Der
Heilige Nikolaus
schenkte unerkannt und heimlich,
er legt seine Geschenke in ein „Nikolaus-Schiff”, ein von Kindern gebastelter Gabenteller, der erst später durch Stiefel, Schuh und Strumpf ersetzt wurde. Auch
für Martin Luther war der Nikolaus zunächst der anerkannte Gabenspender
der Kinder, der noch im dritten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts in seinem
Hause bescherte. Neben dem Heiligen Nikolaus erwähnte Luther später aber
bereits das Christkind als Gabenbringer. Seit 1531 bescherte Luther in
seiner Familie im Namen des "Heiligen Christ". ABCD Noch zu Beginn
der Reformation im 16. Jahrhundert wurde die Geburt Christi ausschließlich
innerhalb der Kirche gefeiert. Dieses Fest im eigenen Haus zu feiern, war
unüblich und in evangelischen Gegenden eher Bessergestellten vorbehalten.
Dort sollte dann das "Christkind" die Kinder beschenken und
nicht, wie in katholischen Gebieten, der Nikolaus. Mit Luthers ablehnenden
Haltung zur Heiligenverehrung scheint er auch den Heiligen Nikolaus als
Gabenbringer verdrängt zu haben. Je weiter sich die Reformation
ausbreitete, desto mehr wurde St. Nikolaus durch das Christkind ersetzt.
Der "Heilige Christ", von dem Luther redet, entspricht jedoch nicht
dem neugeborenen Jesuskind, sondern hat seinen Ursprung in den Engeln oder
engelähnlichen Gestalten von Krippenspielen und Weihnachtsumzügen.
Dieses "Christkind" übernahm nach und nach den frei gewordenen
Posten des Geschenkebringers. Seitdem bringt das engelhafte Christkind die
Geschenke heimlich in der Nacht, so wie es ursprünglich der Heilige Nikolaus
getan hatte. ABCD Aber nicht mehr überall:
Seit Beginn des 19.
Jahrhunderts wurde das Christkind im nördlichen und östlichen
Deutschland durch den "Weihnachtsmann" ersetzt, einer
verweltlichten Figur, die sich als Kombination eines polternden
"Knecht Ruprechts"
(eigentlich entfernter Nachfahre des germanischen Gottes Wotan )
und des mildtätigen "Nikolaus"
verstehen lässt. Mit dem Weihnachtsmann bürgerte sich dann endgültig
die Bescherung der Kinder zu Weihnachten ein. ABCD In
Johann Heinrich Zedlers 1731 begonnenem und zu seinen Lebzeiten auf
insgesamt 64 Bände angewachsenem Universal-Lexicon
liest man - in Übereinstimmung mit dieser Entwicklung - zum Stichwort
"Weynachten, Weynacht-Fest" : ABCD "Zu
den andern Mißbräuchen dieses Heil. Festes gehöret das so genannte
Kindleins-Spiel, oder die Comödiantische Fürstellung der Geschichte der
Erscheinung des HEern JEsu, da sich, wie ohnedem genugsam bekannt ist,
Leute als Engel, als Hirten, ja als das Kind JEsus selbst, ankleiden, und
einer zu diesem Ende (wohl von den Eltern selbst) versammleten Menge
Kinder erscheinen, auch viel alberes und der Majestät des Kindes JEsu
schimpffliches Zeug dabey fürbringen und ausüben, welche Narrheit nichts
desto minder das Absehen haben soll, den Kindern einen willigen Gehorsam
gegen die Eltern, Fleiß und Ehrfurcht einzuprägen; Zu welchem Ende sich
noch ein seltsamer Mann, der Knecht Ruprecht genannt, mit einfindet, der
aber nur allein so viele Schand-Possen macht, daß es bloß dadurch die
gantze Aefferey, wenn ja zufälliger Weise was erbauliches daran seyn
solte, mißrathen muß. Es ist aber auch dieser Mißbrauch sehr alt, und
pflegten weyland in den Städten solche verlarvte Ruprechte durch die
Gassen zu lauffen, und allerley Muthwillen zu üben, ... Wir erinnern
dabey, daß kluge Eltern zu ihrer Kinder-Zucht gar keines Ruprechts bedürffen.
Wenn sie nur Acht haben, daß sie die Kinder nicht zu dem Zorne reitzen,
ihnen anfangs nicht zu zu viel nachgeben, nicht ohne Unterlaß alles zu
Poltzen drehen, so, daß die Kinder, wenn sie auch nach ihrem besten Vermögen
thun, dennoch ihnen nichts zu Dancke machen können, die Kinder ohne
Ursach nicht tadeln und verachten, vornemlich aber in der Kinder-Zucht
nicht ihre eigene Ehre und fälschlich eingebildete Weisheit, sondern die
Vermahnung zu GOtt in Liebe und Treue vorkehren; so werden sie, unter
Anruffung und Demüthigung unter den göttlichen Segen, mehr ausrichten,
als kein Ruprecht, Fluchen und knechtisches Schreckniß zu thun vermag:
Denn es ist nur schändliche Thorheit, die Kinder durch den Ruprecht fromm
machen zu wollen....."
In Zedlers Lexikon findet man weiter :
"Knecht-Ruprecht wirfft ein. Ist eine alte hergebrachte
Gewohnheit, da die Mütter ihren kleinen Kindern um die heilige
Christ-Zeit herum, durch ein vermummetes Gesinde allerhand Obst und
Nasch-Werck mit einem Gemurmele durch die Stuben-Thüre werffen lassen." ABCD Aus
beiden Belegen geht hervor, dass in Deutschland - zumindest noch in der
ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts - die Rolle des Geschenkebringers
einem engelähnlichen
"Christkind" zukam, assistiert vom groben Knecht Ruprecht.
Einen "Weihnachtsmann" gab es damals noch nicht. Der trat erst
etwa 100 Jahre später in Erscheinung. aaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa
Vielleicht
leitet sich die Figur des "Weihnachtsmanns" vom "Father
Christmas" ab, der in England seit dem späten Mittelalter bekannt
ist. "Father Christmas" war dort ursprünglich nur ein Sinnbild für die frohe Stimmung zu Weihnachten, weder ein Geschenkebringer, noch besonders auf Kinder
bezogen, vermutlich eine Umdeutung des germanischen Gottes Wotan.
Mitte
des 19. Jahrhunderts wurde "Father Christmas" mit dem
"Heiligen Nikolaus" (Santa Claus) in Verbindung gebracht und kommt
seitdem in England zu Weihnachten durch den Schornstein, um den Kindern die Geschenke
auf den Gabentisch zu legen.
ABCD
Heinrich Hoffmann von Fallersleben
(1798–1874) dichtete um 1840: ABCD Morgen
kommt der Weihnachtsmann,
Kommt mit seinen Gaben.
Trommel, Pfeife und Gewehr,
Fahn und Säbel und noch mehr,
Ja ein ganzes Kriegesheer,
Möcht’ ich gerne haben.
Bring’ uns, lieber Weihnachtsmann,
Bring’ auch morgen, bringe
Musketier und Grenadier,
Zottelbär und Panthertier,
Roß und Esel, Schaf und Stier,
Lauter schöne Dinge.
Doch du weißt ja unsern Wunsch,
Kennest unsere Herzen.
Kinder, Vater und Mama,
Auch sogar der Großpapa,
Alle, alle sind wir da,
Warten dein mit Schmerzen.
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Der Weihnachtsmann bringt in der Theorie den „braven“ Kindern
am Heiligabend (in der Nacht zum 25. Dezember) Geschenke, den „bösen“ hingegen bloß eine Rute. Er vereinigt somit,
wie schon angedeutet, die Eigenschaften des Heiligen Nikolaus und seines in Europa meistens als begleitender Gegenspieler dargestellten strafenden Knechtes Ruprecht.
Mitunter ersetzt "Knecht Ruprecht" völlig
die Figur des Weihnachtsmannes, so z. B. in Theodor
Storms Gedicht aus dem Jahr 1862:
Knecht Ruprecht.
Von drauß' vom Walde komm ich her; Ich muss euch sagen, es weihnachtet sehr! Allüberall auf den Tannenspitzen Sah ich goldene Lichtlein sitzen; Und droben aus dem Himmelstor Sah mit
großen Augen das Christkind hervor;
Und wie ich so strolcht' durch den finstern Tann, Da rief's mich mit heller Stimme an: "Knecht Ruprecht", rief es, "alter Gesell, Hebe die Beine und spute dich schnell! Die Kerzen fangen zu brennen an, Das Himmelstor ist aufgetan, Alt' und Junge sollen nun Von der Jagd des Lebens einmal ruhn; Und morgen flieg ich hinab zur Erden, Denn es soll wieder Weihnachten werden!"
Ich sprach: "O lieber Herre Christ, Meine Reise fast zu Ende ist; Ich soll nur noch in diese Stadt, Wo's eitel gute Kinder hat." - "Hast denn das Säcklein auch bei dir?" Ich sprach: "Das Säcklein, das ist hier: Denn Äpfel, Nuss und Mandelkern Fressen fromme Kinder gern." - "Hast denn die Rute auch bei dir?" Ich sprach: "Die Rute, die ist hier; Doch für die Kinder nur, die schlechten, Die trifft sie auf den Teil, den rechten."
Christkindlein sprach: "So ist es recht; So geh mit Gott, mein treuer Knecht!" Von
drauß' vom Walde komm ich her; Ich muss euch sagen, es weihnachtet sehr! Nun sprecht, wie ich's hier innen find! Sind's gute Kind, sind's böse Kind?
Die derzeitige Verbreitung von
"Weihnachtsmann" und "Christkind"
geht aus untenstehender Graphik hervor:
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