* 9. März 1879 in Königsberg/Preußen
† 26. Oktober 1964 in Bad Salzuflen
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Deutsche Schriftstellerin, Journalistin und
Balladendichterin.
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Agnes
Miegel war das einzige Kind ihrer Eltern, eines niederdeutschen Kaufmannes
und seiner um zwanzig Jahre jüngeren Frau, deren Vorfahren zu den
Salzburger Glaubensflüchtlingen gehörten, die 1732 von dem Soldatenkönig
Friedrich Wilhelm I.
nach Ostpreußen gerufen wurden, das von der Pest entvölkerte Land wieder
unter den Pflug nahmen und es sich zur Heimat machten. Agnes wuchs in
einem großen Kreis von Verwandten und Freunden auf. Der Vater führte die
kleine Tochter durch die Stadt Königsberg, und teilte ihr sein
umfangreiches historisches Wissen mit. Die Mutter brachte ihr Volkslieder
und Gedichte nahe.
Als
sie fünfzehnjährig für zwei Jahre eine Weimarer Pension besuchte,
schrieb sie erste Gedichte. 1896 erhielt sie ihr erstes Honorar für die
Ballade "Elfkönig". Früh schon fand Miegel zu ihrem ganz
eigenen Ton, ihrer eigenen Sprache, Gedankenwelt und Art der Gestaltung.
Als um die Jahrhundertwende in Berlin Börries von Münchhausen
ihre handschriftlichen Gedichte und Balladen las, erkannte er sogleich:
"Dies ist eine der ganz großen Dichterinnen unseres Volkes. Agnes
Miegel ist der größte lebende Balladendichter unseres Volkes." So
erschien durch Münchhausens Vermittlung 1901 ihr erstes eigenes Buch, ein
Band mit Gedichten und Balladen, bei dem Klassiker-Verlag Cotta .
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Einer Schwesternausbildung in Berlin folgte eine Ausbildung als Lehrerin,
die sie aus gesundheitlichen Gründen abbrechen musste. Auch die
landwirtschaftliche Maidenschule bei München verließ sie vorzeitig, als
die kranken Eltern sie nach Königsberg zurückriefen. Jahrelang pflegte
sie den erblindenden Vater bis zu seinem Tod im Jahr 1917, dann stand sie
vierzigjährig allein und fand schließlich bei der Zeitung einen
Broterwerb. Durch die Berichte und Betrachtungen, die sie für das
Feuilleton schrieb, fand sie auch als Dichterin zur Prosa und veröffentlichte
große historische Erzählungen, deren Stoffe sie zunächst aus
verschiedenen Epochen der ostpreußischen Geschichte wählte.
Bald schon wurde sie in ihrer ostpreußischen Heimat und in ganz
Deutschland so bekannt, dass sie zahllose Lesereisen unternehmen konnte
und bedeutende literarische Preise erhielt, nach dem Schillerpreis, dem
Kleistpreis, dem Herderpreis und der Ehrendoktorwürde der Königsberger
Universität schließlich den Goethepreis der Stadt Frankfurt.
1933 wurde Miegel in die Sektion Dichtkunst der Preußischen Akademie der
Künste aufgenommen. Miegels dichterisches Werk in diesen Jahren wurde
bestimmt durch eine große Vielfalt in Stoff und Formen. 1940 trat sie der
NSDAP bei. Im Februar 1945 musste sie die zerstörte Vaterstadt Königsberg
verlassen und kam mit einem der letzten Flüchtlingsschiffe über die
Ostsee nach Dänemark. Dort blieb sie eineinhalb Jahre in einem Lager
eingesperrt, dann verbrachte sie ein schwieriges Nachkriegsjahr bei der
befreundeten Familie von Münchhausen in ihrem von Flüchtlingen überfüllten
Wasserschloss Apelern
und fand schließlich in Bad Nenndorf eine bescheidene Altersheimat, wo
ihr noch eineinhalb Jahrzehnte fruchtbarer Schaffenszeit und guter
Gemeinschaft mit ihrer Adoptivtochter Elise, die ihr seit 1918 den
Haushalt führte, vergönnt waren.
Bekannt wurde Miegel besonders mit ihrer Ballade 'Die Frauen von Nidden'.
Von ihren Landsleuten und Schicksalsgefährten wurde sie "Mutter
Ostpreußen" genannt, doch reichten die Themen ihrer Erzählungen und
Märchen bis in alle Welt. Sie erlebte noch die Herausgabe ihrer
Gesammelten Werke in sechs Bänden (ein siebter Band folgt kurz nach ihrem
Tode) und empfing noch einmal bedeutende Literaturpreise. Als Ehrenbürgerin
der Gemeinde Bad Nenndorf wurde sie nach ihrem Tode auf dem dortigen
Bergfriedhof bestattet..
Weitere
Infos:
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Die Frauen von Nidden
Die Frauen von Nidden standen am Strand
Über spähenden Augen die braune Hand,
Und die Boote nahten in wilder Hast,
Schwarze Wimpel flogen züngelnd am Mast.
Die Männer banden die Kähne fest
Und schrieen: „Drüben wütet die Pest!
In der Niederung von Heydekrug bis Schaaken
Gehn die Leute im Trauerlaken!"
Da sprachen die Frauen: „Es hat nicht Not, —
Vor unsrer Türe lauert der Tod,
Jeden Tag, den uns Gott gegeben,
Müssen wir ringen um unser Leben,
Die wandernde Düne ist Leides genug,
Gott wird uns verschonen, der uns schlug —
Doch die Pest ist des Nachts gekommen
Mit den Elchen über das Haff geschwommen.
Drei Tage lang, drei Nächte lang,
Wimmernd im Kirchstuhl die Glocke klang.
Am vierten Morgen, schrill und jach,
Ihre Stimme im Leide brach.
Und in dem Dorf, aus Kate und Haus,
Sieben Frauen schritten heraus.
Sie schritten barfuß und tiefgebückt,
In schwarzen Kleidern, buntgestickt.
Sie klommen die steile Düne hinan,
Schuh und Strümpfe legten sie an
Und sie sprachen: „Düne, wir sieben
Sind allein noch übriggeblieben.
Kein Tischler lebt, der den Sarg uns schreint,
Nicht Sohn noch Enkel, der uns beweint,
Kein Pfarrer mehr, uns den Kelch zu geben,
Nicht Knecht noch Magd ist mehr unten am Leben,
Nun, weiße Düne, gib wohl acht:
Tür und Tor ist Dir aufgemacht,
In unsre Stuben wirst Du gehn
Herd und Hof und Schober verwehn, —
Gott vergaß uns, er ließ uns verderben.
Sein verödetes Haus sollst Du erben,
Kreuz und Bibel zum Spielzeug haben, —
Nur, Mütterchen, komm uns zu begraben!
Schlage uns still ins Leichentuch,
Du unser Segen, einst unser Fluch.
Sieh, wir liegen und warten ganz mit Ruh", —
Und die Düne kam und deckte sie zu.
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Dem
Führer
Laß in deine Hand,
Führer, uns vor aller Welt bekennen;
Du und wir,
nie mehr zu trennen
stehen ein für unser deutsches Land.
In
neuerer Zeit kam es durch die Aufwiegelung unbedarfter Zeitgenossen in
mehreren Städten zu Umbenennungen von Agnes Miegel zu Ehren benannten
Straßen und Einrichtungen, beispielsweise in Sankt Augustin, Hildesheim,
Göttingen, Hannover, Sarstedt, Erlangen, Willich, Düsseldorf, Detmold,
Osnabrück, Erftstadt, Wilhelmshaven, Celle, Bielefeld, Lünen,
Ratingen-Homberg und Bad Nenndorf. In der Stadt Münster ist seit 1960
eine Straße nach ihr benannt und behielt ihren Namen, trotz der vom
dortigen OB Markus Lewe vor einiger Zeit entfesselten inquisitorischen
Machenschaften .
Die Umbenenner-Gemeinden beabsichtigten, sich zu einem Verband
zusammenschließen; als passender Name hierfür wurde 'Collegium
Peditorum atque Ructuum' (CPR)
vorgeschlagen.