Der renommierte Sprachforscher Jürgen Udolph
hat detailliert nachgewiesen, dass der Name der Stadt Halle nicht auf die Salzgewinnung zurückzuführen ist. Bislang war oft vermutet worden, der Name Halle hänge mit dem germanischen Wort für Salz zusammen.
„Der Stadtname Halle kann nicht vom Salz kommen“, sagt der ehemalige Professor der Uni Leipzig. Die Salinen hätten sich zur Zeit Ottos des Ersten nämlich am Giebichenstein und damit nicht im Stadtzentrum befunden. Erst später sei die Salzproduktion nach Halle verlagert worden, das zu diesem Zeitpunkt aber schon so hieß. Seine Schlussfolgerung: Der Stadtname könne gar nichts mit dem Salz zu tun haben.
Doch genau diese Auffassung vertreten unter anderem die Halloren. So werden seit Ende des 15. Jahrhunderts die Mitglieder der Bruderschaft der Salzwirker in Halle genannt, die es bis heute gibt.
Laut Sprachforscher Udolph sind die Halloren aber im Irrtum. Im indogermanischen Sprachraum würden Wörter für „Salz“ aber mit einem „s“ und nicht mit einem „h“ beginnen. Der Leipziger Forscher geht also von einem Missverständnis bei der bisherigen Namensforschung für die Stadt an der Saale aus. In einem neuen Buch will Udolph nachweisen, dass Halle und etwa 30 weitere west- und norddeutsche Orte namentlich ihren Ursprung in „Halde, Abhang, Böschung, Gefälle“ haben. Der Abhang von dem Udolph im Falle der Saalestadt spricht, ist das achtprozentige Gefälle vom Hallmarkt bis zum Fluss. Von dieser kleinen Erhebung habe die Stadt ihren Namen bekommen.
Laut Udolph gründeten sich zumindest in Süddeutschland Stadtnamen wie Bad Reichenhall oder Schwäbisch Hall durchaus auf das Salz. Das will Udolph ebenfalls herausgefunden haben. Hier die Kurzerklärung für Nicht-Namensforscher: In den Salinen habe man mit einem sogenannten „Schöpfgalgen“ die mit Sole gefüllten Kessel hin und her geschwenkt. Und noch heute würden im Schwitzerdeutschen schwenkbare Stangen, an denen Kochtöpfe aufgehängt werden, als „Haal“ bezeichnet.
Dieses Wort habe sich schließlich für das Salz und die Städte, in denen es auch produziert wurde, eingebürgert. Weil in Halle eben zufällig auch Salz produziert wurde, habe man irgendwann angenommen, dass der Name vom Salz komme, so Namensforscher
Udolph.
Hallstatt – In eisenzeitlicher Tradition?
Von David Stifter
Zusammenfassung
Für mehrere, seit dem mittelalter belegte mitteleuropäische ortsnamen mit dem element hall, darunter Hallstatt
und Hallein, wurde verschiedentlich als etymologie ein keltisches wort *hal ‘salz’ <
uridg. *sal angenommen. Diese etymologie hat aber zahlreiche schwächen: 1. Der lautwandel
idg. *s > kelt. *h hat keine sicheren parallelen
im festlandkeltischen. 2. Das urkelt. wort für ‘salz’, das aufgrund der inselkeltischen belege rekonstruiert
werden kann, lautet *saletno- (die existenz eines wurzelnomens *sal im festlandkeltischen kann allerdings nicht
ausgeschlossen werden). 3. Die ortsnmanen mit hall weisen geminiertes ll auf, wohingegen das wort für ‘salz’ ein
einfaches l enthalten haben müsste. 4. Ortsnamen mit hall- finden sich ausschliesslich in germanischen
siedlungsgebieten, nicht aber in anderen gegenden, die in der antike von keltischen völkern bewohnt wurden. 5. Die eindringenden
germanischen völker hätten im frühmittelalter kaum sprecher keltischer sprachen in den Alpen antreffen
können, sondern vielmehr romanen. Romanisch besitzt jedoch den laut /h/ nicht. 6. Die belege von
hal(l) als appellativ im alt- und mittelhochdeutschen weisen auf die bedeutungen ‘salzsudstätte,
salzsudpfanne’, nicht ‘salz’. Zur salzproduktion wurden im mittelalter andere techniken verwendet als in der
eisenzeit. 7.Viele der orte mit hall im namen haben keine siedlungskontinuität seit der antike; die meisten sind gründungen des
früh- und hochmittelalters. Daher sollte nicht im keltischen, sondern im germanischen nach einer etymologie
für hall gesucht werden. In den letzten 150 jahren wurden tatsächlich mehrere germanische vorschläge gemacht,
die aber alle nicht ohne semantische oder phonologische probleme sind. Mein neuer vorschlag ist, hall von
urgerm. *χallan herzuleiten, das uridg. *kalnom oder *kHlnom ‘verhärtete haut’ (vgl.
lat. callum ‘harte haut, schwiele’) fortsetzt. Das muss sich urspr. auf die salzkruste bezogen haben, die sich beim sieden bildet.Vom derart
produzierten salz wäre dann die bezeichnung auf das instrument bzw. den ort der produktion übertragen
worden.
Auszug: Der meines wissens letzte vorschlag stammt von Jürgen Udolph 1999: 437-438 und 440-441. Er möchte hall von
germ. *hel-/*hal‘abhang, neigung, schräge’ (vgl. dt. halde) ableiten. Der dafür notwendige ansatz
*hal-na- steht aber isoliert neben
den sonstigen germanischen bildungen von dieserwurzel, die ein dentales suffix aufweisen. Die semantischen probleme an Udolphs vorschlag sind jedoch
noch bedeutender (siehe auch Reiffenstein 2004: 371, fn. 17). Die mit hall bezeichneten sudhäuser stehen gerade
nicht im steilen berggelände, sondern sind ins tal gebaut (z.b. Hallstatt am fuss des
salzberges, Hall bei
Admont in einem ausläufer des brettelebenen Ennstales, Hallein im tal unter dem am Dürrnberg befindlichen
bergwerk, Hall in Tirol am Innufer). Zu seinem hinweis zum ‘außergewöhnliche[n] Gefälle von ca. 115-
120 m Hh. (im Innenstadtbereich) hinab auf ca. 75 m an der Saale’ (1999: 437) in Halle an der Saale merkt
Stefan Schumacher (mündl. mitt.) an, dass das gefälle von der innenstadt zum fluss hin nicht als dramatisch
bezeichnet werden kann; ausserdem befand sich die mittelalterliche saline auf einer ebenen fläche am
flussufer, dem heute noch so genannten Hallmarkt. Wenn weiters hall(e) tatsächlich ursprünglich eine bezeichnung
für ‘abhang’ oder ‘abraumhalde’ gewesen wäre, wäre a priori eine wesentlich grössere verbreitung derartiger
namen im deutschen sprachraum unabhängig von der salzgewinnung zu erwarten. In Österreich und
Bayern stehen die ortsnamen mit hall- aber in einem augenfällig engen zusammenhang mit der
salzproduktion. Das muss einen ursächlichen zusammenhang mit
der verbreitung der hall-namen haben und kann sich nicht semantisch sekundär aus berg- oder hügelabhängen erklären. Der umkehrschluss ist aber nicht möglich: Nicht jeder ort mit mittelalterlicher salzproduktion
heisst Hall, z.b. wurde in der Steiermark auch an den orten Aussee, Goisern, Pürgg, Gulch, Aigen und Weissenbach salz abgebaut
(Stadler 1988: 90).
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