Mittwoch, 24. Dezember 2014

Weihnachtsflut 

vom 24. Dezember auf den 25. Dezember 1717. 

Sturmflut an der kontinentaleuropäischen Nordseeküste. Es ertranken etwa 12.00 Menschen.

 

Die Sturmflut vom 24. Dezember auf den 25. Dezember 1717 an der kontinentaleuropäischen Nordseeküste wurde von einem plötzlich einsetzendem Nordweststurm 5 Stunden vor der Flutzeit verursacht. Die Deiche brachen und das Wasser ergoss sich in die tiefliegenden Küstengebiete. 

 

Bereits am Tag vor Weihnachten hatte es ein Unwetter gegeben. Rechtzeitig zum Weihnachtsfest aber beruhigte sich das Wetter, die Menschen besuchten beruhigt die Kirche, feierten den Heiligen Abend und legten sich schlafen. Doch mitten in der Nacht flammte der Wind wieder auf und entwickelte schnell Orkanstärke. In kürzester Zeit stieg das Nordseewasser bedrohlich an. Die ohnehin schon geschädigten Deiche hielten dem Ansturm nicht lange stand, ein Deich nach dem anderen brach und das Wasser strömte ins Land.

Das Wasser kam so plötzlich, dass niemand gewarnt werden konnte. Im Schlaf vom Wasser überrascht kletterten die Menschen auf die Dächer ihrer Häuser- die meisten hatten nicht einmal die Zeit, sich etwas anzuziehen. Viele Häuser hielten den Wassermassen nicht stand und brachen auseinander. Somit gerieten immer mehr Menschen in die kalten Fluten. Sie klammerten sich an alles, was ihnen halt gab: Bäume, dahin gleitende Möbelstücke. Manch einer hatte das Glück den Fluten zu entkommen und auf einer sicheren Anhöhe zu stranden um dann doch an Unterkühlung zu sterben. Viele Menschen mögen den Tod eines nahen Angehörigen hilflos beobachtet haben. Schreie drangen durch die Nacht- Hilfe konnte nur in wenigen Fällen geleistet werden.

Erst am nächsten Morgen wurde das ganze ausmaß der Katastrophe ersichtlich. Zwei bis drei Meter hoch stand das Wasser. Bis auf die Geest stand ganz Ostfriesland unter Wasser. Sogar Schiffe waren durch den Sturm über die Deiche ins Land getrieben worden. Viele Häuser waren fort, Leichen und Tierkadaver überall und soweit das Auge reichte. Wer auf dem Geestrücken wohnte war plötzlich zu einem Küstenbewohner geworden und erblickte nicht selten auf angetriebene Schiffe vor dem Haus. 

Die nächsten Tage waren von Rettungsmaßnahmen geprägt- doch wer die Nacht überlebt hatte, war noch lange nicht gerettet. Es gab nicht genügend Boote für die Rettungsmaßnahmen, da diese alle abgetrieben waren. Es gab keine Möglichkeiten, das Ausmaß der Katastrophe in Gegenden außerhalb Ostfrieslands zu melden- die heutigen Kommunikationsmittel standen schließlich noch nicht zur Verfügung. Viele Menschen, die nicht ertrunken waren, starben an Entkräftung. Nahrungsmittel waren Mangelware, das Wasser der Brunnen war nicht mehr genießbar. Da die kleinen Häuser dem Wasser nicht standgehalten hatten, waren es gerade die einfachen Leute, die nun ihr wenig Hab und Gut verloren und in tiefe Armut gestürzt wurden.

 

Die Flutkatastrophe hatte schwerwiegende Folgen für die betroffenen Nordseeküstenmarschen. Bevölkerungsverluste, wirtschaftlicher Niedergang und Armut prägten die Nordseegemeinden nach dieser Katastrophe. Keine Küstenregion zwischen den Niederlanden und Dänemark blieb von dieser Sturmflut verschont; überall kam es zu zahlreichen Deichbrüchen und verheerenden Überschwemmungen. Zwischen Tondern im nördlichen Herzogtum Schleswig und dem ostfriesischen Emden ertranken etwa 9.000 Menschen; dazu kamen noch über 2.500 Tote in den Niederlanden.

Alle Küstenländer erlitten durch die Weihnachtsflut von 1717 große Verluste an Pferden, Rindern, Schweine und Schafen. In Ostfriesland gingen 2.300 Pferde, 9.500 Rinder, 2.800 Schafe und 1.800 Schweine ein. Außerdem wurden Tausende von Häusern von den Wellen weggerissen oder schwer beschädigt. Allein in Ostfriesland wurden 900 Häuser weggespült und 1.800 beschädigt.
Da eine schnelle Beseitigung der Deichschäden unmöglich war, konnte das Wasser stellenweise noch sechs Jahre lang ins Land strömen.
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AWeitere Infos:   

Aus einem zeitgenössischen Bericht:

"Die mehresten Häuser waren in den Gegenden, in welchen die Deiche niedergeworfen worden, eingerissen oder vertrieben, und die noch standen, wankten bey jedem Wellenschlag. So weit das Auge reichte, sahe man, gleich dem Schiffbruch, Dächer der Hauser, Balken, Bretter, Sparren, Schränke, Kisten, Betten, Menschen, Kühe, Pferde, Ochsen, Schweine, Hunde, Hasen, Korn und Haufen ungedroschener Fruchte Md Heues, durcheinander vermischt, umher treiben- Auf einigen dieser Haufen sahe man Bewegung und Leben; es waren Menschen, welche auf Heu- oder Kornschobern, auf Balken und Brettern ihre Errettung gesucht hatten. Dort erblickte man nackende Menschen, welche die Fluth in ihren Betten überrascht hatte; ganze Familien, Männer, Weiber, Väter, Mütter, Kinder, Säuglinge und Erwachsene trieben daher, festgeklammert an Balken und Dächern. Hier sah man andere Unglückliche an den Dächern der wankenden Häuser und an den Gipfeln überhangender Bäume schweben. Umsonst hallte ihr Klageton über die Gewässer, die Häuser sanken und die Bäume fielen; oder Hunger, Kälte, Entkräftung, Muthlosigkeit begrub sie unter, den Wellen. 

Diejenigen, welche dem Tode entgangen waren, machten gleich nach dem Sturme Anstalten zur Bergung und Rettung der noch herumtreibenden und hängenden Menschen und Sachen. Das schöne Wetter am 28sten December war diesem Vorhaben günstig. Es waren der Unglücklichen noch genug, welche hie und da auf Heu - und Strohhaufen, zerrissenen Häusern und Baumgipfeln ihre von Hunger und Frost erschlaften Arme ausstreckten. Dürftig hatten sie sich mit vorbeytreibenden Wurzeln, Rüben, rohen Bohnen, ungedroschenem Getreide und Kohlstengeln gesättiget; vergeblich mit Salzwasser oder ihrem eigenen Urin den Durst gelöschet.

Das feindselige Meer hatte sich nun von dem verwüsteten Lande ganz zurückgezogen und jezt eine neue Scene des Jammers eröfnet. Hier erblickte man erstarrte Mütter mit ihren. Säuglingen in den Armen, Eheleute mit Stricken an einander gebunden. Dort an den Bäumen scheusliche Leichen hangend und auf den Aeckern von Hunden und Raubvögeln Angefressene liegend, welche zusammengesucht und in großen Löchern verscharrt wurden. Einige derselben zog man unter den Ruinen ihrer Häuser, andere unter dem Schlamm hervor.

Es gab der Bösewichter viele, welche, nachdem sie selbst kurz vorher, halb nackend und halb todt, erquickt, hergestellt und gerettet worden, sich aufs Rauben und Plündern legten, und sich beym allgemeinen Schiffbruch für ihren eigenen Verlust schadlos zu machen suchten.

Das größte Uebel, mit welchem die armen Schifbrüchigen zu kämpfen hatten, war der Mangel an frischem Wasser. Alle Kanäle, Brunnen und Regenkeller waren mit Schlamm und Seewasser angefüllt, und so geschwinde ließen sie sich nicht reinigen. Menschen und Vieh schmachteten vor Durst, den man nur kümmerlich mit Schnee löschte. Wer noch einen reinen Brunnen hatte, der verkaufte das Wasser zu einem so hohen Preise, daß es der Arme nicht bezalen konnte. Hin und wieder grub man Löcher in die Erde, um eine Quelle süßen Wassers zu finden; und fand man eine: so mußte man sie wegen der Diebe mit einer tüchtigen Wache besetzen. Dieser elende Zustand dauerte nicht blos einige Wochen, sondern den ganzen Winter hindurch; denn weil das Land offen lag: so trat die See mit jeder Fluth wieder ins Land, und zerstörte mit jedem Sturm, was mit vieler Mühe nothdürftig am Deiche hergestellet worden war."
ABCDABCD

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