Alwin Seifert
* 31. Mai 1890 in München
† 27. Februar 1972 in Dießen
am Ammersee
Deutscher Gartenarchitekt, Hochschullehrer, Reichslandschaftsanwalt und Naturschützer.
Seifert wurde als Sohn eines Baumeisters geboren. Seine Mutter, die aus einer Hugenottenfamilie stammte, starb bei seiner Geburt. Nach Besuch eines Realgymnasiums in München und einer Maurerlehre studierte
er an der TH München Architektur und schloss 1913 mit dem Diplom ab. Anschließend war er kurzzeitig als Hochschulassistent tätig.
Seifert war seit 1914 als freier Architekt in München tätig, spezialisierte sich ab 1920 dann aber auf Garten- und Landschaftsgestaltung.
Seifert, der sich schon als Gymnasiast für Landschaft und Pflanzenwelt interessiert hatte, bildete sich selbst zum Landschaftsarchitekten aus, da es damals weder ein abgegrenztes Berufsbild noch einen Studiengang für diese Profession gab. Folgerichtig
arbeitete er dann auch als Garten- und Bauarchitekt. Nach dem Ersten Weltkrieg war er ehrenamtliches Mitglied des Bauausschusses des Bayerischen Landesvereins für
Heimatschutz und erhielt 1932 einen Lehrauftrag (bis 1944) an der TH München, nachdem er zunächst von 1921-23 als Assistent an der Hochschule tätig gewesen war. 1938 wurde er zum Professor ernannt.
Er entwickelte sich zu einem international bekannten Vorkämpfer und Verfechter des naturverbundenen Straßen- und
Wasserbaues.
1934-1944 war
Seifert landschaftlicher Berater des deutschen Straßenbaus. Sein besonderes Verdienst ist die landschaftsgemäße Führung der Autobahnen, die er gegen den geschlossenen Widerstand der damaligen Fachwelt durchgesetzt hat. So forderte er in der Kampfschrift
'Die Versteppung Deutschlands', die Position eines „Generalinspekteurs für das deutsche Wasserwesen“ samt Forschungsinstitut zu schaffen. Er wurde
zwar wegen Verunglimpfung des Reichsarbeitsdienstes angeklagt, konnte aber gleichwohl alternative Wasserbaumethoden erfolgreich
durchsetzen. Besondere Arbeiten waren die Landschaftsgestaltung beim Kraftwerk Reisach in Kärnten und der "Grüne Hof" in der Wohnsiedlung "Borstei" in München.
Ab
1933 war Seifert dem Stab des Beauftragten (später Generalinspektor) für den Autobahnbau Fritz Todt
zugeordnet. Er wurde im Mai 1940 zum „Reichslandschaftsanwalt“ ernannt. Seifert, der
ein einflussreichen Berater Todts wurde, versammelte Landschaftsarchitekten, Pflanzensoziologen und Naturschützer um sich, mit denen er versuchte, seine Vorstellungen umzusetzen. Insbesondere sorgte er maßgebend dafür, dass jede oberste Bauleitung der Reichsautobahnen einen eigenen „Landschaftsanwalt“ bekam, der für alle entsprechenden Maßnahmen verantwortlich war und schon bei der Absteckung der Trassen mitwirkte. Um sein Ziel einer „landschaftsgerechten“ Autobahn zu erreichen, beauftragte er den Pflanzensoziologen Reinhold Tüxen
, das Gelände der Reichsautobahnen pflanzensoziologisch nach der potentiellen natürlichen Vegetation zu kartieren. Diese Kartierung sollte als Grundlage einer naturgemäßen
deutschen Bepflanzung dienen.
Aus seinem völkisch-nationalen Gedankengut leitete er auch seine Vorstellungen eines naturnahen Wasserbaues ab und wurde damit zu einem der Gründerväter der Ingenieurbiologie. Ein weiteres Feld, auf dem Seifert tätig wurde, war die biologisch-dynamische Landwirtschaft, die auf den Anthroposophen Rudolf Steiner
zurückgeht. Da Steiners Ideen von den Nationalsozialisten ausgegrenzt
wurden, machte Seifert seinen Einfluss auf Rudolf Heß
geltend, so dass die Methoden des biologisch-dynamischen Landbaus über die Zeit des Nationalsozialismus einen gewissen Schutz erhielten.
Seifert wies während der Zeit des Nationalsozialismus auf den Naturpropheten und Pazifisten Gusto Gräser
, einen Schüler des Lebensreformers Karl Wilhelm
Diefenbach ,
hin. Seifert tat sich zunächst, wie so viele hervorragende
Persönlichkeiten, durch antijüdische Äußerungen hervor, wandte sich allerdings
seit den 40er Jahren von seiner vorwiegend materialistischen Geisteshaltung
ab. Seifert wurde nach 1945 sogar als Widerständler eingestuft. Nachdem
er 1950 zunächst als a. o. Professor wieder an die TH München berufen worden war, erhielt er 1954 den Ruf auf einen Lehrstuhl für Landschaftspflege, Landschaftsgestaltung sowie Straßen- und Wasserbau an der TH München.
Er war von 1958 bis 1963 „Bundesleiter“ des Bundes Naturschutz in Bayern, der später maßgeblich an der Gründung des BUND
beteiligt war.
Seifert kompostierte seit 1930 im eigenen Garten und veröffentlichte seine Erkenntnisse seit 1945. Mit seinem bis heute aufgelegten Buch
'Gärtnern, Ackern ohne Gift'
verfasste er Anfang der 1970er Jahre ein besonders in der aufkeimenden grün-ökologischen Bewegung populäres Werk über den ökologischen Landbau.
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