Otto
von Bismarck-Schönhausen
* 1. April 1815 in Schönhausen
† 30. Juli 1898 in Friedrichsruh
bei Hamburg
ABCD
Ministerpräsident von Preußen,
von 1871 bis 1890 erster
Reichskanzler des Deutschen Reiches.
Bismarck
war das vierte von sechs Kindern, von denen jedoch außer ihm nur zwei
groß wurden: sein fünf Jahre älterer Bruder Bernhard
und seine zwölf Jahre jüngere Schwester Malwine .
Seine frühe Kindheit verlebte Bismarck auf dem Gut Kniephof
in Pommern, das sein Vater 1816 zusätzlich zum Schloss Schönhausen erworben hatte.
Im Alter von sechs Jahren wurde er in der Plamannschen Erziehungsanstalt
in Berlin eingeschult. 1827 kam er aufs Gymasium und zog zu seinem Bruder Bernhard in eine von den Eltern zur Verfügung gestellte Wohnung in Berlin, in der die beiden Schüler von einer Haushälterin versorgt wurden.
Nach dem Abitur im Gymnasium zum Grauen Kloster
immatrikulierte Bismarck sich 1832 in der juristischen Fakultät der
Universität Göttingen. Bismarck war als Korpsstudent aktiv. 1833 wechselte der Achtzehnjährige nach Berlin. Dort bestand er am 20. Mai 1835 das erste juristische Staatsexamen.
Als Referendar ging Bismarck 1836 nach Aachen, wo er sich in Laura Russell
verliebte, die angebliche Nichte eines Herzogs von Cleveland. Nach einem Abenteuer mit einer sechsunddreißigjährigen Französin reiste er im Sommer 1837 mit der siebzehnjährigen Engländerin Isabella
Loraine-Smith , einer Freundin Laura Russells, durch Deutschland.
Mit seinen Auslagen für Frauen und dem Besuch des Aachener Spielkasinos
machte Bismarck Schulden. Seinen Dienstgeschäften blieb er monatelang fern. Er versuchte später, seine Referendarausbildung in Potsdam fortzusetzen, kehrte dem Verwaltungsdienst aber nach einigen Monaten
ganz den Rücken. Als seine Mutter am 1. Januar 1839 im Alter von 48 Jahren einem Krebsleiden erlag, übernahm
Bismarck die Verwaltung der Familiengüter Kniephof, Külz
und Jarchlin
m Pommern.
1846 hielt Bismarck in einem Brief an den hinterpommerschen Gutsbesitzer Heinrich von Puttkamer
um die Hand von dessen Tochter Johanna an. Im Juli 1847 fand die Hochzeit statt. Das Ehepaar richtete sich im Schloss Schönhausen ein, das Bismarck seit dem Tod seines Vaters 1845 bewirtschaftete.
Aus der Ehe, entsprossen drei Kinder: Marie
(1848 – 1926), Herbert
(1849 – 1904) und Wilhelm
(1852 – 1901).
Im Mai 1847 rückte Bismarck für einen erkrankten Abgeordneten in den Vereinigten Landtag Preußens
nach. Im März 1848 scharte Bismarck königstreue, mit Jagdflinten bewaffnete Bauern um sich und zeigte sich
bereit, die Aufständischen in Berlin zu bekämpfen. Seine Mitwirkung
dabei wurde jedoch nicht mehr benötigt. In Preußen hatte König Friedrich Wilhelm IV.
im Dezember 1848 dem Druck des konservativer Kreise die seit Mai tagende Preußische Nationalversammlung aufgelöst und am selben Tag selbst eine Verfassung
verkündet.
Nach seiner Wahl ins Preußische Abgeordnetenhaus verpachtete Bismarck das Anwesen in Schönhausen – wie er es mit dem Gut Kniephof bereits vier Jahre zuvor getan hatte – und richtete sich mit seiner Familie in einer Stadtwohnung in Berlin ein. 1851 zog er mit seiner
Familie nach Frankfurt am Main um, wo er Preußen beim Bundestag
vertrat. 1859 wurde Bismarck als preußischer Gesandter nach St. Petersburg versetzt.
Ende April 1862 rief man Bismarck nach Berlin zurück, aber seine Erwartung, nun zum Regierungschef ernannt zu werden, erfüllte sich nicht: König Wilhelm I.
,
der im Oktober 1857 für seinen nach einem Schlaganfall gelähmten Bruder die Regentschaft und nach dessen Tod
im Januar 1861 den preußischen Thron übernommen hatte, schickte ihn am 22. Mai als Gesandten nach Paris.
Bei einem Kuraufenthalt im Juli 1862 in Biarritz verliebte sich der Siebenundvierzigjährige in Katharina
Orloff , die 25 Jahre jüngere Gattin des russischen Gesandten in Brüssel. König Wilhelm I.
spielte zu dieser Zeit mit dem Gedanken, zugunsten seines Sohnes zurückzutreten, weil er durch die seit Jahren anhaltenden Auseinandersetzungen mit dem Preußischen Abgeordnetenhaus über eine geplante Heeresreform zermürbt war.
Kriegsminister Albrecht von Roon
rief mit einem Telegramm „Periculum in mora. Dépêchez-vous!“ („Gefahr im Verzuge. Beeilen Sie sich!“)
Bismarck nach Berlin zurück, wo letzterer nach 25 Stunden Bahnfahrt am 20. September 1862
eintraf. Zwei Tage später wurde Bismarck von König Wilhelm I. im Schloss Babelsberg empfangen.
Bismarck drängte den König, im Amt zu bleiben und ihm die Regierung anzuvertrauen.
Bismarck, seit 24. September 1862 Ministerpräsident und seit 8. Oktober zugleich Außenminister war,
trieb die Heeresreform gegen die liberale Opposition im Abgeordnetenhaus
voran. Da diese die Verabschiedung eines Etats verhinderte, regierte er vier Jahre lang
verfassungswidrig ohne einen Haushalt. Nach dem Bruch internationaler Vereinbarungen
über Schleswig-Holstein durch den neuen dänischen König kam es im Februar 1864
zu einer kriegerischen Auseinandersetzung zwischen dem Deutschen Bund und
Dänemark ,
und preußisch-österreichische Truppen marschierten in Schleswig ein. Nach
Zusammenbruch des dänischen Widerstands im April 1864 kam es auf
Bismarcks Betreiben zum Frieden von Wien .
Nach Meinungsverschiedenheiten in Fragen der Verwaltung der Herzogtümer Schleswig und Holstein
folgte im Sommer 1866 der Deutsche Krieg
mit
dem Prager Frieden ,
in dem Bismarck sein Ziel erreichte, das Kaiserreich Österreich aus den
deutschen Angelegenheiten herauszudrängen. Preußen annektierte nicht nur Schleswig und Holstein, sondern auch das Königreich Hannover, das Kurfürstentum Hessen-Kassel, das Herzogtum Nassau und die Freie Stadt Frankfurt am Main. Unter preußischer Führung wurde der Norddeutsche Bund
gegründet. Bismarck arbeitete für diesen eine ziemlich moderne Verfassung aus, die am 1. Juli 1867 in Kraft trat.
Das Amt des Bundespräsidenten wurde vom preußischen König eingenommen, Bismarck
übernahm zusätzlich zur preußischen Regierung die Aufgaben des Bundeskanzlers.
Von einer Dotation für seine Verdienste kaufte sich Bismarck 1867 das Rittergut Varzin
in Hinterpommern. Mit dem Erfolg seiner bisherigen Politik im Rücken
konnte Bismarck den preußischen Verfassungskonflikt beenden: Die seit
1862 getätigten Ausgaben wurden vom Parlament nachträgliche genehmigt.
Im Sommer 1870 erklärte Frankreich wegen einer Krise um die spanische Thronfolge
(Emser Depesche )
Preußen den Krieg, der mit der Gründung des Deutschen Kaiserreichs am am 18. Januar
1871 in Versailles
und dem Frankfurter Frieden
vom 10. Mai
1871 endete.
Die Großherzogtümer Baden und Hessen-Darmstadt sowie das Königreich Württemberg
hatten sich bereits im November 1870 in den Norddeutschen Bund aufnehmen
lassen. Bayern folgte nach Bewilligung verschiedener Sonderrechte. Kaiser Wilhelm I.
erhob Bismarck im März 1871 in den erblichen Fürstenstand. Außerdem erhielt Bismarck
als weitere Donation den Sachsenwald
bei Hamburg, wo er eine Gaststätte zum Herrenhaus Friedrichsruh
ausbauen ließ.
Um sich gegen feindliche Koalitionen abzusichern, veranlasste Bismarck 1873 ein Bündnis zwischen Kaiser Wilhelm I., Kaiser Franz Joseph I.
und Zar Alexander II.
(»Dreikaiserabkommen« ), sechs Jahre später einen Zweibund mit
Österreich-Ungarn (dem sich 1882 Italien und 1883 Rumänien anschlossen), im Juni 1881 einen zweiten deutsch-russisch-österreichischen Vertrag und nach dessen Auslaufen 1887 einen »Rückversicherungsvertrag«
mit Russland. 1878 bot sich Bismarck in einer Balkankrise als »ehrlicher Makler« an:
Berliner Kongress , 13. Juni
bis 13. Juli 1878.
Innenpolitisch geriet Bismarck mit dem »Zentrum« in Konfrontation, einer
katholischen Partei, die 1871 die zweitstärkste Fraktion im Reichstag nach den Nationalliberalen
bildete (»Kulturkampf« ).
Später bekämpfte Bismarck die Sozialdemokraten (»Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie«,
das 22. Oktober 1878 in Kraft trat ).
Durch die Einführung fortschrittlicher und weltweit erstmaliger Kranken-,
Unfall-, Alters- und Invalidenversicherungen versuchte Bismarck den
sozialen Frieden gegen die Sozialdemokraten zu sichern.
Bismarck war in den Jahren seiner Kanzlerschaft nicht nur psychisch belastet, sondern auch körperlich stark angeschlagen. Immer öfter musste er sich deswegen teilweise für Monate auf seine Güter zurückziehen. Bismarck trank und aß im Überfluss,
Alkohol- und Tabakkonsum kamen als Risikofaktoren hinzu. Er wurde immer dicker und wog 1879 247 Pfund. Er litt unter zahlreichen teils chronischen Krankheiten wie Rheuma, Venenentzündungen, Verdauungsstörungen, Hämorrhoiden und vor allem unter Schlaflosigkeit.
Erst Ernst Schweninger
als sein neuer Arzt konnte ihn in den 1880er-Jahren zu einer gesünderen Lebensweise überreden.
Bismarcks Sturz wurde von Kaiser Wilhelm II.
eingeleitet, der im »Dreikaiserjahr« 1888 nach dem Tod seines Großvaters Wilhelm I. und seines Vaters Friedrich III.
auf den Thron gekommen war. Er veranlasste Bismarck in einem Gespräch am 15. März 1890 dazu, drei Tage später sein Rücktrittsgesuch einzureichen. Grollend zog der Fünfundsiebzigjährige sich nach Friedrichsruh zurück.
»Der Lotse geht von Bord«, lautete der Untertitel einer berühmten Karikatur im englischen Satiremagazin »Punch«
.
Zum erzwungenen Abschied verlieh Wilhelm II. Bismarck den Titel »Herzog von Lauenburg«,
den Bismarck jedoch nicht verwendete. Anlässlich Bismarcks achtzigsten
Geburtstags machten ihn etwa 400 deutsche Städte zum Ehrenbürger, darunter die Mitglieder der im Entstehen begriffenen Städteverbände in geschlossener Form, so der badische, der
Thüringer und der sächsische.
Ab 1896 verschlechterte sich Bismarcks Gesundheitszustand immer deutlicher, und er war schließlich auf einen Rollstuhl angewiesen. Die Erkrankungen an Altersbrand und anderen Gebrechen, die er gegenüber der Öffentlichkeit und sogar gegenüber seiner Familie
verschwieg, führten zum Tod des 83-Jährigen. Vor allem nach seiner Entlassung setzte in Deutschland eine beispiellose Bismarck-Verehrung ein, die sich nach dem Tod
Bismarcks noch verstärkte. ABCDWeitere
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Zitate
Nicht durch Reden und
Majoritätsbeschlüsse werden die großen Fragen der Zeit entschieden
[…] – sondern durch Eisen und Blut.
Es gibt keine Handlung, für die niemand verantwortlich wäre.
Es ist eine der Krankheiten unserer Zeit,
die Scheu vor der Verantwortung.
Wer den Daumen auf dem Beutel hat, hat die Macht.
Politik ist die Kunst des Möglichen.
Es wird niemals so viel gelogen wie vor der Wahl, während des Krieges und nach der Jagd.
Ein Gedanke, der richtig ist, kann auf die Dauer nicht niedergelogen werden.
Wer seine Ansichten mit anderen Waffen als denen des Geistes verteidigt, von dem muß ich voraussetzen, daß ihm die Waffen des Geistes ausgegangen sind.
An Grundsätzen hält man nur fest, solange sie nicht auf die Probe gestellt werden; geschieht das, so wirft man sie fort wie der Bauer die Pantoffeln und läuft, wie einem die Beine nach der Natur gewachsen sind.
Geistig unreife Menschen sind je unreifer, desto fanatischer. Natürlich, wer geistig durchgearbeitet ist, kann kein Fanatiker sein; dazu gehört immer eine gewisse Beschränktheit.
Das Ausländische hat immer einen gewissen vornehmen Anstrich für uns.
Die Neigung, sich für fremde Nationalitäten und Nationalbestrebungen zu begeistern, auch dann, wenn dieselben nur auf Kosten des eigenen Vaterlandes verwirklicht werden können, ist eine politische Krankheitsform, deren geographische Verbreitung sich auf Deutschland leider beschränkt.
Jeder Superlativ reizt zum Widerspruch.
Die Erfolge der nationalen Entwicklung eines jeden Landes beruhen hauptsächlich auf der Minderheit der Gebildeten, die das Land enthält. Eine Verstimmung der gebildeten Minderheit ruft eine chronische Krankheit hervor.
Wer seine Feinde durch Konzessionen kaufen will,
ist niemals reich genug dazu!
Die geschichtliche Logik ist noch genauer in ihren Revisionen als unsere Oberrechenkammer.
Nichts ist besser geeignet, die Verschmelzung der widerstrebenden Elemente zu fördern,
als gemeinsame Arbeit an gemeinsamen Aufgaben.
Mit Gesetzen ist es wie mit Würstchen. Es ist besser, wenn man nicht sieht,
wie sie gemacht werden.
Der muß ein Esel sein, der mit sechzig noch die gleiche Meinung hat, wie mit dreißig.
Nur ein Idiot glaubt, aus den eigenen Erfahrungen zu lernen. Ich ziehe es vor, aus den Erfahrungen anderer zu lernen, um von vornherein eigene Fehler zu
vermeiden.
Nichts wird so schlimm oder so gut in der Welt, als es vorher aussieht.
Die erste Generation verdient das Geld,
die zweite verwaltet das Vermögen,
die dritte studiert Kunstgeschichte
und die vierte verkommt vollends.
Wir sind etwas freigebiger, wenn es auf Kosten der Gesamtheit geht, als wir aus unserer eigenen Kasse zu sein pflegen.
Für die Jugend habe ich nur drei Worte als Ratschlag: Arbeite, arbeite, arbeite.
Der Zeitungsschreiber ist ein Mensch, der seinen Beruf verfehlt hat.
Die Bayern sind das ›Missing Link‹ zwischen den Österreichern und den Menschen.
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