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Dienstag, 2. Juli 2013

Ferdinand Sauerbruch 

 

* 3. Juli 1875 in Barmen (heute zu Wuppertal)  

† 2. Juli 1951 in Berlin

Deutscher Chirurg.

 

Sauerbruchs Vater starb 1877, danach wuchs er bei seinem Großvater, einem Schuhmacher, in armseligen Verhältnissen auf. In seinen Studienjahren durchlief er mehrere Stationen in Marburg, Jena und Göttingen. Weil der Handwerksbetrieb seines inzwischen verstorbenen Großvaters durch seine Mutter und seine Schwester fortgeführt wurde, konnten seine Studien weiter finanziert werden. 1901 promovierte er zum praktischen Arzt und nahm in den nächsten drei Jahren verschiedene allgemeinärztliche Tätigkeiten in Berlin, Kassel und Erfurt, auf. 1903 begann er seine Arbeit an der chirurgischen Universitätsklinik in Breslau, wo er sich auf die Chirurgie konzentrierte.

Sauerbruch war nicht nur Arzt, sondern auch Wissenschaftler. So betrieb er Grundlagenforschung für die Durchführbarkeit von Operationen im Brustkorb- und Lungenbereich. Er entwickelte ein Druckdifferenzverfahren, das ein Zusammenfallen der Lunge beim Öffnen des Brustkorbes verhinderte. Dies neue Verfahren wurde von ihm im Jahre 1904 vorgestellt. 1905 habilitierte sich Sauerbruch. Nach seiner Tätigkeit im Klinikum Greifswald wurde er Leiter der Poliklinik in Marburg und betrat das Forschungsfeld der Organtransplantation. 

Ab dem Jahr 1910 arbeitete Sauerbruch als Professor und Direktor an der Züricher Universitätsklinik. Er gründete parallel dazu eine Privatklinik, dessen Verwaltung seine Ehefrau übernahm. Bei Kriegsausbruch 1914 meldete er sich freiwillig als beratender Chirurg, kehrte jedoch 1915 in die Schweiz zurück. Dort arbeitete er an der Entwicklung, der später nach ihm benannten „Sauerbruch-Hand“. Eine spezielle Prothese für kriegsgeschädigte Veteranen. Diese Prothese wurde unter Einbeziehung der Muskeln entwickelt und machte somit auch leichte Handbewegungen möglich. 

1918 kehrte Sauerbruch nach Deutschland zurück, wo er dem Ruf der Münchner Universität folgte. Ein weiterer Meilenstein in seiner Prothesen-Chirurgie war die sogenannte „Umkipp-Plastik“. Knochendefekte im Oberschenkelknochen, z.B. durch eine Krebserkrankung, wurden dadurch geheilt, dass der Oberschenkel entfernt wurde und durch gesunde Knochensubstanz des Unterschenkelknochens ersetzt wurde. Nach dem Münchner Marsch auf die Feldherrnhalle am 9. November 1923 behandelte Sauerbruch außerhalb Münchens die verletzte linke Schulter von Adolf Hitler .

 

Die Krönung seiner Laufbahn erlebte er in den Jahren 1928 bis 1949 als Professor für Chirurgie an der Berliner Universität und Direktor der Chirurgischen Universitätsklinik an der Berliner Charité. Hier führte er seine komplizierten und riskanten Operationen durch, die ihm im In- und Ausland ein fast legendäres Vertrauen und Bewunderung eintrugen. 1933 hatte er in einem offenen Brief an die Ärzteschaft der Welt die nationale Wiedergeburt Deutschlands begrüßt. 1934 wurde er zum Staatsrat ernannt. 1937 erhielt er den Deutschen Nationalpreis für Kunst und Wissenschaft (geteilt mit August Bier ). 1943 wurde ihm das Ritterkreuz mit Schwertern des Kriegsverdienstkreuzes verliehen.

 

In der Nachkriegszeit wurde Sauerbruch in Berlin auch von den Sowjets herangezogen: zwei Wochen nach der Kapitulation wurde er als Zuständiger für das Gesundheitswesen eingesetzt, allerdings schon im Oktober 1945 von den alliierten Besatzern wieder entlassen. In seinen letzten Lebensjahren war er weiterhin als Operateur in einer Privatklinik in Berlin-Grunewald tätig, obwohl seine Fähigkeiten durch eine schnell um sich greifenden Zerebralsklerose nachließen. 

Sauerbruch war der führende deutsche Chirurg seiner Zeit und hat in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts die Chirurgie auf neue Grundlagen gestellt. Er war ein genialer, geschickter und schneller Operateur, ein erfinderischer Pionier und ein Meister der Improvisation. Tausende verdanken seinen zuweilen waghalsigen Operationen ihr Leben. Zu seinen besonderen Leistungen zählen seine Eingriffe in den Brustraum und die neuartigen Arm- und Beinprothesen. Ungezählten Amputierten hat er so die Rückkehr ins Arbeitsleben ermöglicht. 

 

Einer seine Patienten war der Künstler Hubert Weber . Weber verlor 1941 auf dem Weg vom Balkan zur russischen Front beide Hände. Er wurde zunächst in ein Wiener Lazarett eingeliefert und dort notdürftig versorgt. Nachdem auch der Knochen am linken Oberarm völlig zertrümmert war, erhielt Weber keinerlei Hoffnung auf Genesung, vielmehr versuchte ihn die Ärzte von der Notwendigkeit einer Amputation des linken Armes bis zum Schultergelenk zu überzeugen. Er bot alle Kraft auf, um dies zu verhindern

 

Weber wurde vom Lazarett in Wien freigestellt und war von 1941 bis 1942 zur Behandlung in der Charité. Er wurde dort innerhalb eines Jahres zehnmal operiert, wobei Sauerbruch alle wichtigen Operationen selbst ausführte. Dabei wurde der linke Oberarm auf einer Länge von 17 cm mit dem halben Schienbein überspannt. Eine erfolgreiche Überspannung in dieser Größenordnung war zur damaligen Zeit eine einmalige Leistung. Nachdem zuerst der rechte Arm soweit wieder hergestellt war, dass Hubert Weber eine willkürlich bewegliche Sauerbruch-Prothese tragen und bedienen konnte, begann er zu zeichnen. 

 

Sauerbruch war von seinen Federzeichnungen beeindruckt und nahm seinen Patienten häufig mit in den Hörsaal, wo er ihn seine neu erworbenen Fähigkeiten demonstrieren ließ. Als der noch schlimmer verletzte linke Arm wieder so weit hergestellt war, dass Weber auch links eine willkürlich bewegliche Sauerbruch-Prothese tragen konnte, begleitete er Sauerbruch auch auf Kongresse, um dort seine Bewegungsmöglichkeiten mit den neuen Händen zu demonstrieren. Sauerbruch erkannte das Talent und auch die Beharrlichkeit von Hubert Weber und riet ihm, Kunst zu seinem Beruf zu machen. Nach seiner Entlassung aus der Charité fertigte Weber ein erstes Portrait von Sauerbruch an. Nach Kriegsende ging Weber an die Akademie nach Stuttgart und wurde später ein bekannter Künstler. 

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