Dienstag, 17. Juni 2014

Volksaufstand am 17. Juni 1953 


Am Morgen des 17. Juni traten die Belegschaften vieler großer Betriebe in der DDR mit Beginn der Frühschicht in den Streik und formierten sich zu Demonstrationszügen, die sich in die Zentren der größeren Städte richteten. Der RIAS berichtete fast ausschließlich aus Berlin. Tatsächlich kam es jedoch in weit über 500 Orten in der DDR zu Streiks, Kundgebungen und Gewalttätigkeiten gegen das DDR-Regime.

Die Aufständischen besetzten 11 Kreisratsgebäude, 14 Bürgermeistereien, 7 Kreis- und eine Bezirksleitung der SED. Weiterhin wurden 9 Gefängnisse und 2 Dienstgebäude des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) sowie 8 Polizeireviere, 4 Volkspolizei-Kreisämter (VPKA) und eine Dienststelle der Bezirksbehörde der Deutschen Volkspolizei (BDVP) erstürmt. Mehr als doppelt so viele Einrichtungen wurden bedrängt, die Besetzung gelang jedoch nicht.

Die Schwerpunkte lagen in Berlin und den traditionellen Industrieregionen, etwa  im Chemiedreieck um Halle, aber auch in den Bezirkshauptstädten Magdeburg, Leipzig und Dresden. Die Zahl der am Protest Beteiligten belief sich auf bis zu 1,5 Millionen. Neben Arbeitsniederlegungen und Demonstrationen kam es an mehreren Orten auch zu Erstürmungen von Haftanstalten und Befreiung von Häftlingen. In Gera kam es zur Stürmung der Stasiuntersuchungshaftanstalt, wobei Inhaftierte freigelassen wurden. Ungefähr 20.000 Menschen demonstrierten im Zentrum der Stadt mit Unterstützung von Bergleuten aus den Wismut-Revieren. In Berlin waren am spektakulärsten die Brände des HO-Kaufhauses 'Columbushaus' und des Restaurantbetriebes 'Haus Vaterland' am Potsdamer Platz. Teilweise liefen Volkspolizisten zu den Demonstranten über. In Rathenow lynchten aufgebrachte Aufständische den Stasi-Spitzel Wilhelm Hagedorn, in Niesky wurden Mitarbeiter der Staatssicherheit in einem Hundezwinger eingesperrt und in Magdeburg zwangen die Demonstranten eine Volkspolizistin spärlich bekleidet ihren Zug anzuführen. In den Kreisen Görlitz und Niesky wurde das SED-Regime für wenige Stunden beseitigt. Die meisten Görlitzer akzeptierten die Oder-Neiße-Grenze  nicht.  

Die DDR-Regierung flüchtete sich nach Berlin-Karlshorst unter den Schutz der sowjetischen Behörden. Um 14 Uhr wurde eine Erklärung des Ministerpräsidenten Otto Grotewohl
im DDR-Rundfunk ausgestrahlt: Der Aufstand sei  das Werk von Provokateuren und faschistischen Agenten ausländischer Mächte und ihrer Helfershelfer aus deutschen kapitalistischen Monopolen. Die sowjetischen Behörden reagierten mit der Verhängung des Ausnahmezustands für 167 der 217 Landkreise der DDR. Gegen 13 Uhr wurde durch den Militärkommandanten des sowjetischen Sektors von Berlin, Generalmajor Pawel Dibrowa, in Ost-Berlin der Ausnahmezustand verkündet, der erst am 11. Juli 1953 wieder aufgehoben wurde. Ab 10 Uhr rückten sowjetischen Truppen in Berlin und in den Bezirken zeitversetzt gegen Mittag oder Nachmittag ein. Insgesamt waren 16 sowjetische Divisionen mit etwa 20.000 Soldaten im Einsatz, sowie rund 8.000 Angehörige der Kasernierten Volkspolizei.

Die sowjetischen Truppen vollzogen zwischen dem 17. und 22. Juni 1953 blutige Standgerichte. Mehrere Dutzend Aufständische wurden standrechtlich erschossen. Hunderte wurden zu Zwangsarbeitslagerstrafen in Sibirien verurteilt, etwa 1.600 Personen wurden von den DDR-Behörden zu langjährigen Zuchthausstrafen verurteilt.  Die Verurteilten wurden in den Zuchthäusern mit einem gelben X gekennzeichnet. Viele erlitten aufgrund der schlechten medizinischen Versorgung, der Schikanen des Wachpersonals und des mangelhaften Arbeitsschutzes schwere gesundheitliche Schäden. 
ABCD

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