Text des Friedensschlusses
Im Namen der Allerheiligsten und Untheilbaren Dreieinigkeit!
Seine Majestät der König von Preussen und Seine Majestät der Kaiser von Österreich, beseelt von dem Wunsche Ihren Ländern die Wohlthaten des Friedens wiederzugeben, haben beschlossen, die zu Nikolsburg
am 26. Juli 1866 unterzeichneten Präliminarien in einen definitiven Friedens-Vertrag umzugestalten.
Zu diesem Ende haben Ihre Majestäten zu ihren Bevollmächtigten ernannt und zwar:
Seine Majestät der König von Preussen
Ihren Kammerherrn, Wirklichen Geheimen Rath und Bevollmächtigten, Carl
Freiherrn v. Werther, Grosskreuz des Königlich Preussischen Rothen Adler Ordens mit Eichenlaub und des Kaiserlich Österreichischen Leopold-Ordens u. s. w.
und Seine Majestät der Kaiser von Österreich
Ihren Wirklichen Geheimen Rath und Kammerer, ausserordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Minister, Adolph Maria Freiherrn v.
Brenner-Felsach, Kommandeur des Kaiserlich Österreichischen Leopold-Ordens und Ritter des Königlich Preussischen Rothen Adler-Ordens erster Klasse u. s. w.
welche in Prag zu einer Konferenz zusammengetreten sind und, nach Auswechselung ihrer in guter und richtiger Form befundenen Vollmachten, über nachstehende Artikel sich vereinigt haben:
Artikel I. Es soll in Zukunft und für beständig Friede und Freundschaft zwischen Seiner Majestät dem König von Preussen und Seiner Majestät dem Kaiser von Österreich, sowie zwischen Deren Erben und Nachkommen und den beiderseitigen Staaten und Unterthanen herrschen.
Artikel II. Behufs Ausführung des Artikels VI. der in Nikolsburg am 26. Juli dieses Jahres abgeschlossenen Friedens-Präliminarien und nachdem Seine Majestät der Kaiser der Franzosen durch Seinen bei Seiner Majestät dem Könige von Preussen beglaubigten Botschafter amtlich zu Nikolsburg am 29. Juli eusdem hat erklären lassen :
„qu'en ce qui concerne le Gouvernement de l'Empereur, la Vénétie est acquise á l'ltalie pour lui étre remise á la
paix", - tritt Seine Majestät der Kaiser von Österreich dieser Erklärung auch Seiner Seits bei und giebt Seine Zustimmung zu der Vereinigung des Lombardo- Venetianischen Königreichs mit dem Königreich Italien ohne andere lastige Bedingung, als die Liquidirung derjenigen Schulden, welche als auf den abgetretenen Landestheilen haftend, werden anerkannt werden, in Übereinstimmung mit dem Vorgange des Traktats von
Zürich.
Artikel III. Die Kriegsgefangenen werden sofort freigegeben.
Artikel IV. Seine Majestät der Kaiser von Österreich erkennt die Auflösung des bisherigen Deutschen Bundes an und giebt Seine Zustimmung zu einer neuen Gestaltung Deutschlands ohne Betheiligung des Österreichischen Kaiserstaates. Ebenso verspricht Seine Majestät, das engere Bundes-Verhältniss anzuerkennen,
wie es der König von Preussen nördlich von der Linie des Mains begründen wird, und erklärt Sich damit einverstanden, dass die südlich von dieser Linie gelegenen Deutschen Staaten in einen Verein zusammentreten, dessen nationale Verbindung mit dem Norddeutschen Bunde der
nahen Verständigung zwischen beiden vorbehalten bleibt und der eine internationale unabhängige Existenz haben wird.
Artikel V. Seine Majestät der Kaiser von Österreich überträgt auf Seine Majestät den König von Preussen alle Seine
im Wiener Frieden vom 30. Oktober 1864 erworbenen Rechte auf die Herzogthümer Holstein und Schleswig mit der
Maassgabe, dass die Bevölkerungen der nördlichen Distrikte von Schleswig, wenn sie durcb freie Abstimmung den Wunsch zu erkennen geben, mit Dänemark vereinigt zu werden, an Dänemark abgetreten werden
sollen.
Artikel VI. Auf den Wunsch Seiner Majestät des Kaisers von Österreich erklärt Seine Majestät der König von Preussen sich bereit, bei den bevorstehenden Veränderungen in Deutschland den gegenwärtigen Territorialbestand des Königreichs Sachsens in seinem bisherigen
Umfange bestehen zu lassen, indem Er Sich dagegen vorbehält, den Beitrag Sachsens zu den Kriegskosten
und die künftige Stellung des Königreichs Sachsen innerhalb des Norddeutschen Bundes durch einen mit Seiner Majestät dem Könige von Sachsen abzuschliessenden besonderen Friedensvertrag
näher zu regeln. Dagegen verspricht Seine Majestät der Kaiser von Österreich, die von Seiner Majestät dem Könige von Preussen in Norddeutschland herzustellenden neuen Einrichtungen,
einschliesslich der Territorial-Veränderungen anzuerkennen.
Artikel VII. Behufs Auseinandersetzung über das bisherige Bundeseigenthum wird binnen längstens sechs Wochen nach Ratifikation des gegenwärtigen Vertrages eine Kommission zu Frankfurt a. M.
zusammentreten, bei welcher sämmtliche Forderungen und Ansprüche an den Deutschen Bund anzumelden und binnen sechs Monaten zu liquidiren sind. Preussen und Österreich werden sich in dieser Kommission vertreten lassen, und es steht allen übrigen bisherigen Bundes-Regierungen zu, ein Gleiches zu
thun.
Artikel VIII. Österreich bleibt berechtigt, aus den Bundesfestungen das
Kaiserliche
Eigenthum, und von dem beweglichen Bundeseigenthum den matrikularmässigen Antheil Österreichs
fortzuführen, oder sonst darüber zu verfügen; dasselbe gilt von dem gesammten beweglichen Vermögen des Bundes.
Artikel IX. Den etatsmässigen Beamten, Dienern und Pensionisten des Bundes werden die ihnen gebührenden,
beziehungsweise bereits bewilligten Pensionen pro rata der Matrikel zugesichert;
jedoch übernimmt die Königlicb Preussische Regierung die bisher aus der Bundes-Matrikularkasse bestrittenen Pensionen und Unterstützungen für Offiziere der vormaligen Schleswig Holsteinischen Armee und deren Hinterlassenen.
Artikel X. Der Bezug der von der Kaiserlich Österreichischen Statthalterschaft in Holstein zugesicherten Pensionen bleibt den Interessenten bewilligt.
Die noch im Gewahrsam der Kaiserlich Österreichischen Regierung befindliche Summe von 449,500
Rthlr. Dänische Reichsmünze in vierprozentigen Dänischen Staats-Obligationen, welche den Holsteinischen Finanzen angehört, wird denselben unmittelbar nach der Ratifikation des
gegenwärtigen Vertrages zuruckerstattet.
Kein Augehöriger der Herzogthümer Holstein und Schleswig, und kein Unterthan Ihrer Majestäten des Königs von Preussen und des Kaisers von Österreich wird wegen seines politischen Verhaltens während der letzten Ereignisse und des Krieges verfolgt, beunruhigt oder in seiner Person oder seinem Eigenthum beanstandet werden.
Artikel XI. Seine Majestät der Kaiser von Österreich verpflichtet Sich,
behufs Deckung eines Theils der fur Preussen aus dem Kriege erwachsenen Kosten, an Seine Majestät den König von Preussen die Summe von
Vierzig Millionen Preussischer Thaler zu zahlen. Von dieser Summe soll jedoch der Betrag der Kriegskosten, welche Seine Majestät der Kaiser von Österreich, laut Artikel XII des gedachten Wiener Friedens vom 30. Oktober 1864, noch an die Herzogthümer Schleswig und Holstein zu fordern hat, mit Fünfzehn Millionen Preussischer Thaler und als Aequivalent der freien Verpflegung, welche die Preussische Armee bis zum Friedensschlusse in den von ihr occupirten Österreichischen Landestheilen haben wird, mit Fünf Millionen Preussischer Thaler in Abzug gebracht werden, so dass nur Zwanzig Millionen Preussischer Thaler baar zu zahlen bleiben.
Die Hälfte dieser Summe wird gleichzeitig mit dem Austausche der Ratifikationen des gegenwärtigen Vertrages, die zweite Hälfte drei Wochen später zu Oppeln baar berichtigt werden.
Artikel XII. Die Räumung der von den Königlich Preussischen Truppen besetzten Österreichischen Territorien wird innerhalb drei Wochen nach dem Austausche der Ratifikationen des Friedensvertrages vollzogen sein.
Von dem Tage des Ratifikations-Tausches an werden die Preussischen General-Gouvernements ihre Funktionen auf den rein
militairischen Wirkungskreis beschränken.
Die besonderen Bestimmungen, nach welchen diese Räumung stattzufinden hat, sind in einem abgesonderten Protokolle festgestellt, welches eine Beilage des gegenwärtigen Vertrages bildet.
Artikel XIII. Alle zwischen den hohen vertragsschliessenden Theilen vor dem Kriege abgeschlossenen Vertrage und Übereinkünfte werden, insofern dieselben nicht ihrer Natur nach durch die Auflösung des Deutschen Bundesverhältnisses ihre Wirkung verlieren müssen, hiermit neuerdings in Kraft gesetzt. Insbesondere wird die allgemeine Kartell-Konvention zwischen den Deutschen Bundesstaaten vom 10. Februar 1831, sammt den dazu gehörigen Nachtragsbestimmungen ihre Gültigkeit zwischen Preussen und Österreich behalten.
Jedoch erklärt die Kaiserlich Österreichische Regierung, dass der am 24. Januar 1857 abgeschlossene Münzvertrag durch die Auflösung des Deutschen Bundes-Verhältnisses seinen wesentlichsten Werth für Österreich verliere und die Königlich Preussische Regierung
erklärt sich bereit, in Verhandlungen wegen Aufhebung dieses Vertrages mit Österreich und den übrigen Theilnehmern an demselben einzutreten. Desgleichen behalten die hohen Kontrahenten Sich vor, über eine Revision des Handels- und Zoll-Vertrages vom 11. April 1865, im Sinne einer
groesseren Erleichterung des gegenseitigen Verkehrs, sobald als möglich in Verhandlung zu treten. Einstweilen soll der gedachte Vertrag mit der Maassgabe wieder in Kraft treten, dass jedem der hohen Kontrahenten vorbehalten bleibt, denselben nach einer Ankündigung von sechs Monaten
ausser Wirksamkeit treten zu lassen.
Artikel XIV. Die Ratifikationen des gegenwärtigen Vertrages sollen zu Prag binnen einer Frist von acht Tagen, oder, wenn möglich, früher ausgewechselt werden. Urkund dessen haben die
betreffenden Bevollmächtigten gegenwärtigen Vertrag unterzeichnet und mit dem Insiegel ihrer Wappen versehen.
So geschehen in Prag, am 23. Tage des Monats August im Jahre des Heils Achtzehn Hundert sechzig und sechs.
(L. S.) Werther (L. S.) Brenner
|