division, verstärkt durch das 11. Regiment vom IX. Korps genommen, sie mussten sich aber jeweils nach Gegenangriffen der Franzosen wieder zurückziehen. Erst als es bereits dämmerte, gelang die endgültige Eroberung diese Anhöhe, nachdem die Artillerie und die 14. Brigade von der 6. Kavalleriedivision ebenfalls mit angriffen. Die Kämpfe endeten erst gegen 22 Uhr.
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Die französischen Verluste beliefen sich an Toten, Verwundeten und Gefangenen auf 879 Offiziere und 16.128 Mann, die deutschen auf 711 Offiziere und 15.079
Mann. Die Schlacht war ein taktisches Unentschieden, aber ein großer strategischer Sieg für die
Deutschen. Bazaine konnte mit seinen Truppen nicht mehr nach Verdun flüchten, sondern hatte seinen Truppen den Rückzug in die Festung Metz befohlen.
Gründe hierfür waren neben den hohen Verlusten auch der Mangel an Munition. Der geplante Rückzug in Richtung Verdun war damit zunächst abgebrochen, aber erst in der Folge der Schlacht von Gravelotte
zwei Tage später gelang die Einschließung der französischen Armee in die Festung Metz.
Von Bredows erfolgreicher Angriff hatte einen entscheidenden Einfluss auf die zukünftige Kriegsführung. Der Erfolg der Kavallerie zeigte, dass Reiter immer noch eine wichtige Rolle in der Schlacht spielen konnten. Bis zum Ersten Weltkrieg unterhielt jedes europäische Land Kavallerietruppen..
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Am 17.August war Ruhe, auch um beiderseits die Verbände neu zu ordnen. Am 18.August lebten mit
der Schlacht von Gravelotte die Gefechte wieder auf.
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Weitere
Infos:
Der Trompeter von Mars-la-Tour [aus: 'Die Gartenlaube', Heft 34, 1872]
„Der sechszehnte August brach an. Wir ahnten nicht, welch schwerer Tag dies für uns werden sollte. Es wurde früh alarmirt, und eine halbe Stunde später standen wir schon im Feuer. Der Feind behauptete eine feste Stellung, wir zogen uns zurück, andere Befehle erwartend. Nachdem schon viele Menschen unsererseits geopfert waren, bekam unser Regiment, vereint mit den Sechszehner-Ulanen, den Befehl, das fast Unmögliche zu thun: den Feind durch eine kühne Attaque
aus seiner festen Stellung zu werfen. Und das wurde auch ausgeführt, freilich mit schweren Opfern. Zwei Drittel unseres Regiments waren todt und verwundet. Mit völliger Todesverachtung ritt auch ich dem Feind entgegen, jedoch je weiter ich in den Feind hineinritt, desto weniger wurden meiner Cameraden. Zuletzt waren wir noch unser Sechs. Da machten wir denselben Weg über Hunderte von Leichen wieder zurück. Mein Rappe blutete bereits aus fünf Wunden. Endlich angekommen bei meinem Commandeur, befahl mir dieser, Appell zu blasen. Aber welch kläglicher Ton kam da zum Vorschein! Meine Trompete war von einer Kugel durchbohrt worden, ohne daß ich etwas davon wußte. Sie war mir auf dem Rücken zerschossen. Ich brauch’s nicht zu verschweigen, daß ich in Folge dieses Ritts einer der Ersten in unserem Regiment war, der mit dem eisernen Kreuz geschmückt wurde.“
Hier haben wir die einfache Darstellung der Thatsache von der Hand des Trompeters, August Binkebank in Halberstadt selbst. Wir begehen gegen ihn sogar ein Unrecht mit dieser Mittheilung, denn sie ist nicht etwa von ihm direct an uns zur Veröffentlichung, sondern an einen seiner Anverwandten in einem vertraulichen Briefe gerichtet. Wenn aber der brave Mann bedenkt, daß er durch dieses Ereigniß der Geschichte angehört, so wird er zugeben, daß es besser ist, die Nachwelt erfährt dies von ihm selbst, als durch Hörensagen.
Bekanntlich war die Schlacht bei Vionville mit ihrem großartigen Reitergefecht bei Mars-la-Tour eine der gefahrdrohendsten und deshalb für die Deutschen blutigsten des Krieges. Die Deutschen standen an den für den Tag wichtigsten Stellen einer concentrirteren Uebermacht gegenüber und mußten darum außerordentliche Opfer an tapferer Mannschaft bringen. Namentlich wurde der linke Flügel durch den Feind, der durch Wälder gedeckt und auf Höhen vortheilhaft aufgestellt war, schwer bedroht. Schon hatte in einem Waldgefecht nördlich von Vionville die Division Buddenbrock nur durch große Verluste die feindliche Artillerie verdrängen können; da wurde sie durch eine neue Aufstellung dieser Artillerie auf einem östlichen Plateau in noch größere Gefahr gebracht, und da war es, wo General Bredow den Auftrag erhielt, mit seiner Reiterbrigade durch den kühnen Angriff auf Infanterie und Artillerie der Franzosen der hartbedrängten sechsten Division Luft zu machen. „Das Geschick des Tages hängt vom Erfolge ab!“ So lautete die Weisung.
Sechs Schwadronen stark, drei vom Kürassierregiment Nr. 7 und drei vom Ulanenregiment Nr. 16, jene geführt vom Oberstlieutenant Grafen v. Schmettow, diese vom Oberstlieutenant v. d. Dollen, sprengte die Brigade gegen den Feind. Vom heftigsten Feuer empfangen, durchbrachen dennoch die Ulanen den rechten Flügel des sechsten französischen Corps, Infanterie, und die Kürassiere drangen in die Batterie ein und hieben deren Bedienung nieder. So gelangten sie auf das zweite Treffen des Feindes. Aber die französische Cavalleriedivision de Forton wirft sich auf ihre Flanke, das erste Infanterietreffen schließt sich hinter ihnen wieder zusammen, und nur mit den größten Verlusten eröffnen sie sich den Rückzug.
Als das gerettete Häuflein im Sichern war, zählte Schmettow von den dreihundertzehn Mann, die er in’s Gefecht geführt, nur noch hundertvier. Von den Ulanen Dollen’s, der selbst mit dem Roß gestürzt und gefangen war, standen neunzig Mann da! Von elf Trompetern war nur Einer vorhanden – alle anderen waren gefallen, verwundet oder irrten ohne Rosse umher –, und selbst diesem Einen war die Trompete zerschossen. Von Bredow’s sechs Schwadronen kehrten drei schwache Züge zurück, aber die Helden der zwölften Cavalleriebrigade hatten „ihre Schuldigkeit“
gethan.
Schließen wir diese Erinnerung an einen großen Augenblick der größten deutschen Zeit mit Ferdinand Freiligrath’s
unsterblichem Trompeter-Liede:
Sie haben Tod und Verderben gespie’n:
Wir haben es nicht gelitten.
Zwei Colonnen Fußvolk, zwei Batterie’n,
Wir haben sie niedergeritten.
Die Säbel geschwungen, die Zäume verhängt,
Tief die Lanzen und hoch die Fahnen,
So haben wir sie zusammengesprengt, –
Kürassiere wir und Ulanen.
Doch ein Blutritt war es, ein Todesritt;
Wohl wichen sie unsern Hieben,
Doch von zwei Regimentern, was ritt und was stritt,
Unser zweiter Mann ist geblieben.
Die Brust durchschossen, die Stirn zerklafft,
So lagen sie bleich auf dem Rasen,
In der Kraft, in der Jugend dahingerafft, –
Nun, Trompeter, zum Sammeln geblasen!
Und er nahm die Trompet’, und er hauchte hinein;
Da, – die muthig mit schmetterndem Grimme
Uns geführt in den herrlichen Kampf hinein, –
Der Trompete versagte die Stimme!
Nur ein klanglos Wimmern, ein Schrei voll Schmerz,
Entquoll dem metallenen Munde;
Eine Kugel hatte durchlöchert ihr Erz, –
Um die Todten klagte die wunde!
Um die Tapfern die Treuen, die Wacht am Rhein,
Um die Brüder, die heut gefallen, –
Um sie alle, es ging uns durch Mark und Bein,
Erhub sie gebrochenes Lallen.
Und nun kam die Nacht, und wir ritten hindann;
Rundum die Wachtfeuer lohten;
Die Rosse schnoben, der Regen rann –
Und wir dachten der Todten, der Todten!
Es ist wohl durch Freiligrath, der seinem Gedicht die Ueberschrift „Die Trompete von Gravelotte“ gab, die irrige Bezeichnung der Schlacht entstanden; da das Factum dem 16. August angehört, so kehren wir zur richtigen Benennung des Schlachtorts zurück.