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Donnerstag, 22. August 2013

Nikolaus Lenau

* 13. August 1802 in Tschodat im Banat
† 22. August 1850 in Oberdöbling


Deutscher Schriftsteller.

 

Eigentlich Nikolaus Franz Niembsch Edler von Strehlenau. Nachdem sein Vater, ein habsburgischer Beamter, in Budapest im Jahre 1807 gestorben war, blieben die Kinder unter der Obhut der Mutter, die sich 1811 wieder verheiratete. Der Vater war der Spielsucht verfallen und ließ die Familie verarmt zurück. Durch den Einsatz ihres Erbes ermöglichte die Mutter Sohn Nikolaus, das Gymnasium in Pest zu besuchen. 1819 ging Lenau an die Universität Wien, studierte anschließend ungarisches Recht in Pressburg und dann vier Jahre lang Medizin. Er konnte sich für keinen Beruf entscheiden und begann schon als Jugendlicher Verse zu schreiben. Ein 1821 begonnenes und noch mehrere Jahre dauerndes Verhältnis mit der unehelichen Tochter einer Haushälterin führte zu Auseinandersetzungen mit den Großeltern. 1822 verließ er deren Haus. Nach dem Tod seiner Mutter im Jahre 1829 versank er in Schwermut. Lenaus Melancholie mündete zwischen 1832 und 1844 in eine kreative Schaffensphase und ein umfangreiches Werk. Eine Erbschaft seiner Großmutter 1830 erlaubte es ihm, sich ganz der Poesie zu widmen. Seine ersten Gedichte waren schon 1827 erschienen.

Anfang November 1831 kam Lenau nach Heidelberg, um hier die medizinische Doktorprüfung abzulegen. In Heidelberg lernte er Gustav Schwab kennen, der ihm die Veröffentlichung seiner Gedichte bei Cotta vermittelte. 1832 widmete Lenau ihm einen Gedichtband. In Heidelberg war Lenau Mitbegründer der Burschenschaft Frankonia, die am 13. Dezember 1831 nach langen vergeblichen Mühen vom Senat die Zulassung erhielt.  

Europas müde, beschloss Lenau schließlich, sich in den unberührten Urwäldern Nordamerikas als Farmer niederzulassen. Er landete im Oktober 1832 in Baltimore, lebte zunächst in einer Siedlung in Ohio und danach sechs Monate in New Harmony, Indiana. Das Leben in Amerika und der herrschende Materialismus enttäuschten ihn; er sprach vom „englischen Talergelispel“ und bezeichnete die USA als „verschweinte Staaten von Amerika“. 

 

1833 kehrte er nach Deutschland zurück, wo er dank des Erfolgs seines ersten Gedichtbandes Anerkennung fand. Von nun an teilte er sein Leben zwischen Stuttgart und Wien. 1836 erschien sein Drama 'Faust - Ein Gedicht', im nächsten Jahr „Savonarola“, ein episches Werk, in dem Freiheit von politischer und geistiger Tyrannei als wesentliches Merkmal des Christentums erscheint. Seine 'Neueren Gedichte', die 1838 erschienen, sind zum Teil von seiner Liebe für Sophie von Löwenthal , geborene von Kleyle, die Frau eines Freundes, geprägt. 1842 erschienen „Die Albigenser“, und 1844 begann er mit der Niederschrift seines 'Don Juan', wovon ein Fragment nach seinem Tod erschien. Im selben Jahr verfiel er nach einem Schlaganfall in zunehmende geistige Umnachtung, wurde im Oktober 1844 in die Nervenheilanstalt Winnenthal bei Stuttgart eingeliefert und im Mai 1847 in die Pflegestätte des Dr. Görgen in Oberdöbling bei Wien verlegt, wo er noch drei Jahre bis zu seinem Tod verbrachte.

Lenau war der deutschen Literatur der typische Vertreter des Weltschmerzes, der mit Lord Byron
begonnen hatte. Zur deutschen Literatur trug er einen einzigartigen, melancholischen Ton bei, der sich durch weite Teile seiner Dichtung zieht. Zahlreiche seiner Lieder wurden vertont, unter anderem von Robert Schumann , Felix Mendelssohn Bartholdy , Franz Liszt , Hugo Wolf und Richard Strauss . Lenaus Faust inspirierte Franz Liszt zu mehreren symphonischen Dichtungen (Der Tanz in der Dorfschenke, Der nächtliche Zug, Mephisto-Walzer). Richard Strauss folgt Lenaus Don Juan-Fragment in seiner symphonischen Dichtung Don Juan.    

 

Weitere Infos:   


Der Postillion

Lieblich war die Maiennacht,
Silberwölklein flogen,
Ob der holden Frühlingspracht
Freudig hingezogen.

Schlummernd lagen Wies´ und Hain,
Jeder Pfad verlassen;
Niemand als der Mondenschein
Wachte auf der Straßen.

Leise nur das Lüftchen sprach,
Und es zog gelinder
Durch das stille Schlafgemach
All der Frühlingskinder,

Heimlich nur das Bächlein schlich,
Denn der Blüten Träume
Dufteten gar wonniglich
Durch die stillen Räume.

Rauher war mein Postillion,
Ließ die Geißel knallen,
Über Berg und Tal davon
Frisch sein Horn erschallen.

Und von flinken Rossen vier
Scholl der Hufe Schlagen,
Die durchs blühende Revier
Trabten mit Behagen.

Wald und Flur im schnellen Zug
Kaum gegrüßt - gemieden;
Und vorbei, wie Traumesflug,
Schwand der Dörfer Frieden.

Mitten in dem Maienglück
Lag ein Kirchhof innen,
Der den raschen Wanderblick
Hielt zu ernstem Sinnen.

Hingelehnt an Bergesrand
War die bleiche Mauer,
Und das Kreuzbild Gottes stand
Hoch, in stummer Trauer.

Schwager ritt auf seiner Bahn
Stiller jetzt und trüber;
Und die Rosse hielt er an,
Sah zum Kreuz hinüber:

"Halten muß hier Roß und Rad,
Mags euch nicht gefährden;
Drüben liegt mein Kamerad
In der kühlen Erden!

Ein gar herzlieber Gesell!
Herr, ´s ist ewig schade!
Keiner blies das Horn so hell
Wie mein Kamerade!

Hier ich immer halten muß,
Dem dort unterm Rasen
Zum getreuen Brudergruß
Sein Leiblied zu blasen!"

Und dem Kirchhof sandt´ er zu
Frohe Wandersänge,
Daß es in die Grabesruh
Seinem Bruder dränge.

Und des Hornes heller Ton
Klang vom Berge wieder,
Ob der tote Postillion
Stimmt´ in seine Lieder.

Weiter ging´s durch Feld und Hag
Mit verhängtem Zügel;
Lang mir noch im Ohre lag
Jener Klang vom Hügel.


Zitate

Die Amerikaner sind himmelanstinkende Krämerseelen. Eine Niagarastimme gehört dazu, um diesen Schuften zu predigen, dass es noch höhere Götter gäbe, als die, die im Münzhaus geschlagen werden. Man darf diese Kerle nur im Wirtshaus sehen, um sie auf immer zu hassen. Eine lange Tafel, auf beiden Seiten fünfzehn Stühle; Speisen, selbst Fleisch bedecken den ganzen Tisch. Da erschallt die Fressglocke, und hundert Amerikaner stürzen herein, keiner sieht den anderen an, keiner spricht ein Wort, jeder stürzt auf seine Schüssel, frisst hastig hinein, wirft den Stuhl hin und eilt davon, Dollars zu verdienen.

Töricht haschen wir auf Erden
nach des Glückes Irrlichtschein;
wer sich quält, beglückt zu werden,
hat die Zeit nicht, es zu sein.

Trotz allem Freundeswort und Mitgefühlsgebärden,
bleibt jeder tiefe Schmerz ein Eremit auf Erden.

Weltbefreien kann die Liebe nur,
nicht der Haß, der Sklave der Natur.

Viele suchen ihr Glück, wie sie ihren Hut suchen, den sie auf dem Kopf tragen.

Ein offner Wald am Straßensaume
Ist dein Gedicht, du mußts ertragen,
Reibt sich an seinem schönsten Baume
Ein Schwein mit grunzendem Behagen.

Die ganze Welt ist zum Verzweifeln traurig.

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