Grundsteinlegung
zum Deutschen Reichstag
am 9.
Juni 1884 in Berlin
Der Bau wurde von dem Architekten Paul Wallot
(Abb.) 1884 bis 1894 im Stil der Neorenaissance im damaligen Ortsteil Tiergarten
errichtet. Erster Sitz eines Reichstages in Berlin war das Preußische Herrenhaus
in der Leipziger Straße 3. Hier tagte ab 1867 der Reichstag des Norddeutschen
Bundes . Nach der Gründung des Deutschen Reiches 1871
kamen die Abgeordneten der süddeutschen Staaten hinzu, sodass ein größerer Tagungsort benötigt wurde. Diesen fand man zunächst im Preußischen Abgeordnetenhaus
in der Leipziger Straße 75. Sehr bald wurde deutlich, dass auch hier der Platz nicht ausreichte. Der Reichstag verabschiedete am 19. April 1871 einen Antrag, in dem es hieß: „Die Errichtung eines den Aufgaben des deutschen Reichstags entsprechenden und der Vertretung des deutschen Volkes würdigen Parlamentshauses ist ein dringendes Bedürfnis.“
Als Übergangslösung wurde das Gebäude Leipziger Straße 4, zuvor Sitz der Königlichen
Porzellanmanufaktur , für den Parlamentsbetrieb tauglich gemacht.
Im Dezember 1881 beschloss der Reichstag, ein Baugelände zu erwerben. Im Februar 1882 wurde ein Wettbewerb
ausgeschrieben. Hohe Preisgelder luden zur Teilnahme ein. Aus 189 anonymen Einsendungen gingen die Entwürfe von Paul Wallot aus Frankfurt am Main und Friedrich von Thiersch
aus München als Sieger hervor; beide erhielten 1882 erste Preise. Da aber Wallot mehr Stimmen auf seiner Seite hatte, bekam er den Auftrag.
Für den Architekten begann ein langwieriger und mühevoller Arbeitsprozess, eine ständige Auseinandersetzung mit mehreren zuständigen Instanzen.
Wallot musste immer neue Entwürfe für die Anordnung der Innenräume und die Gestaltung der Fassaden liefern.
Schließlich konnte am 9. Juni 1884 der Grundstein gelegt werden.
Während der Bauarbeiten entwickelte sich die Kuppel zum besonderen Problem.
Erst der 1889 mit der Aufgabe betraute Bauingenieur Hermann Zimmermann
fand eine Lösung: Er reduzierte die Kuppelhöhe von 85 auf knapp 75 Meter und schlug eine relativ leichte, technisch anspruchsvolle Konstruktion aus Stahl und Glas vor. Die so auf Umwegen entstandene Kuppel versorgte den Plenarsaal mit natürlichem Licht und gab dem Parlamentsgebäude den gewünschten würdigen
Abschluss. Am 5. Dezember 1894 wurde der Schlussstein gelegt. Die Baukosten betrugen 24 Millionen
Mark.
Das Reichstagsgebäude war für seine Aufgaben gut vorbereitet. Plenarsaal für
die 397 Abgeordneten, Ausschussräume, Sitzungs- und Arbeitszimmer, eine Bibliothek – alles war geräumiger als früher.
Die Haustechnik war ganz auf der Höhe der Zeit. Ein eigenes Kraftwerk versorgte das Gebäude mit elektrischem Strom. Es gab eine zentrale Heizungssteuerung mit Temperaturfühlern, elektrische Ventilatoren, Doppelfenster, Telefone, Toiletten mit Wasserspülung und dergleichen. Außer den Sitzungssälen für Reichstag und Bundesrat waren vorhanden: ein Lesesaal, diverse Sprechzimmer, ein Erfrischungsraum, Garderoben, Wasch- und Umkleideräume usw. Die Bibliothek umfasste 90.000 Bände, als sie eingerichtet wurde, und war auf 320.000 Bände ausgelegt. Das Reichstagsarchiv enthielt schon bald Millionen von Schriftstücken, die mit einem sinnreichen pneumatischen Aufzugssystem in den Lesesaal geschickt werden konnten.
ABCD
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