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Otto
von Bismarck |
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Die Emser Depesche
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vom 13. Juli 1870.
ABCDABCD Der
Kanzler des Norddeutschen Bundes ,
Otto von Bismarck ,
unterrichtet die Öffentlichkeit über die Vorgänge im Kurort Bad Ems
vom gleichen Tag. ABCD Vorgeschichte:
1868 war in Spanien Königin Isabella II.
gestürzt worden. Napoléon III.
bemühte sich, mit Alfonso, dem Sohn Isabellas, das Haus Bourbon
wieder auf den spanischen Thron zu bringen. Juan Prim , Ministerpräsident der Übergangsregierung von Spanien
hatte andere Pläne, die jedoch am Widerstand Frankreichs scheiterten. Nachdem
er schließlich im September 1869 informell mit der katholischen Familie Hohenzollern-Sigmaringen
Kontakt aufgenommen hatte, trug im Februar 1870 sein Sonderbotschafter in einer vertraulichen Mission
Leopold von Hohenzollern-Sigmaringen
die spanische Krone an. ABCD Wie Leopolds Vater, Karl
Anton , zuvor angeregt hatte, wandte sich
Spanien in dieser Angelegenheit ebenso vertraulich auch an König Wilhelm I. von Preußen
, das Oberhaupt des Gesamthauses Hohenzollern, sowie an Otto von
Bismarck, den preußischen Ministerpräsidenten.
Bismarck förderte die Kandidatur Leopolds. Wilhelm, der dem Plan nicht zugeneigt war und ihn stets als Leopolds Privatsache angesehen hatte, erhob
keine Einwände. Prinz Leopold erklärte deshalb seine Bereitschaft zur Kandidatur am 19. Juni
1870. Die Wahlversammlung der spanischen Cortes wurde auf den 20. Juli
1870 festgesetzt.
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Spätestens am 1. Juli wurde die Kandidatur in Madrid bekannt, am 2. Juli berichtete die französischen Presse, und am 3. Juli unterrichtete Prim den französischen Botschafter in
Madrid, nachdem das spanische Parlament in Madrid am gleichen Tag
beschlossen hatte, Leopold als neuen König zu wählen. Kaiser Napoléon III. und sein Kabinett
befürchteten jetzt einen deutschen diplomatischen Triumph, den man nicht
hinzunehmen gewillt war. Eine besonders wichtige Rolle spielte hierbei der
französische Außenminister Herzog von Gramont :
Dieser verlas am 6. Juli eine von Kaiser Napoléon gutgeheißene und von der Regierung einstimmig gebilligte scharfe Erklärung, wonach Frankreich
die Entwicklung nicht hinnehme und, sollte es doch dazu kommen, ohne Zögern seine Pflicht tun werde: eine kaum verschleierte Kriegsdrohung. ABCD König
Wilhelm nahm nun im Sinne seiner Überzeugung Einfluss auf die Familie
Hohenzollern-Sigmaringen, und
auch mit direkter Intervention anderer europäischer Regierungen bei dieser Familie entstand so viel Druck, dass Karl Anton von
Hohenzollern-Sigmaringen, Leopolds Vater, am 12. Juli im Namen seines Sohnes den Verzicht auf die spanische Königswürde erklärte.
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Frankreich versuchte nun, Wilhelm I. als Oberhaupt des Hauses Hohenzollern und König von Preußen
noch stärker in dieser Angelegenheit zu verpflichten. Wilhelm I. hielt sich zur Kur in Bad Ems auf, und der französische Botschafter in Preußen, Vincent
Benedetti , war ihm dahin nachgereist. Außenminister
Gramont, der mit dem Botschafter in ständigem telegraphischen Kontakt stand, beauftragte ihn, von König Wilhelm I. zu verlangen, dass er die Rücknahme der Kandidatur ausdrücklich billige und dass er auch einschreiten würde, falls die Hohenzollern doch wieder auf die Kandidatur zurückkämen. Der
hohenzollernsche Rückzug sei für Frankreich ja wenig wert, wenn die Hohenzollern sich jederzeit wieder um den spanischen Thron bewerben könnten. Würde sich dagegen Wilhelm I. verpflichten, seine Autorität als Haupt des Gesamthauses Hohenzollern einzusetzen, um dies zu verhindern, so wäre diese Zusicherung für Frankreich von enormem Wert. Dagegen sei es für den König ein Geringes, wenn er den Rückzug tatsächlich billige und keine Hintergedanken hege, diese Zusicherung abzugeben.
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Benedetti versuchte sofort am Morgen des 13. Juli, eine Audienz zu erhalten. Der König war bereits zu einem morgendlichen Spaziergang aufgebrochen, und Benedetti suchte ihn auf der Kurpromenade auf.
Die von Benedetti vorgebrachte neue Forderung lehnte Wilhelm kategorisch ab, da er es nicht verantworten könne, eine Zusage für alle Zukunft zu treffen; vielmehr
wolle er sich vorbehalten, sollte die Situation später einmal erneut eintreffen, wie in allen anderen Dingen auch, die Umstände in Betracht zu ziehen und erneut zu entscheiden.
- Die Verzichts-Nachricht aus Sigmaringen war zu diesem Zeitpunkt noch nicht
in Bad Ems eingetroffen, sondern erreichte König Wilhelm am späteren Tag
in Form eines Briefes von Karl Anton von Hohenzollern-Sigmaringen. Wilhelm ließ Benedetti durch seinen Adjutanten Fürst Radziwill
mitteilen, dass die Nachricht offiziell bestätigt sei. Eine Bitte Benedettis um eine erneute Audienz ließ er zurückweisen mit der Begründung, dass er, soweit es das Garantieversprechen beträfe, sein letztes Wort gesprochen habe.
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Bismarcks enger Mitarbeiter Heinrich Abeken , der den König in Bad Ems begleitete, notierte noch am selben Tage Wilhelms Bericht über die Ereignisse und telegraphierte diesen an den Ministerpräsidenten. Dieser Brief war die eigentliche
'Emser Depesche', sie hatte folgenden Wortlaut:
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„Seine Majestät der König schreibt mir:
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Graf Benedetti fing mich auf der Promenade ab, um auf zuletzt sehr zudringliche Art von mir zu verlangen, ich sollte ihn
autorisiren, sofort zu telegraphiren, dass ich für alle Zukunft mich verpflichtete, niemals wieder meine Zustimmung zu geben, wenn die Hohenzollern auf ihre Candidatur zurückkämen.
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Ich wies ihn zuletzt, etwas ernst, zurück, da man à tout jamais dergleichen Engagements nicht nehmen dürfe noch könne.
Natürlich sagte ich ihm, dass ich noch nichts erhalten hätte und da er über Paris und Madrid früher benachrichtigt sei als ich, er wohl einsähe, dass mein Gouvernement wiederum außer Spiel sei.
Seine Majestät hat seitdem ein Schreiben des Fürsten bekommen.
Da Seine Majestät dem Grafen Benedetti gesagt, dass er Nachricht vom Fürsten erwarte, hat
Allerhöchstderselbe, mit Rücksicht auf die obige Zumuthung, auf des Grafen Eulenburg und meinen Vortrag, beschlossen, den Grafen Benedetti nicht mehr zu empfangen, sondern ihm nur durch einen Adjutanten sagen zu lassen: dass Seine Majestät jetzt vom Fürsten die Bestätigung der Nachricht erhalten, die Benedetti aus Paris schon gehabt, und dem Botschafter nichts weiter zu sagen habe.
Seine Majestät stellt Eurer Excellenz anheim, ob nicht die neue Forderung Benedettis und ihre Zurückweisung sogleich, sowohl unsern Gesandten, als in der Presse mitgeteilt werden sollte.“
Dies Telegramm erreichte Bismarck während eines Essens am 13. Juli, zu dem er Roon
und Moltke
geladen hatte. Bismarck las das Telegramm seinen beiden Gästen vor, redigierte und kürzte
es, und las diese gekürzte Fassung ebenfalls seinen Gästen vor. Sie lautete wie folgt:
„Nachdem die Nachrichten von der Entsagung des Erbprinzen von Hohenzollern der Kaiserlich Französischen Regierung von der Königlich Spanischen amtlich mitgeteilt worden sind, hat der Französische Botschafter in Ems an S. Maj. den König noch die Forderung gestellt, ihn zu autorisieren, dass er nach Paris telegraphiere, dass S. Maj. der König sich für alle Zukunft verpflichte, niemals wieder seine Zustimmung zu geben, wenn die Hohenzollern auf ihre Kandidatur wieder zurückkommen sollten.
Seine Maj. der König hat es darauf abgelehnt, den Franz. Botschafter nochmals zu empfangen, und demselben durch den Adjutanten vom Dienst sagen lassen, dass S. Majestät dem Botschafter nichts weiter mitzuteilen habe.“
Aus dieser neuen Fassung ging nicht mehr hervor, dass König Wilhelm I. eine Unterredung mit dem französischen Botschafter gehabt und ihm seine Ablehnung erläutert hatte; lediglich die französische Forderung und die Verweigerung einer weiteren Audienz wurden in knappen Worten berichtet.
Durch diese Kürzungen konnte die Meldung den Eindruck erwecken, Benedetti sei in Bad Ems in ungebührender Weise aufgetreten, und weitere diplomatische Kontakte seien vom König abgelehnt worden.
Bismarck erläuterte seinen Gästen, dass die sofortige Veröffentlichung seiner Version
den Eindruck des roten Tuches auf den gallischen Stier machen würde, der nun schlagen müsse, und dann als Angreifer dastehe.
Bismarck gab der Presse diese gekürzte Fassung zur Veröffentlichung frei, die noch am 13. Juli von der „Norddeutschen Allgemeinen Zeitung” in einer Sondernummer veröffentlicht wurde.
Die französische Öffentlichkeit reagierte auf die Veröffentlichung der Depesche mit der von Bismarck kalkulierten Empörung. Am 16. Juli bewilligte die französische Legislative mit nur sechs Gegenstimmen Finanzmittel für einen Krieg. Am 19. Juli 1870 teilte der französische Außenminister dem preußischen Botschafter in Paris mit, dass Frankreich sich im Kriegszustand betrachte.
Zwangsläufig
führte dies zu einem Krieg gegen das ganze Deutschland
, weil mit der französischen Kriegserklärung für die süddeutschen Staaten der Bündnisfall
entsprechend den 1866 von Bismarck geschlossenen Verträgen gegeben war. König Wilhelm I. kehrte in einem Sonderzug von Bad Ems nach Berlin zurück, unterwegs von jubelnden Menschenmassen begrüßt. ABCD Weitere
Infos:
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Die Emser Depesche
1. König Wilhelm saß
ganz heiter
jüngst zu Ems, dacht gar nicht weiter
an die Händel dieser Welt.
Friedlich wie er war gesunnen,
trank er seinen Krähnchenbrunnen
als ein König und ein Held.
2. Da trat in sein Kabinette
eines Morgens Benedette,
den gesandt Napoleon.
Der fing zornig an zu kollern,
weil ein Prinz von Hohenzollern
sollt’ auf Spaniens Königsthron.
3. Wilhelm sagte: „Benedettig!
Sie ereifern sich unnötig,
brauchen sie man nur Verstand!
Vor mir mögen die Spaniolen
sich nach Lust ‘nen König holen,
meinthalb aus dem Pfefferland.“
4. Der Gesandte, so beschieden,
war noch lange nicht zufrieden,
weil er’s nicht begreifen kann.
Und er schwänzelt und er tänzelt
um den König und scharwänzelt,
möcht’ es gerne schriftlich ha’n.
5. Da sieht unser Wilhelm Rexe
sich das klägliche Gewächse
mit den Königsaugen an.
Sagte gar nichts weiter, sondern wandte
sich, so daß bewundern
jener seinen Rücken kann.
6. Als Napoleon dies vernommen,
ließ er gleich die „Stiebeln“ kommen,
die vordem sein Onkel trug.
Diese zog der Bonaparte
grausam an, und auch der zarte
Lulu nach den seinen frug.
7. So in grauser Kriegesrüstung
rufen sie in stolzer Brüstung:
„Auf, Franzosen! Über’n Rhein!“
Und die Kaiserin Eugenie
Ist besonders noch diejen’ge,
die ins Feuer bläst hinein.
8. Viele tausend rote Hosen
stark nun treten die Franzosen
eiligst unter’m Chassepot.
Blasen in die Kriegstrompete,
und dem Heere à la tète
brüllt der wilde Turiko.
9. Der Zephyre, der Zuave,
der Spahi und jeder Brave
Von der grande nation,
an zweihundert Mitrailleusen
sind mit der Armee gewesen,
ohne sonstiges Kanon’.
10. Deutschland lauschet mit Erstaunen
auf die welschen Kriegsposaunen,
ballt die Faust, doch nicht im Sack.
Nein, mit Fäusten, mit Millionen,
prügelt es auf die Kujonen,
auf das ganze Lumpenpack.
11. Wilhelm spricht mit Moltk’ und Roone
und spricht dann zu seinem Sohne:
„Fritz, geh’ hin und haue ihm!“
Fritze, ohne lang zu feiern,
nimmt sich Preußen, Schwaben, Bayern,
geht nach Wörth und hauet ihm.
12. Haut ihn, daß die Lappen fliegen,
daß sie all’ die Kränke kriegen
in das klappernde Gebein,
daß sie, ohne zu verschnaufen,
bis Paris und weiter laufen,
und wir ziehen hinterdrein.
13. Unser Kronprinz, der heißt Fritze,
und er fährt gleich einem Blitze
unter die Franzosenbrut.
Und, ob wir sie gut geschlagen,
Weißenburg und Wörth kann’s sagen,
denn wir schrieben dort mit Blut.
14. Ein Füsilier von Dreiundachtzig,
hat dies neue Lied erdacht sich,
nach der alten Melodei.
D’rum, ihr frischen, blauen Jungen,
lustig darauf los gesungen!
Denn wir waren auch dabei.
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