Salami-Taktik Berlin
- Der Skandal um die Vertrauensperson des Berliner Landeskriminalamtes (LKA) namens Nick Greger
hat die Hauptstadtgrenzen längst überschritten.
Vor knapp drei Monaten, so behauptet Greger, sei er in Pößneck von zwei Beamten des Berliner LKA bedrängt worden. Sie hätten ihm nahegelegt, in einem Untersuchungsausschuss zum Brandenburger Verfassungsschutzspitzel Carsten Szczepanski (»Piatto«) nicht
auszusagen. Der soll den angeblichen NSU-Terroristen Waffen beschafft haben.
Greger wörtlich: »Und ich soll meine Schnauze halten, denn sonst könnt’s schon sein, dass jemand um mein Haus schleicht oder an meinem Gefährt was manipuliert.« Seit
Montag wird solch eine Begegnung vom Berliner Innensenator Frank Henkel nicht mehr bestritten.
Das Treffen der Berliner Polizisten mit Greger fand am 31. Oktober 2013 statt. Genau eine Woche zuvor waren im sächsischen Untersuchungsausschuss zwei Berliner LKA-Beamte vernommen worden.
Bei dieser Gelegenheit kam heraus, dass das Berliner LKA weitere V-Personen in Sachsens
NSU-Szene geführt hat.
Der Kriminalhauptkommissar Michael T., einer der in Dresden befragten LKA-Beamten, war nicht nur mit dem
Mann befasst, der dem NSU Sprengstoff und Unterkunft beschafft hatte, er hatte auch mit Nick Greger zu tun.
Der zweite Beamte W. hatte dann Greger übernommen. Keiner war dichter am NSU-Trio als Greger.
Ob Berlins Innensenator Frank Henkel am kommenden am Donnerstag alle Fakten auf den Tisch legt, ist zweifelhaft. Denn nicht nur das LKA
hat Greger Vertraulichkeit zugesichert, sondern vermutlich auch die Staatsanwaltschaft. Henkel
hatte den Oberstaatsanwalt Dirk Feuerberg als Sonderermittler im Zusammenhang mit
dem NSU-Komplex eingesetzt. Sowohl in den zahlreichen Untersuchungsausschüssen, wie auch in dem aktuellen
NSU-Prozess vor dem Münchner Oberlandesgericht, spielen bezahlte Spitzel des VS immer wieder eine zentrale Rolle.
Die Ermittlungsbehörden wollen diese Hintergründe natürlich am liebsten herunterspielen. Zahlreiche Akten wurden deshalb seit dem
Auftauchen des NSU-Phantoms im November 2011 in den VS-Ämtern und Polizeibehörden geschreddert und Protokolle nur unvollständig oder geschwärzt an die Ausschussmitglieder übergeben.
Nick Greger hatte sich schon vor einem Monat beim Chefredakteur des Compact-Magazins , Jürgen Elsässer
gemeldet, nachdem er bei den staatlichen Stellen und den Lizenz-Medien
abgeblitzt war. Nach Gregers Aussage soll die Rolle
Carsten Szczepanskis ,
alias V-Mann „Piatto“ im
Zusammenhang mit dem NSU-Phantom weiter verschleiert werden. Durch die Kontaktaufnahme zu Elsässer
stellte Greger eine breite Öffentlichkeit her ,
die jetzt den Berliner Innensenator Frank Henkel zwang, Farbe zu bekennen.
Und wann
wird Richter Götzl im Münchner NSU-Prozess den VS-Agenten Andreas Temme
festnehmen lassen, der - im Gegensatz zum NSU-Trio - am Kasseler Tatort
anwesend war, als Halit Yozgat, der Besitzer eines dortigen Internetcafés,
im April 2006 ermordet wurde. Die Polizei überwachte damals dessen privaten
Anschluss und seine Mobiltelefone. Sie hat mitbekommen, wie Kollegen und Vorgesetzte mit Andreas
Temme über den Stand der Ermittlungen wegen des
Kasseler Mordes telefonierten. Es geht besonders um den Wortlaut eines abgehörten Telefonats, das Andreas
Temme am 29. Mai 2006 - einige Zeit nach dem Mord am 6. April - mit seinem Kollegen F. geführt hat. Damals redete er
vom Mord, nicht nur von der Tötung Halit Yozgats. Er sprach sogar von neun Morden mit
einer Ceska 83. Er wusste also schon unmittelbar nach dem Kasseler Mord von Details, welche die Ermittler erst nach dem NSU-Vorfall im November 2011
bekannt gaben.
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