Die
Wirklichkeit der Meinungsfreiheit
München - Vor der 1. Strafkammer am Landgericht München II
findet seit Mittwoch unter dem Vorsitzenden Richter Martin Rieder wieder
ein Prozess wegen 'Volksverhetzung' gegen die Dissidentin Sylvia
Stolz
aus Ebersberg statt. Diese hatte im Januar 2013 auf der "8.
Internationalen Konferenz der Anti-Zensur-Koalition" des Schweizers
Yvo Sasek
in Chur einen Vortrag gehalten zum Thema: "Sprechverbot-
Beweisverbot- Verteidigungsverbot - Die Wirklichkeit der
Meinungsfreiheit" .
Stolz wird vom Berliner Rechtsanwalt Wolfram Nahrath verteidigt. Die Staatsanwaltschaft hat Stolz wegen Volksverhetzung, Verleumdung sowie wegen Missbrauchs von Berufsbezeichnungen angeklagt.
Im September 2011 hatte das Münchner Anwaltsgericht ihr wegen Ihrer
Verteidigung verschiedener Dissidenten die Ausübung des Rechtsanwaltsberufs untersagt.
Stolz hatte in ihrer Rede unter anderem gesagt, dass weder Pläne noch Befehle existierten, aus denen die Absicht der Nationalsozialisten hervorgeht,
die Judenheit ganz oder teilweise zu zerstören. Im Januar 2013 hatte ein
Schweizer Rechtsanwalt Anzeige gegen Stolz bei der Staatsanwaltschaft Graubünden
erstattet. Diese reagierte hierauf mit einer Gegendarstellung auf
Video .
Darin warf sie dem Rechtsanwalt vor, er habe den tatsächlichen Inhalt ihres Vortrages nicht zur Kenntnis genommen. Die ihr zur Last gelegte Leugnung des Holocaust habe der Anzeigenerstatter durch eigene Formulierungen fingiert. Diese Äußerungen von Stolz, so die Staatsanwaltschaft, seien geeignet,
den Anwalt in seiner Ehre herabzuwürdigen.
Die zweite Anklage bezieht sich auf einen Schriftwechsel mit der Staatsanwaltschaft am Landgericht München II aus dem Jahr 2013. Im Briefkopf ihres Schreibens an die Staatsanwaltschaft stand laut Anklage unter dem Namen der 51-Jährigen die Bezeichnung Rechtsanwältin. Diese war mit einer Fußnote versehen. In der dazu gehörenden Erläuterung am Ende der Seite stand: "Seit 16. Dezember 2011 aus der Rechtsanwaltschaft der BRD ausgeschlossen wegen sog. Holocaustleugnung vor Gericht."
Nach der Verlesung der Anklagen trug Verteidiger Nahrath drei Anträge vor.
Das Gericht wies, wie in Dissidentenprozessen der BDR üblich, alle Anträge zurück. Der Prozess wird fortgesetzt.
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