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Montag, 9. Dezember 2013

Gefahr für Google, YouTube & Co ?

Eine neue Abmahnwelle überzieht das Land. Doch nicht Nutzer von Tauschbörsen, die sich illegale Kopien von Videospielen oder Musikalben herunterladen, werden von den Anwälten ausgenommen, sondern tatsächliche oder angebliche Zugreifer auf die Porno-Plattform Redtube. Diese funktioniert ähnlich wie Youporn und ähnliche Sexseiten: Mit einem Klick erhält der Nutzer Zugang zu angeblich kostenlosen Sexfilmchen, wobei in der Folge gnadenlos abkassiert wird.  

Hinter den derzeitigen Abmahnungen steckt die Regensburger Kanzlei Urmann + Collegen (U+C) , einer der 'Big Player' im Abmahngeschäft mit Pornofilmen. In den vergangenen Jahren wurden von U+C vermutlich mehr als 150.000 Personen wegen Urheberrechtsverletzungen überführt, abgemahnt und geschröpft. Nun betreten die Anwälte von U+C Neuland: Bislang galt die Nutzung von Streaming-Portalen wie YouTube als juristische Grauzone, da die Nutzer die dort bereitgestellten Inhalte nicht explizit herunterladen, sondern nur im Browser ansehen. Eine dauerhaft abrufbare Kopie wird dabei nicht erstellt, sondern nur eine flüchtige Kopie im Zwischenspeicher, auf die Laien keinen Zugriff haben.

Für Urmann + Collegen, die im Auftrag der in der Schweiz angesiedelten ominösen Firma 'The Archive AG' handeln, ist das offenbar kein Hindernis. Am letzten Wochenende wurden wegen des Abrufs eines Pornostreams im Sommer 2013 vermutlich mehr als 10.000 Menschen abgemahnt. In dem Schreiben heißt es: "Gegenstand unserer Beauftragung ist eine von Ihrem Internetanschluss aus begangene Urheberrechtsverletzung […] Unserer Mandantin steht das ausschließliche Recht zu, dieses Werk zu vervielfältigen. Dieses Recht wurde durch das Streamen des betreffenden Werkes über Ihren Internetanschluss verletzt." Gefordert wird deshalb eine sofortige Zahlung (bis zum 9. Dezember) in Höhe von 250 Euro direkt an den Schweizer Rechteverwerter "The Archive", sowie die Unterzeichnung einer Unterlassungserklärung. Es scheint, als ob die Abmahnungen bisher nur an Personen gingen, deren Provider die Deutsche Telekom ist.

Auf Nachfrage erklärte eine U+C-Anwältin: "Aufgrund der entsprechenden Beschlüsse der jeweils zuständigen Landgerichte hat der Internet Service Provider (in diesem Fall also die Deutsche Telekom) des jeweiligen Verletzers die Daten verbeauskunftet."  Das Landgericht Köln hatte zuvor der Deutschen Telekom die Genehmigung erteilt, die Verknüpfung von Namen und IP-Adresse gegenüber den Rechteinhabern herauszugeben. "Was nicht geprüft wird, ist, ob die Abmahnung berechtigt ist. Es wird nur geprüft, ob von der IP-Adresse eine Urheberrechtverletzung begangen wurde", sagte ein Gerichtssprecher.

Viele der Abgemahnten werden, um die peinliche Sache möglichst geräuschlos vor der Weihnachtszeit vom Tisch zu bringen, zahlen und unterschreiben. Dabei stoßen die Massenabmahner wie U+C mit ihrem Treiben in ein rechtliches Vakuum. Obwohl ihre "Beweise" alles andere als hieb- und stichfest sind, haben die von ihnen Abgemahnten schlechte Karten. Da die angeblichen Taten oft Monate zurückliegen und die Antwortfrist in der Abmahnung meist nur wenige Tage beträgt, ist es für die Abgemahnten fast unmöglich, gründlich nach Entlastungsmaterial zu recherchieren. Die rechtliche Situation lässt auch dem zu Unrecht Abgemahnten kaum Möglichkeiten zur Gegenwehr, die Schuldfrage spielt de facto keine Rolle mehr. Diese seit Jahren geübte juristische Praxis, die ein fundamentales Rechtsstaatsprinzip aushebelt, ist ein weiterer Skandal in der langen Kette formaljuristischer Rechtsbeugungen der BDR-Justiz.

Aber nicht nur die Abmahner wie U+C sahnen kräftig ab, sondern auch die Anwaltskanzleien, die sich den Abgemahnten andienen:

Muster einer Abmahnung der Firma 'The Archive AG', Blumenweg 3a, CH-8303 Bassersdorf, Schweiz

„Gegenstand unserer Beauftragung ist eine von Ihrem Internetanschluss aus begangene Urheberrechtsverletzung an dem Werk "Dream Trip*". Unserer Mandantin steht das ausschließliche Recht zu, dieses Werk zu vervielfältigen (§§ 16, 94 f. UrhG). Dieses Recht wurde durch das Streamen des betreffenden Werkes über Ihren Internetanschluss verletzt.

Folgende Daten konnte die seitens unserer Mandantschaft beauftragte Ermittlungsfirma feststellen und beweissicher dokumentieren:



1. Unsere Mandantin hat daher vor dem Landgericht Köln Ihren Internet-Service-Provider gemäß § 101 Abs. 9 UrhG auf Auskunft in Anspruch genommen. Das Landgericht hat für diesen Vorfall sowohl die Rechtsinhaberschaft als auch die ordnungsgemäße Erfassung der Rechtsverletzung und Funktionsweise der Ermittlungssoftware bejaht. In dem Beschluss mit dem Aktenzeichen 233 0 173/13 wurde Ihrem Internetserviceprovider die Herausgabe Ihrer Daten gestattet.“

„2. Die beim Streamen des genannten Werkes technisch notwendige Zwischenspeicherung stellt ein Vervielfältigen nach § 16 UrhG dar und steht ausschließlich dem Urheber bzw. dem Rechteinhaber zu. Hierfür spielt es keine Rolle, ob das Werk dauerhaft oder nur vorübergehend gespeichert wird. Eine rechtmäßige Nutzung der Raubkopie (§ 44a UrhG) ist ohne Genehmigung des Urhebers nicht möglich (vgl. AG Leipzig, Urteil vom 21.12.2011 - Az. 200 Ls 390 Js 184/11). Eine erlaubte Vervielfältigung zum privaten Gebrauch (§ 53 UrhG) kommt hier von vornherein nicht in Betracht, da eine offensichtlich rechtswidrig hergestellte oder öffentlich zugänglich gemachte Vorlage verwendet worden ist. Daher hat unsere Mandantschaft gegen Sie einen Anspruch auf Unterlassung und Schadensersatz (§ 97 UrhG). Weiterhin hat unsere Mandantschaft gegen Sie den Anspruch auf Vernichtung aller bei Ihnen noch befindlichen rechtswidrigen Kopien (§ 98 UrhG).“

3. Aufgrund der Zuordnung der oben bezeichneten IP-Adresse zu Ihrem Internetanschluss besteht ein Anscheinsbeweis dafür, dass der Inhaber für die Rechtsverletzung verantwortlich ist. Dies hat der Bundesgerichtshof jüngst in seiner Morpheus-Entscheidung am 15.11.2012 bestätigt (Az. I ZR 74/12). Als Anschlussinhaber müssen Sie sich auch das Verhalten Dritter zurechnen lassen. Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 12.05.2010 (Az. I ZR 121/08) entschieden, dass der Betrieb eines nicht ausreichend gesicherten WLAN-Anschlusses adäquat kausal für Urheberrechtsverletzungen ist, die unbekannte Dritte unter Einsatz dieses Anschlusses begehen. Im Rahmen der sekundären Darlegungs- und Beweislast ist von Ihnen darzulegen und zu beweisen, dass ausreichende Sicherungsmaßnahmen getroffen wurden. Als Anschlussinhaber haften Sie daher zivilrechtlich für die Rechtsverletzung. Die unerlaubte Vervielfältigung urheberrechtlich geschützter Werke wird gemäß § 106 UrhG zudem mit einer Freiheitsstrafe von bis zu 3 Jahren bestraft.“

„Namens und in Vollmacht unserer Mandantin fordern wir Sie hiermit auf, die gegebenenfalls noch vorhandene rechtswidrige Kopie unverzüglich von Ihrem Computer zu entfernen. Weiter fordern wir Sie auf zur Ausräumung der Wiederholungsgefahr eine Unterlassungserklärung gegenüber unserer Mandantin abzugeben, für deren Eingang in unserer Kanzlei eine Frist bis spätestens
                                                   [Datum]

notiert wurde. Die Unterlassungserklärung muss hier im Original mit Unterschrift vorliegen. Eine Kopie oder eine Übermittlung per Telefax ist nicht ausreichend. Die Unterlassungserklärung muss ausreichend strafbewehrt, unbedingt und unwiderruflich sein. Ein entsprechender Formulierungsvorschlag mit einer Vertragsstrafenregelung nach dem gängigen Hamburger Brauch ist in der Anlage beigefügt. Sofern Sie beabsichtigten, diesen abzuändern (§ 97 a Abs. 2 Nr. 4 UrhG), weisen wir darauf hin, dass nur eine Unterlassungserklärung mit einer ausreichenden Vertragsstrafe die Wiederholungsgefahr beseitigt. Im Falle von Änderungen der Unterlassungserklärung tragen Sie das Risiko, dass diese von uns nicht akzeptiert wird.“

„Gemäß § 97a Abs. 3 UrhG besteht weiterhin ein Kostenerstattungsanspruch gegen Sie. Sie haben unserer Mandantin den durch die unerlaubte Verwertung entstandenen Schaden zu ersetzen, den wir hier mit 15,50 € beziffern. Weiterhin haben Sie die Kosten der Ermittlungsfirma zur Feststellung der Rechtsverletzung, die Gerichtskosten des Verfahrens vor dem Landgericht Köln und die anteiligen Aufwendungen, die Ihrem Provider gemäß § 101 Abs. 2 UrhG zu erstatten waren, zu ersetzen. Hierfür sind 65,00 € anzusetzen. Die erstattungspflichtigen Kosten unserer Inanspruchnahme bemessen sich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) und werden wie folgt beziffert:



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* Außer „Dream Trip" wurden noch benannt: „Miriam’s Adventures“, „Amanda’s secrets“, „Hot Stories“ und „Glamour Show Girls“.

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