Freitag, 12. Dezember 2014

Johann Christoph Gottsched 

* 2. Februar 1700 in Juditten bei Königsberg
† 12. Dezember 1766 in Leipzig

  

Deutscher Schriftsteller, Dramaturg und Mitschöpfer der hochdeutschen Standardsprache.

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Gottsched wurde als Sohn eines protestantischen Pfarrers geboren. Kurz nach seinem 14. Geburtstag immatrikuliert er sich als Theologiestudent an der Universität von Königsberg. Da er von seinem Vater schon früh zur Poesie aufgemuntert worden war, hörte er parallel zu seinem Hauptstudium auch Vorlesungen über die Dichtkunst. Schließlich wendete er sich ganz der Philosophie zu und legte hierin 1723 seine Magisterprüfung ab. 

Die Soldatenwerber König Friedrich Wilhelm I. hatten bereits ein Auge auf Gottsched, einen hünenhaften jungen Mann, geworfen, doch dieser entzog sich der Rekrutierung und floh aus Königsberg nach Leipzig. Mit seiner Ankunft in der sächsischen Universitätsstadt (1724) begann für ihn eine steile Karriere als Gelehrter und Schriftsteller, die ihm schon bald den Ruhm eines deutschen Literaturpapstes einbrachte. An der Universität Leipzig freundete er sich bald mit dem Universalgelehrten Johann Burckhardt Mencke an, der ihn als Hauslehrer für seinen ältesten Sohn engagierte. Mencke führte Gottsched nicht nur in die Gesellschaft ein, sondern war ihm auch ein Fürsprecher bei der Aufnahme in die 'Teutschübende poetische Gesellschaft'. Als er 1727 zu derem „Senior“ gewählt wurde, wandelte er diese Vereinigung in die 'Deutsche Gesellschaft' in Leipzig um. Diese Gesellschaft wurde für Gottsched das ideale Forum für seine Reformbemühungen der Sprache und Literatur.  

Als Herausgeber der 'Vernünftigen Tadlerinnen' (1725/26) und des 'Biedermann' (1727-29) betätigte er sich als Autor moralischer Wochenschriften, die eine wichtige Stütze der entstehenden bürgerlichen Öffentlichkeit darstellten. 1727 verband er sich mit der Wandertruppe der Schauspielerin Friederike Caroline Neuber , um auch auf der Bühne dem guten Geschmack zum Sieg zu verhelfen. Für die zum untersten Pöbel gerechneten fahrenden Komödianten bedeutete die Gottsched-Neubersche Theaterreform eine außerordentliche Aufwertung. Die Verbannung des Harlekins von der Bühne, die Ausschaltung der Improvisation, die Verpflichtung auf den Klassizismus der französischen Vorbilder Pierre Corneille , Jean Racine u. a. waren der Preis, den das deutsche Theater zahlte, um aus dem Zustand der Verwilderung herauszukommen und am Hof wie im städtischen Bürgertum gesellschaftsfähig zu werden.

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1730 veröffentlichte Gottsched sein Hauptwerk, den ' Versuch einer Critischen Dichtkunst vor die Teutschen' . Aristoteles, Horaz und die französischen Dichter erschienen darin als Gesetzgeber und Vorbilder. 1731 wurde in Leipzig Gottscheds Tragödie 'Sterbender Cato' uraufgeführt. Dies überaus erfolgreiche Stück hatte er streng nach den Vorgaben der zeitgenössischen französischen Dramenpoetik verfasst, die sich auf Aristoteles berief. Gottsched wurde insgesamt fünfmal Rektor an der Leipziger Universität. 1735 heiratete er in Danzig die literarisch hochbegabte Luise Adelgunde Victorie Kulmus . Seine Ehefrau unterstützte ihn nach allen Kräften und wurde auch literarisch tätig. Sie schrieb vor allem Komödien und Zeitschriftenbeiträge und übersetzte aus dem Englischen und dem Französischen.

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1741 trennten sich Gottsched und die Neuberin in Streit. Die von 1741 bis 1745 in sechs Bänden veröffentlichte ' Deutsche Schaubühne' wurde als Krönung seines Lebenswerks angesehen. Die letzten drei Bände  enthielten ausschließlich Beitrage deutscher »Originalschriftsteller«. Das Fundament für eine deutsche Nationalliteratur auf dem Gebiet des Dramas, in enger Verbindung mit dem Theater, war damit geschaffen. Gottscheds Ansehen reichte weit über den sächsischen und preußischen Raum hinaus; so wurde das Ehepaar 1749 in Wien von Kaiserin Maria Theresia in Privataudienz empfangen. Zwischen 1757 und 1765 begann Gottsched seinen 'Nöthigen Vorrath zur Geschichte der deutschen dramatischen Dichtkunst' zu veröffentlichen. Diese Sammlung sollte alle Dramen der Jahre 1450 bis 1760 verzeichnen, blieb aber unvollendet. 1762 starb Gottscheds erste Ehefrau. Nach einer dreijährigen Trauerzeit heiratete er 1765 noch einmal. Im darauf folgenden Jahr starb Gottsched im Alter von 66 Jahren.

Erst um die Jahrhundertmitte kam seine Autorität ins Wanken. Was die Positionen Gottscheds angreifbar machte, war seine Überzeugung, dass sowohl in der Kunst als auch in Natur und Gesellschaft alles nach festen Regeln abliefe. Die Opposition äußerte sich zuerst in der literarischen Fehde zwischen ihm und den Schweizer Schriftstellern Johann Jakob Bodmer und Johann Jakob Breitinger . Gotthold Ephraim Lessings Polemiken, sowie der Spott und die Verachtung der jüngeren Generation um Friedrich Gottlieb Klopstock , Johann Gottfried Herder und Johann Wolfgang Goethe prägten dann ein Bild Gottscheds als Vertreter eines altmodischen, pedantischen Klassizismus.

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Große Bedeutung hatte Gottsched auch im seinerzeitigen Sprachenstreit um die Definition einer allgemein gültigen deutschen Schriftnorm zu. Er gehörte dabei zu der Partei die eine Norm auf Basis einer deutschen Mundart schaffen wollte, nämlich des ostmitteldeutschen Sächsischen. Dies stieß in anderen Sprachregionen, deren lokale Besonderheiten nicht berücksichtigt werden sollten, auf massive Ablehnung. Besonders Sprachgelehrte aus der schwäbisch-alemannischen Region, aus der Schweiz, aus Bayern und aus Österreich, in denen noch in der Oberdeutschen Schreibsprache geschrieben wurde, hatten für die Ziele Gottscheds kein Verständnis. Auch der süddeutsche katholische Klerus lehnte das lutherische Sächsisch als überregionale Schriftnorm ab. Erst mit Einführung der allgemeinen Schulpflicht in Österreich durch Kaiserin Maria Theresia wurde auch dort das Gottsched’sche Deutsch als offizieller Standard festgelegt. Dies wurde 1780 noch einmal von ihrem Sohn Kaiser Joseph II. bestätigt und für die kaiserliche Beamtenschaft verbindliche Norm. Nachdem sich Österreich entschieden hatte, gaben auch die anderen süddeutschen Länder ihren Widerstand auf, und das Gottsched’sche Deutsch wurde zum neuen überregionalen Standarddeutsch.


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Das Ziel von Gottscheds 'Deutscher Gesellschaft' war die Schaffung einer von Fremdwörtern gesäuberten und von mundartlichen Färbungen freien überregionalen deutschen Einheitssprache. In der Satzung von 1727 hieß es: „Man soll sich allezeit der Reinigkeit und Richtigkeit der Sprache befleissigen; das ist, nicht nur alle ausländischen Wörter, sondern auch alle Deutsche unrichtige Ausrückungen und Provinzial-Redensarten vermeiden; so daß man weder Schlesisch noch Meißnisch, weder Fränkisch noch Niedersächsisch, sondern rein Hochdeutsch schreibe; so wie man es in ganz Deutschland verstehen kan.“

Zitate

Eine einzige Erfindung ist genug, Deutschland die größte Ehre zu machen, wenn es gleich sonst nichts aufzuweisen hätte: die Buchdruckerkunst, die edle Buchdruckerkunst ist es, was Deutschland so viel Ruhm gebracht, als kein anderes Volk von seinen Erfindungen erlangt hat, oder jemals hoffen kann.

Das Lächerlichste ist, daß die deutschen Affen der Ausländer  ihre Mundart verachten und lieber die Sprachen ihrer Nachbarn verstümmeln, ihre Wörter radebrechen und ihre Silben verfälschen, als ihre eigene Landessprache rein und fertig reden wollen.

Die Welt ist itzo viel zu klug, als daß sie sich von alten Weibern sollte furchtsam machen oder betrügen lassen. Die Künste der sogenannten Hexen, haben die Probe der gesunden Vernunft nicht auszuhalten vermocht; und derjenige Zauberer müste eine neue Art von Betrügereyen ersinnen, der sich heute zu Tage in Ansehen setzen wollte.

Wo man gezwungen geht, da bleibt man stets zurück.

Wer sich auf seine ihm angebohrne Mundart verläßt, und sich einbildet, er habe darinn nichts mehr zu lernen, der hält in seiner Sicherheit, alle Provinzialfehler, die er von seiner Amme gelernet hat, für Schönheiten. Das thun aber diejenigen nicht, die aus entlegenern Provinzen sind. Sie studiren die Sprache aus Büchern, und üben sich in dem Umgange mit den Vornehmsten und Gelehrtesten; wofern sie nicht selbst Reisen in die bessern Landschaften thun können. So erlernen sie denn auch das wahre Hochdeutsche oft besser, als diejenigen, die zwar mitten im Lande gebohren sind; sich aber niemals darauf geleget haben: ja oftmals trägt sichs zu, daß dasselbe in einem plattdeutschen Munde viel reiner und angenehmer klingt, als in einem fränkischen, thüringischen und meißnischen.

Folglich bleibt es wohl dabey, daß die Gegenden von Deutschland, zwischen Köthen, Weimar und Halle, als den dreyen Örtern, wo die Oberhäupter des Palmenordens ihren Sitz gehabt, d. i. das eigentliche sogenannte Obersachsen, oder Meißen, die beste Mundart im Deutschen behaupten könne. - Doch billige ich freylich nicht alles, was man in Meißen täglich spricht. Der Pöbel hat überall seine Fehler. 
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