Maulkorb
für große Tiere
München Gegen die 81-jährige Ursula Haverbeck-Wetzel
(oben) und den 91 Jahre alten Georg Wiesholler
aus Ottobrunn findet seit Montag vor dem Landgericht München wegen
'Volksverhetzung' ein Prozess statt. Die Angeklagten sollen eine
76 Seiten starke, den HOLOCAUST in satirischer Weise verharmlosende
Schrift "Amalia Hinterwäldlerin vor Gericht" verfasst und an 33
Schulen in Brandenburg, Bayern und Baden-Württemberg verteilt
haben. Angeklagt ist auch die 66 Jahre alte Margret Nickel,
Schriftführerin und Organisationsleiterin der Gesellschaft für freie
Publizistik e.V. in Oberboihingen . Ihr wird vorgeworfen, die Broschüren
an verschiedene Schulen in Deutschland versendet zu haben. Sie habe zudem ihre "Klosterhaus-Buchhandlung"
im hessischen Wahlsburg-Lippoldsberg
für Nachbestellungen zur Verfügung gestellt. Auf die Frage des Vorsitzende Richters der zweiten Strafkammer am Landgericht München, Norbert
Riedmann (Miite), nach ihrer Staatsangehörigkeit antwortete
Haverbeck: "Deutsches Reich". Sie bestritt, den HOLOCAUST zu
'leugnen'. Leugnen könne man nur, was man selbst weiß. "Wenn ich wegen
HOLOCAUST-Leugnung angeklagt werde, dann muss doch erst einmal geklärt werden, was das ist",
bemerkte sie. Die Rede-, Presse- und Meinungsfreiheit werde durch den Volksverhetzungsparagraphen
130 des deutschen Strafgesetzes eingeschränkt, der abgeschafft werden
müsse. Das Publikum reagierte auf diese Forderung mit Applaus. Haverbeck
erwähnte, sie hätte die einzelnen Kapitel der Schrift immer dem
Staatsschutz übergeben, und der zuständige Beamte habe diese nie
beanstandet. Die Verteidigung beantragte die Vernehmung des bisher nicht
geladenen Beamten. Haverbeck sagte noch, sie sei keine Expertin für Gaskammern, aber
Riedmann auch nicht. Einige Prozessbeobachter
hatten die Schrift "Amalia Hinterwäldlerin vor Gericht" vor sich liegen. Als ein Zuschauer das Heft am Rande der Verhandlung
verteilte, ließ Staatsanwalt Hans-Joachim Lutz (unten) dessen Personalien
feststellen und kündigte an: "Das gibt das nächste Verfahren". Am
Mittwoch verurteilte Richter Riedmann die Angeklagte zu einer Bewährungsstrafe von sechs Monaten,
zusätzlich zu einer Geldstrafe von 1.000 Euro. Den 91 Jahre alten Mitangeklagten
Georg Wiesholler verurteilte Riedmann zu einer Geldstrafe von 600 Euro
wegen Beihilfe zur Volksverhetzung. Staatsanwalt Lutz hatte für Haverbeck neun Monate Haft auf Bewährung
und für Wiesholler 1.350 Euro Geldstrafe gefordert. Die Verteidigung hatte für beide Angeklagten Freisprüche
beantragt. Riedmann kündigte an, die noch bestehenden Exemplare der Schrift würden
eingezogen und sagte, er habe sich mit der Strafaussetzung zur Bewährung
schwer getan, weil er massive Zweifel habe, dass die Angeklagte ihre Auffassung noch ändere. Sie dürfe
zwar ihre freie Meinung haben, aber nicht äußern. Verhandlungsort:
Landgericht München I
Raum B -162/1
Nymphenburger Straße 16
80335 München. http://www.justiz.bayern.de/gericht/lg/m1/ Infos:
Pressereferentin Margarete Nötzel (089-5597-3036) oder deren Vertreter Hans-Kurt Hertel (089-5597-4480), sowie
bei der Pressegeschäftsstelle (089-5597-4167).
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