Donnerstag, 4. Dezember 2014

Prolog:

"Unser eigentliches Ziel waren immer die Innenstädte. Die Zerstörung von Industrieanlagen erschien uns stets als eine Art Sonderprämie" (Arthur Bomber-Harris ). Eine der großen Geschichtslügen, die Deutschen hätten mit dem Luftterror begonnen, ist historisch schon lange widerlegt. Bereits 1939 erfolgten sieben Luftangriffe der RAF auf Nordwestdeutschland. Am 10./11. Mai 1940 wurde die Innenstadt von Mönchengladbach angegriffen. Entgegen dem Völkerrecht  wurden danach auf Befehl der Kriegsverbrecher Churchill, Roosevelt, Stalin und Konsorten durch den alliierten Bombenterror gezielt die Wohnbezirke aller deutschen Städte mit 50.000 und mehr Einwohnern in Schutt und Asche gelegt; unersetzliche Kulturgüter geplant vernichtet und etwa 1 Million Zivilisten grausam ermordet, darunter über 54.000 Kinder unter 14 Jahren .

"... ich will nicht den Kampf gegen Frauen und Kinder führen. Ich habe meiner Luftwaffe den Auftrag gegeben, sich auf militärische Objekte bei ihren Angriffen zu beschränken" (Adolf Hitler in seiner Rede vor dem Reichstag am 1. September 1939 ). - Entsprechend diesem Befehl richteten sich die deutschen Luftangriffe auf Warschau im September 1939 und Rotterdam 1940  ausschließlich gegen militärische Ziele als Teil eines Feldzugs. Im Fall von Warschau wurde der Zivilbevölkerung 9 Tage Zeit gegeben, die Stadt zu verlassen, falls das polnische Militär die Stadt nicht freiwillig übergäbe. Der Angriff auf Rotterdam im Mai 1940 erfolgte, weil der niederländische Stadtkommandant die Kapitulationsaufforderung ablehnte. Das Bombardement von Coventry vom 14. November 1940 galt den im Stadtzentrum gelegenen Rolls-Royce Flugzeugmotorenwerken und zahlreichen kleineren Rüstungsbetrieben.

Terrorangriffe auf Heilbronn

Heilbronn war im Zuge des Luftkriegs im Zweiten Weltkrieg ein häufiges Ziel der Alliierten. Es lag längs der Strecke der von Nordwesten nach Südwestdeutschland einfliegenden Verbände und galt häufig als Ausweichziel.

Im Herbst 1940 wurde der General-Wever-Turm errichtet, ein Hochbunker auf der Theresienwiese, darüber hinaus bestanden zwei Tiefbunker am Kaiser-Friedrich-Platz und am Industrieplatz. Außer einigen Splitterschutz-Unterständen wurden keine weiteren Bunkeranlagen gebaut, da man die alten Keller der Innenstadt aufgrund ihrer Tiefe und ihrer massiven Mauern für sicher genug hielt. So wurden Innenstadtkeller durch Durchbrüche verbunden und Verordnungen erlassen, wie die Ausgänge zu sichern waren.  

In der Nacht vom 16. auf den 17. Dezember 1940 fand der erste Luftangriff auf Heilbronn statt. Der Abwurf von drei Sprengbomben und etwa 100 Stabbrandbomben zerstörte 20 Häuser in der Altstadt und beschädigte etwa 70 weitere. Drei Tote und rund ein Dutzend Verletzte waren zu beklagen. Von August bis November 1941 folgten vier weitere Bombennächte, die jedoch nur begrenzten Schaden anrichteten. Einzelne Jagdbomber hatten zudem tagsüber die Bahnlinien um Heilbronn zum Ziel. Im Jahr 1942 wurde 33 Mal Luftalarm ausgelöst, jedoch hatten die vermeldeten Bomber zumeist andere Ziele. Lediglich am 7. Mai 1942 fielen große Mengen an Spreng- und Brandbomben auf die Innenstadt, wobei mehr als 150 Häuser zerstört oder beschädigt und sieben Menschen getötet wurden. Dies waren die ersten Angriffe gemäß der neuen „Anweisung zum Flächenbombardement“ (Area Bombing Directive) des britischen Luftfahrtministeriums vom 14. Februar 1942.
Immer wieder gab es Abwürfe vereinzelter Brandmunition. Luftalarm wurde beinahe alltäglich. Bis Anfang September 1944 wurden bereits 160 Luftalarme in diesem Jahr gezählt. Anfang September war beinahe täglich Luftalarm. 

ABCD

Der Bombenteppich vom 10. September 1944 reichte von den Wohngebieten am Rangierbahnhof über das Heilbronner Südviertel mit dem Südbahnhof und dem Heilbronner Hauptbahnhof bis zur Heilbronner Kilianskirche und zum Rathaus in der Heilbronner Stadtmitte. Abgeworfen wurden 406 500-Pfund-Streubomben, 736 250-Pfund-Streubomben und 26.400 Vier-Pfund-Stabbrandbomben. Um 12:26 Uhr wurde Vorentwarnung und um 13:11 Uhr Entwarnung signalisiert. Bei diesem Angriff wurden über 300 Häuser zerstört. 281 Menschen verloren ihr Leben, und mehr als 400 Verletzte waren zu versorgen. Die Heilbronner Feuerwehr und der Sicherheits- und Hilfsdienst konnten die zahlreichen Brände im Stadtgebiet nicht alleine unter Kontrolle bekommen, so dass Freiwillige Feuerwehren aus Gronau, Lauffen, Untereisesheim, Schwaigern, Weinsberg und anderen Orten einrückten. Die Brandbekämpfung dauerte mehrere Tage, alleine das Löschen des in Brand geratenen Rathauses dauerte drei Tage. 

Am Abend des 4. Dezember 1944 flogen 282 Lancaster-Bomber und zehn Begleitflugzeuge die Stadt Heilbronn in loser Formation an. Gleichzeitig erfolgten Scheinangriffe auf das Ruhrgebiet, um die deutsche Luftabwehr zu täuschen. Um 19:10 Uhr meldete die deutsche Abwehr „Schneller Bomber nordostwärts von Heilbronn“, wobei es sich wahrscheinlich um Fernnachtjäger auf ihrem Weg zu den deutschen Nachtjagdflugplätzen in Schwäbisch Hall oder Kitzingen gehandelt hat, die im Vorfeld des Angriffs ebenfalls die deutsche Luftabwehr ablenken sollten. Am Abend des 4. Dezember war es stark bewölkt, was im weiteren Verlauf zu einer Änderung der Anflughöhe der Flugzeuge führte. Um 19:18 Uhr flog die erste Lancaster-Maschine des Erstmarkierer-Verbandes in einer Höhe von rund 4.500 Metern über Heilbronn ein und warf grüne Annäherungsmarkierungen ab. Eine halbe Minute später folgte ihm eine weitere Lancaster. Diese warf zehn 1.000-Pfund- Sprengbomben mit Langzeitzündern ab und drehte zum Rückflug ab. Anschließend wurden gegen 19:20 Uhr Leuchtbomben abgeworfen, um den inzwischen eingetroffenen Mosquito-Bombern die Orientierung beim Abwurf von rot und gelb brennenden Zielmarkierern zu erleichtern. Anschließend erfolgte der Abwurf von sehr vielen Leuchtbomben, die das Zielgebiet taghell erleuchteten.

Nach den vorangegangenen Leuchtbomben, Zielmarkierern und zeitverzögerten Sprengbomben fiel die eigentliche Bombenlast. Bis 19:38 Uhr fielen rund 1200 Tonnen Bomben auf die Stadt. Was nicht durch den Druck der Detonationen beschädigt wurde, wurde Opfer der Flammen. Von den Hunderten historischen Gebäuden der Stadt wurden die meisten vernichtet. Die Bevölkerung, die sich an diesem Montagabend zur Feierabendzeit noch zahlreich in der Heilbronner Innenstadt aufhielt, flüchtete zu Beginn des Angriffs sowohl in denr General-Wever-Turm und zwei Tiefbunker (am Industrieplatz und am Kaiser-Friedrich-Platz) als auch in die 54 als sicher geltenden öffentlichen Luftschutzkeller, in denen 13.945 Menschen Platz fanden. Die Innenstadt wurde jedoch wegen des von Brandbomben angefachten und ab etwa 20 Uhr wütenden heftigen Feuers zur tödlichen Falle. Diejenigen, die zuerst Zuflucht in den Kellern gesucht und während des Feuersturms versucht hatten, die Stadt zu verlassen, verbrannten auf den Straßen. Die im Keller verbliebenen Personen starben an Kohlenmonoxidvergiftung oder durch den Einsturz von Luftschutzkellern.

Bilanz:  Innerhalb der halben Stunde des Bombenangriffs starben über 6.500 Menschen, darunter etwa 1.000 Kinder unter 10 Jahren. Die genaue Anzahl der Opfer des Bombenangriffs ist unbestimmbar, denn Hunderte verbrannten oder waren durch die Hitze zur Hälfte ihrer normalen Körpergröße zusammengeschrumpft und nicht identifizierbar. Durch den immensen Funkenregen und die zeitverzögerten Bomben brachen die ganze Nacht hindurch weitere Brände aus, so dass erst nach Stunden (in manchen Winkeln auch erst nach Tagen) überhaupt wieder ein Zugang möglich war.
Die städtischen Krankenhäuser waren zerstört, dem Pflegepersonal war es jedoch gelungen, die meisten Kranken zu retten. In der Augenabteilung und in der Kinderklinik waren Tote zu beklagen. Im zum Lazarett umgenutzten Karlsgymnasium, das erst am Abend vor dem Angriff mit Verwundeten belegt worden war, konnten sich nur die wenigsten beim Brand des Gebäudes retten. Am Tag nach dem Angriff suchten 600 bis 800 Menschen mit Brandverletzungen, Rauch- und Kohlenmonoxidvergiftungen, Entzündungen der Schleimhäute usw. die städtischen Rettungsstellen an der Wilhelmstraße und am Kaiser-Friedrich-Platz auf, die den Angriff leicht beschädigt überstanden hatten.  

Beim Abflauen der Brände begannen die Aufräum- und Rettungsarbeiten, zu denen auch Helfer aus den umliegenden Städten herangezogen wurden. Am Abend des 5. Dezember verkündeten Lautsprecherwagen die Zahlen von 4.000 Toten und 3.000 Verletzten. Da sich jedoch zahlreiche Flüchtlinge in der Stadt befanden, kursierten in der Bevölkerung Gerüchte von bis zu 25.000 Toten. Die Toten wurden zunächst zum Stadtfriedhof gebracht, wo sich ihre Zahl dermaßen häufte, dass an eine Beisetzung im Friedhof selbst nicht zu denken war. Da sich das Leichenhaus auf dem Friedhof schnell als zu klein erwies, wurden die Toten im Freien niedergelegt. Auch konnten nicht genug Särge bereitgestellt werden, obwohl aus Stuttgart, Ulm und anderen Städten etwa 1.000 Särge geliefert wurden. Schließlich fiel der Entschluss, im stadtnahen Köpfertal einen Ehrenfriedhof am Waldrand anzulegen. Die Toten wurden auf Transportwagen ins Köpfertal gebracht. Ab 6. Dezember begannen die Arbeiten am Ehrenfriedhof, wo auf 120 Ar zehn Sammelgräber angelegt wurden, in denen mindestens 5.000 Tote beigesetzt sind.


Ab 8. Dezember wurden die Luftschutzkeller der Innenstadt geöffnet und die Toten geborgen. Im Keller Ehrmann in der Klostergasse (Klosterkeller) starben 600 Menschen und im Keller Wüst in der Lammgasse 200 Menschen. In manchen Kellern muss der plötzliche Sauerstoffmangel die Anwesenden überrascht haben, da oftmals Keller vorgefunden wurden, in denen die Toten ohne Anzeichen eventueller Fluchtversuche oder Panik auf ihren Plätzen sitzend vorgefunden wurden. In anderen Luftschutzkellern gab es dagegen vermutlich Auseinandersetzungen über einen weiteren Verbleib oder einen Ausbruchsversuch, da Hieb- und Schlagwunden an den Toten festgestellt und Zusammenballungen von 30 bis 40 Menschen gefunden wurden.


Die Totenbergung dauerte über drei Wochen und zog sich bis nach Weihnachten 1944 hin. In besonders schwer beschädigten Straßenzügen konnten viele Tote nicht geborgen werden. So werden im Bereich der Unteren Turmstraße, wo die Trümmer der Stadtmauer Keller verschütteten, bis heute noch Skelette im Erdreich vermutet.

Vom 27. Dezember 1944 bis zum 31. März 1945 erfolgten noch weitere 49 Luftangriffe, die überwiegend durch einzelne Jagdbomber durchgeführt wurden. Am 25. März wurden mit sieben Angriffen kleiner Jagdbomberverbände die meisten Angriffe innerhalb eines Tages gezählt, dabei wurde u. a. das bis dahin noch funktionierende Gaswerk zerstört. 


Insgesamt wurden durch die Luftangriffe auf Heilbronn von vormals 14.500 Gebäuden 5.100 vollständig zerstört und 3.800 schwer beschädigt. Die Amtsgebäude und alle im Besitz der Stadt befindlichen Anwesen in der Innenstadt wurden mit Ausnahme des Fleischhauses und des Schießhauses vernichtet, von den 14 Schulen der Stadt wurden zehn zerstört.  

Ein Zeitzeuge berichtete: Der 4. Dezember 1944 war zunächst ein Tag wie jeder andere. Gegen Abend mussten wir in den Keller, es heulten die Sirenen und die Erwachsenen kamen zu uns in das Kellergewölbe. Wir Kinder trugen über der obligaten Unterwäsche einen blauen Trainingsanzug, dessen lange Überfallhose die Schuhe bedeckte. Und da war noch ein kleiner Kinderbademantel, der am Ende entscheidend dazu beitrug, dass ich überlebte.

Zu der im Keller entstandenen Schicksalsgemeinschaft gehörten mein Bruder Fritz, meine Mutter und ihre Jugendfreundin Edda, die für meine berufstätige Mutter Haushalt und Kinder versorgte, die Angehörigen der im Hause wohnenden Familien und ein Soldat, dessen eigentliche Funktion mir noch heute unklar ist. Vielleicht war er auf Heimaturlaub. Jedenfalls verdanke ich ihm mein Leben, er war mein Lebensretter und am Ende der Einzige von uns, der das Inferno nicht überlebte. Er starb in der Herbststraße, erschlagen von einer Hauswand.

Die Sirenen waren verstummt, das Inferno, die Hölle, begann. Es kam so unvermittelt, so gewaltig, so unvorstellbar schrecklich, brüllend laut. Mir fehlen die Worte. Die Wände und vor allem die Decke des Kellergewölbes bogen sich hin und her, der Mörtel zwischen den Steinen löste sich und rieselte auf uns herab. Der ganze Keller erzitterte und schien in Bewegung zu geraten.

Mit jedem Einschlag der gewaltigen Sprengbomben, deren Höllenlärm ich noch heute in den Ohren habe, wurde die Einsturzgefahr in unserem kleinen Keller größer − aber er hielt und widerstand dem etwa zwanzig Minuten dauernden Bombenhagel, der kein Ende zu nehmen schien. Im Keller saßen die Menschen teils eng zusammen, meine Mutter hatte ihren Arm um mich gelegt. Niemand weinte oder schrie, da war keine Panik. Wir hatten Glück, ein Volltreffer ereilte uns nicht. Ganz plötzlich war es still in unserem Keller. Die letzte Bombe war gefallen. Heilbronn war zerstört.

Aber wir lebten und wir alle überlebten auch. Unser Soldat half uns entscheidend dabei. Ich sehe ihn noch heute vor mir, wie er mir in gespenstischer Ruhe meinen Bademantel entriss, ihn in einen Löschwasserzuber tunkte und mir dann tropfnass über die Schulter warf. Barsch und nachgerade aggressiv und keinen Widerspruch duldend jagte er mich zu einem als Notausstieg umfunktionierten Kellerfenster, das mit einer von ihm bereits geöffneten Luftschutztüre versehen war.

Das im oberen Bereich der Außenmauer gelegene rettende Fenster war indessen nur unter Nutzung der in die Wand geschlagenen Eisenstreben erreichbar. Dies war für uns kleine Buben kein Hindernis. Am Ende der Aktion stand ich als kleiner Bub alleine mitten in dem brennenden Heilbronn und wartete auf meinen Bruder, meine Mutter und unsere Edda. Jeder von uns war mit einem tropfnassen Bademantel oder einer entsprechenden Decke bewaffnet, so dass uns der gewaltige Funkenflug nichts anhaben konnte.

Der Anblick, der sich uns bot, war grauenhaft. Wir suchten einen Fluchtweg aus dem Inferno. Nach links die Friedensstraße hinunter schlugen gewaltige Flammen aus den Gebäuden bis weit auf die Straße und Brandbomben sorgten für eine Feuersbrunst, die kein Durchkommen erlaubte. Es blieb uns als Fluchtweg nur die Bismarckstraße in Richtung Friedenskirche. Es war ein Höllenritt.

An dem Platz vor unserem Haus an der Friedensstraße 39 entstand inmitten der ohnehin lichterloh brennenden Häuser in der Mitte des Platzes ein Feuersturm unvorstellbaren Ausmaßes. Der entstandene Sog war so gewaltig, dass vor meinen Augen vor allem Frauen und Kinder schreiend in den Flammen verschwanden und verbrannten. Es war furchtbar.

Schließlich gelang es uns, den Platz zu umgehen, indem wir uns mit den Händen am rauen Mauerwerk der Häuserfassaden festkrallten. Wie uns das gelang, weiß ich noch heute nicht.

Auf der Bismarckstraße waren Bombentrichter an Bombentrichter, in welchen zum Teil Feuer brannten. Die Lage war verzweifelt. Zunächst fiel meine Mutter, erfasst von einer gewaltigen Windböe in einen solchen Trichter und bat erschöpft, sie doch liegen zu lassen und uns Kinder zu retten. Tante Edda reichte ihr die Hand und konnte sie nach oben ziehen. Als wir schließlich völlig erschöpft und verstört, mit von Brandlöchern übersäten Klamotten, verdreckt und aus kleineren Verletzungen blutend die Friedenskirche erreichten, wussten wir, dass wir gerettet waren. Dort gab es Sauerstoff zum Atmen.

CD

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