Wilhelm Liebknecht
* 29. März 1826 in Gießen
† 7. August 1900 in
Charlottenburg
ABCD Mitbegründer der
deutschen Sozialdemokratie.
Liebknecht war Spross einer Beamten- und Gelehrtenfamilie, deren familiäre Überlieferung sich der Verwandtschaft zu Martin Luther
rühmte. Nach Gymnasialabschluss in Gießen studierte er 1842 bis 1847 Philologie, Theologie und Philosophie in Gießen, Berlin und Marburg. Im September 1848 beteiligte er sich am
Hecker-Struve-Putsch
in Baden. Im Mai 1849 aus dreivierteljähriger Untersuchungshaft befreit, nahm er aktiv an der
„Reichsverfassungs- Kampagne“
teil. Liebknecht konnte in die Schweiz entkommen, wo er sich in Genf um die Zentralisierung der deutschen demokratischen und Arbeitervereine bemühte. Im Februar 1850 verhaftet und im April ausgewiesen, gelangte
Liebknecht nach London, wo das Zusammentreffen mit Karl Marx
für seinen weiteren Lebensweg entscheidend wurde. Marx äußerte sich
über Liebknecht folgendermaßen: „Liebknecht ist ebenso schriftstellerisch unbrauchbar wie er unzuverlässig und charakterschwach ist. Der Kerl hätte diese Woche einen definitiven Abschiedstritt in den Hintern erhalten, zwängen nicht gewisse Umstände, ihn einstweilen noch als Vogelscheuche zu verwenden." Nach allgemeiner Amnestie kehrte
Liebknecht 1862 nach Deutschland zurück, wurde im Sommer 1863 Mitglied des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins (ADAV)
und von Ende 1864 bis Februar 1865 Mitredakteur des „Social-Demokrat“ . Im Juli 1865 aus Berlin und dem preußischen Staatsgebiet ausgewiesen, fand
Liebknecht in Leipzig eine politische Operationsbasis. Hier begann die lebenslange politische Zusammenarbeit mit
dem 14 Jahre jüngeren August Bebel .
1867 wurde Liebknecht im sächsischen Wahlkreis Stollberg- Schneeberg zum Abgeordneten des Reichstags des Norddeutschen Bundes
gewählt. Seit Januar 1868 erschien in Leipzig unter seiner Leitung das „Demokratische
Wochenblatt“ , das zur Konsolidierung der Arbeitervereine beitrug.
Im August 1869 wurde die „Eisenacher Sozialdemokratische Arbeiterpartei
(SDAP)
gegründet, und Liebknecht wurde Chefredakteur ihres Zentralorgans „Der Volksstaat“. Während des deutsch-französischen Krieges 1870/71
solidarisierte sich Liebknecht mit der Pariser Kommune .
Im Leipziger Hochverratsprozess von 1872 wurden Bebel und Liebknecht zu zweijähriger Festungshaft verurteilt. Mit zwei Unterbrechungen 1871 bis 1874 und 1887/88 war
Liebknecht fast drei Jahrzehnte lang Reichstagsabgeordneter. Mit großem Nachdruck engagierte er sich für die sozialdemokratische
Publizistik und für das proletarische Bildungswesen. – Liebknecht war Hauptakteur
bei der Überwindung der Spaltung der deutschen Arbeiterbewegung. Auf dem Gothaer Vereinigungskongress
von 1875 gelang die Verschmelzung des unter Führung Ferdinand Lassalles 1863 gegründeten ADAV
und der SDAP zur Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands (SAPD) . Seit Oktober 1876 übernahm er
in Leipzig die Ko-Redaktion des neu gegründeten Zentralorgans „Vorwärts“
. Im
Juni 1881 wurde Liebknecht aus Leipzig ausgewiesen und musste fast ein Jahrzehnt von seiner in Leipzig verbleibenden vielköpfigen Familie getrennt leben. Im März 1883 sprach er in London am Grab von Karl Marx.
Im Herbst 1886 unternahm Liebknecht eine dreimonatige Agitationsreise durch die USA. Nach
Aufhebung des Sozialistengesetz
1890 übersiedelte Liebknecht mit seiner Familie nach Charlottenburg, um ab
1. Januar 1891 offiziell die Chefredaktion des zum Zentralorgan bestimmten „Vorwärts. Berliner Volksblatt“ zu übernehmen.
Auf dem Parteitag in Halle 1890 wurde die SAPD umbenannt in Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD). 70-jährig erhielt
Liebknecht nochmals wegen Majestätsbeleidigung eine viermonatige Haftstrafe. Insgesamt
verbrachte er über fünf Jahre seines Lebens im Gefängnis. 1900 hielt Liebknecht in Dresden seine letzte Rede, die sich gegen die
Politik des Deutschen Reiches und die Aggression gegen China richtete. Liebknecht starb nach einem Gehirnschlag im Alter von 74 Jahren in Berlin-Charlottenburg. 150.000 Berliner gaben ihm das letzte Geleit. Liebknecht
hatte fünf Söhne: darunter den ältesten Theodor ,
den zweitältesten Karl
und
den drittältesten Otto .
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