Unkoscheres
aus Oberprex
Oberprex
- Das kleine Dorf nahe der böhmischen Grenze im Landkreis Hof gehört zur Gemeinde Regnitzlosau
ist seit einem
Jahr in vieler Munde. Die dortige seit Jahren leerstehende Gaststätte 'Restaurant zum Egerländer'
wurde am 25. März 2010 von einer 52-jährigen Frau aus Töpen
bei Hof gekauft. Der ursprünglich vom Vorbesitzer verlangte Kaufpreis von 30.000 Euro
konnte von der Erwerberin auf 7.000 Euro gedrückt werden.
Regionaldullis glauben herausgefunden zu haben, dass der fränkische
Nationalist Tony Gentsch (dieser hat Anfang April 2011 eine längere
Haftstrafe wegen §130
angetreten) für den Kauf verantwortlich sei und ärgern sich über dessen
Schnäppchen. Der gelernte Metzger und Rock-Musiker - seine Band heißt 'Braune Brüder'
- wohnt
ebenfalls in Töpen
und kam aus Sachsen nach Oberfranken. Gentsch betreibt die Internetseite von
'Freies Netz Süd' .
ABCD Nicht
einmal 100 Menschen wohnen in Oberprex. Das Dorf ist so klein, dass es über keine Straßennamen verfügt. Die Gemeinde hat die Grundstücke durchnummeriert, das
'Restaurant zum Egerländer' hat die Nummer 47. Der ehemalige Gasthof besteht aus einem kleinen Saalanbau, der Gaststube, aus etwa acht ehemaligen Gasthofzimmern und Garagen. Außerdem verfügt das dicht eingewachsene Gebäude noch über einen kleinen, uneinsehbaren ehemaligen Biergarten.
Gentsch koordinierte nach dem Erwerb der Immobilie deren Renovierung durch
verschiedene Jugendliche. Der Garten wurde neu angelegt, die Zimmer
tapeziert usw. Am Samstag, 12. Juni 2010 feierten etwa 45 Personen die
Fertigstellung des neuerworbenen Eigentums.
ABCD
Auf
Veranlassung der zuständigen Regional-Dullis: SPD Landtagsabgeordnete Dr. Christoph Rabenstein
aus Bayreuth und Inge Aures
aus Kulmbach, SPD-Ortsvereins-Vorsitzende
Anne Kiefer
, Regina Scholz von der Initiative gegen Rechtsextremismus und Ausländerfeindlichkeit
, SPD-Landrat Bernd
Hering
und Bürgermeister
Hans-Jürgen Kropf
(Freie Wähler) fand auf dem Grundstück der Immobilie Nummer 47 ein
Ortstermin statt. Um den Ehemann der 52-jährigen Frau aus Töpen, der
Mutter von Tony Gentsch, einzuschüchtern, wurde dieser von den anwesenden
Regionaldullis inquisitorisch befragt. Er räumte ein, dass sein Sohn mit Freunden bei der Renovierung
geholfen, nach getaner Arbeit sich abends zum Grillen getroffen und auch
im Hause eine Feier veranstaltet hätten. Bürgermeister Kropf bedauerte,
dass die Gemeinde keinerlei rechtliche Möglichkeiten gehabt habe, den
Kauf zu verzögern oder gar zu verhindern. Er hätte nicht gewusst, wer
dahinterstecke. Er habe jedoch einen 'Runden Tisch gegen Rechtsextremismus in
Regnitzlosau' ins Leben gerufen. MdL
Rabenstein bedauerte ebenfalls das Fehlen rechtlicher Möglichkeiten. MdL
Aures erklärte, es müsse darüber nachgedacht werden, wie den Gemeinden wirksame rechtliche Handhaben gegen
derartige Immobilienkäufe durch unerwünschte Personen gegeben werden könnten.
Landrat Hering sagte, rein rechtlich sei der Verkauf des Objektes von privaten an privat nicht zu unterbinden
gewesen. Als erste außerrechtliche Maßnahme habe er eine 'Task Force' gegründet mit Beteiligung des Landkreises, der Polizei, des Schulamtes und mehrerer Institutionen.
Diese müsse die Kinder überwachen und dafür sorgen, dass sie nicht mit
rechtem Gedankengut in Kontakt komme. Zu den Beschwerden, dass in dem
Anwesen nicht-koschere Treffen stattfänden, sagte die Polizei, dies sei
ihr bekannt. Die Teilnehmer dieser Treffen ließen sich aber nach außen nichts zuschulden
kommen, was ein Eingreifen möglich mache und den Verfassungsschutz auf den Plan rufen könnte.
Die Polizei sei aber massiv präsent.
ABCD
Am 'Runden Tisch gegen Rechtsextremismus in Regnitzlosau' entstand sofort ein
Streit. Die CSU-Dullis Michael Abraham
und Werner Bucher
hatten davor gewarnt, dass Gefahren nicht nur von Rechts-, sondern auch von Linksextremisten
ausgingen.
Neben der SPD-Dulli Anne Kiefer meldeten sich auch die
Schmuddel-Dullis zu Worte: Freie Wähler Regnitzlosau, Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten, DGB. Einvernehmlich kritisierten
letztere Abraham und Bucher für deren Formulierung "Eifrig hocken nun die Sozialisten, die selbst ernannten Demokraten, Sozialverbände und auch Kirchenleute sowie Gewerkschafter beieinander und fordern den erbarmungslosen Kampf gegen
Rechts" als Entgleisungen der übelsten Art, Verlassen des Bodens demokratischer Grundlagen, Beleidigung, Diffamierung.
Der Hofer Dulli- Dekan Günter Saalfrank
forderte, dass der Kampf gegen Rechts zu einem breiten Bündnis aller Parteien und Gruppierungen
führen müsse. Bürgermeister Kropf und Landrat Hering sprachen von
Haarspaltereien.
Als Ergänzung des 'Runden Tischs gegen Rechtsextremismus in Regnitzlosau'
arbeitet Markus Müller im ' mobilen Beratungsteam der Landeskoordinierungsstelle gegen
Rechtsextremismus'.
Er sagte bei einer Bezirksversammlung der oberfränkischen Grünen in Hof:
"In Nordbayern sind die rechtsextremen Strukturen vielfältig. Über die Musikszene versuchten sie, Jugendliche zu gewinnen. Die bekanntesten Bands seien die
'White Rebel Boys' aus dem Kreis Hof, die 'Untergrundwehr' aus Würzburg, die
'Brüder zur Freiheit' aus Hof und die 'Burning Hate' aus dem Kreis Lichtenfels.
Regine Scholz von der 'Initiative gegen Rechtsextremismus und Ausländerfeindlichkeit' in Hof
warnte, die Strategie des Hauskaufs entspräche der neuen Taktik der
'Rechten' und beklagte das gute nachbarliche Einvernehmen mit den neuen
Bewohnern. Dies entspräche durchaus der neuen Taktik. Diese trete nicht mehr in Springerstiefeln und Bomberjacken auf, sondern adrett gekleidet.
Das Dorf entwickele sich zum Haupttreffpunkt der oberfränkischen
Nationalen. Unter
der Leitung der Evangelische Jugendsozialarbeit Hof
wurde dann Ende 2010 auch in Hof ein ' Bündnis gegen Rechts' gegründet.
Der Verfassungsschutz ermittelte, dass rund fünfzig Prozent aller in
Oberfranken beobachteten Veranstaltungen in der ehemaligen Gaststätte 'Zum Egerländer'
stattgefunden haben. Besonders auffällig sei, dass nicht nur Personen aus dem Vogtland und Oberfranken nach Oberprex
kämen, sondern auch aus anderen Bundesländern. Auf der Homepage der 'Kameradschaft
Hof'
würden die Veranstaltungen als 'Solidaritätsveranstaltung für unsere inhaftierten
Kameraden' aufgeführt: Gottfried Küssel , Wolfgang Fröhlich
und Horst Mahler .
Ordentlich parkten die Teilnehmer ihre Autos vor dem Haus mit der Hausnummer 47,
schauten sich kurz um, um dann durch die Tür mit der Aufschrift Privat! Kein
Zutritt! zu verschwinden. Die Nachbarn äußerten, der Tony lade halt gern ein,
anständige Leute eigentlich. Die
US-Lizenzpostille 'Süddeutsche Zeitung' berichtete gestern vorwurfsvoll:
"Ein regelrechtes Public Viewing war das", ärgert sich einer der Nachbarn, der wie so ziemlich alle in Oberprex seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. Er will "das gute nachbarschaftliche Verhältnis" nicht gefährden. Schließlich hätte es schlimmer kommen können: "Stellen Sie sich vor, eine ausländische Familie zieht da ein, die dann Halligalli macht. Ich weiß nicht, ob das besser ist." Der Herr Gentsch achte wenigstens auf Ordnung, und höflich sei er auch.
Als er Dutzende Neonazis zur Einweihungsparty in sein neues Haus geladen hatte und die wenigen Nebenstraßen von Oberprex mit Polizeibussen vollgestellt waren, informierte der Rechtsradikale seine Nachbarn per Postwurfsendung: Linkslastige Medien und "die
Antifa-Journaille" würden "Halbwahrheiten und gezielte Lügen" verbreiten. Er plane in Oberprex kein braunes Zentrum, das Gebäude werde "rein zu Wohnzwecken genutzt, wo natürlich auch mal Geburtstage gefeiert werden".
Elf Monate sind seither vergangen, die Polizei ist verschwunden, die Politiker auch, die Neonazis jedoch sind geblieben. Gentsch sitzt zwar seit April wegen Körperverletzung und Beleidigung im Gefängnis, "revolutionäre nationale Personen" kümmern sich jetzt um das Haus, heißt es auf einer Neonazi-Homepage. Die Partys gehen weiter.
Mindestens vier Veranstaltungen haben Beobachter seit dem Haftantritt von Gentsch im April gezählt. Am 28. Mai etwa referierte der verurteilte Münchner Rechtsterrorist Martin Wiese in Oberprex über "seine bisherigen Erlebnisse als nationaler Aktivist in diesem System". Wiese saß sieben Jahre im Gefängnis, weil er einen Sprengstoffanschlag auf die Grundsteinlegung des Jüdischen Zentrums in München geplant hatte.
Seit er auf freiem Fuß ist, wirbt er für ein kameradschaftsübergreifendes Bündnis. Zuletzt wohl auch in
Oberprex. Am vergangenen Samstag trafen sich die Neonazis wieder. Als die Sonne unterging, standen acht Autos vor der ehemaligen Gaststätte. "Wenn dort Veranstaltungen sind, haben wir natürlich ein Auge drauf", heißt es dazu im Polizeipräsidium Hof. Und die Feier am Samstag? "Da ist nichts bekannt." Auch Bürgermeister Kropf wiegelt ab: "Da deutet nichts darauf hin."
Einige hundert Meter von Gentschs Haus entfernt, im Gasthaus "Zur Linde", wird die Nachricht mit einem Schulterzucken quittiert. Die Handvoll Gäste widmet sich lieber dem selbstgemachten Fichtengelee der Wirtin. Über die Neonazi-Nachbarn reden sie nicht gern.
"Warum auch? Solange sie uns nichts tun." Außerdem habe "der Gentsch" aus einem Schandfleck wieder "was Ansehnliches" gemacht. Geweißelt hat er und Gitter an die Fenster geschraubt - die sollen wohl vor Antifaschisten schützen. Gut so, sagen viele in der "Linde".
Gegen die Neonazis wollen sie lieber nicht demonstrieren. Das mache nur Schlagzeilen, womöglich komme gar die linke
Antifa. "Heiligs Blech, dann wär' hier was los."
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