Paul Schneider
* 29. August 1897 in
Pferdsfeld
†
18. Juli 1939 im
KL Buchenwald
Deutscher
evangelischer Pfarrer, Mitglied der Bekennenden Kirche
.
Paul Schneider wurde als zweiter von drei Söhnen in Pferdsfeld auf dem Hunsrück geboren. Sein Vater
war reformierter Pfarrer, hatte 1888 geheiratet und die Pfarrstelle in Pferdsfeld angetreten. Die ersten 13 Jahre seines Lebens verbrachte Schneider in der ländlichen Idylle des Hunsrücks, bis sich sein Vater gezwungen sah, wegen zunehmender Arthritis seiner Frau an einen anderen Ort mit
trockenerem Klima umzuziehen. Zu Ostern 1910 trat der Vater die Pfarrstelle der pfarramtlich verbundenen Kirchengemeinden Hochelheim
und Dornholzhausen an, einer ebenfalls ländlichen Gegend bei Wetzlar in Mittelhessen. Dennoch verschlechterte sich der Gesundheitszustand seiner Mutter zunehmend.
Schneider wechselte vom Gymnasium in Bad Kreuznach nach Gießen. Kurz nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges starb seine Mutter.
Im Juni 1915 bestand er das Notabitur. Schneider meldete sich freiwillig zum Kriegsdienst. 1918 wurde er zum Leutnant der Reserve ernannt.
Nach dem Ende des Krieges begann er, in Gießen Evangelische Theologie zu studieren. Als Mitglied der Marburger Studentenverbindung nahm er
am Kampf gegen die kommunistischen Aufständischen in Thüringen teil . Das dritte Semester studierte er an der
Universität Marburg; anschließend ging er nach Tübingen. Dort wohnte er
bei der Pfarrersfamilie Dieterich in Weilheim als Untermieter, später heiratete er dort deren jüngste
Tochter
.
Am 29. August 1921 meldete Schneider sich beim Konsistorium der Rheinprovinz in Koblenz zum
an. Nach dem 'Ersten Theologischen Examen' im Mai 1922 entschloss er sich zu einem Arbeitseinsatz
bei den Stahlwerken in Dortmund. Im Oktober 1922 begann er seine praktische Ausbildung als Vikar, verbunden mit dem Eintritt ins Predigerseminar Soest.
Nach dem 'Zweiten Theologische Examen' ging er nach Berlin, um bei der dortigen Stadtmission zu arbeiten.
Ende Januar 1925 wurde er ordiniert und trat in Essen-Altstadt seine erste Stelle als Hilfsprediger an.
Am 4. September 1926 trat er die Nachfolge seines Vaters in Hochelheim und Dornholzhausen
an. Im August 1926 heiratete er Margarete Dieterich. Aus der Ehe gingen sechs Kinder hervor.
Als am 21. März 1933 der neue Reichstag zusammentrat, sollten von 12.00 Uhr bis 12.30 Uhr im ganzen Land die Glocken geläutet werden.
Gegen den Willen seiner Presbyter weigerte sich Schneider, die Glocken
läuten zu lassen. Wegen des Konflikts mit seinem Presbyterium und freimütiger Äußerungen
gegenüber staatlichen Amtsträgern konnte er schließlich nach Ansicht der Kirchenleitung nicht länger in Hochelheim
bleiben und trat eine neue Stelle bei den reformierten Evangelischen Kirchengemeinden Dickenschied und Womrath im Hunsrück
an.
Wegen
eines Streits bei der Beerdigung eines Hitlerjungen mit dem zuständigen
NS-Kreisleiter kam es am Tag darauf, am 13. Juni 1934, zu Schneiders erster Verhaftung.
1935 weigerte sich Schneider trotz staatlichem Verbot, auf eine
staatskritische Abkündigung zu verzichten und wurde wieder drei Tage inhaftiert.
Zwei Familienväter seines Pfarrbezirks schloss er 1937 von allen kirchlichen Rechten, unter anderem vom
Abendmahl aus, weil sie ihre Kinder durch einen auswärtigen
deutsch-christlichen Pfarrer den Konfirmandenunterricht erteilen ließen.
Hierzu bedurfte es zunächst einer dreimaligen öffentlichen Abkündigung im Gottesdienst.
Nach der zweiten wurde Schneider in Schutzhaft genommen
Nach seiner Freilassung eröffnete man ihm, dass er Aufenthaltsverbot für die Rheinprovinz habe, also auch für seine Gemeinden im Hunsrück.
Er hielt sich deswegen zunächst eine Weile in Hessen und Baden auf,
kehrte aber bald zurück, nicht ohne dem Reichsinnenminister und der Reichskanzlei seine Entscheidung ausführlich zu begründen. Mit
seiner Ausweisung unterliefe der Staat die Trennung von Kirche und Staat. Schneider hielt am 3. Oktober 1937 den Gottesdienst zum Erntedankfest in Dickenschied. Auf dem Weg zum Gottesdienst in Womrath, der am Nachmittag stattfinden sollte, wurde er verhaftet, weil
Einwohner aus Dickenschied zwischenzeitlich die Polizei benachrichtigt
hatten. Schneider wurde in das Gefängnis der Geheimen Staatspolizei Koblenz gebracht.
Im November 1937 wurde Schneider nach Weimar in das neu errichtete KL Buchenwald
verlegt. Als er bei einem Fahnenappell anlässlich des Führergeburtstages am 20. April 1938 den Hitlergruß verweigerte, seine Mütze nicht abnahm und als Begründung angab: „Dieses Verbrechersymbol grüße ich nicht!“, wurde er
mit Stockschlägen bestraft und in eine Einzelzelle des Arrestgebäudes
eingeliefert.
Alle gegen ihn bei einem Sondergericht in Köln anhängigen Verfahren waren am 10. Juni 1938 eingestellt worden, da nur eine geringe Strafe zu erwarten war. Er hätte das
KL auf der Stelle verlassen können, wenn er sich dem Ausweisungsbefehl aus der Rheinprovinz gebeugt hätte, was er aber nicht
tat. Nach Aussage seiner Familie und des derzeitigen Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland, Nikolaus Schneider
, wurde Schneider im KL Buchenwald am 18. Juli 1939 durch den Lagerarzt Erwin Ding-Schuler
durch eine Überdosis des Herzmedikaments Strophanthin
ermordet. Seine Frau erhielt die Möglichkeit, den Leichnam nach Dickenschied zu
holen, wo unter großer Anteilnahme die Beisetzung stattfand.
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