Hermann Claudius
* 19. Oktober 1878 in Langenfelde
bei Hamburg
† 8. September 1980 in Grönwohld , Kreis
Stormarn
Deutscher Lyriker und Erzähler.
Claudius war ein Urenkel von Matthias Claudius
.
Sein Vater war Bahnmeister an der Altona-Kieler Bahn. Die Familie Claudius war 1885, als der Junge sieben Jahre
alt war, vom Lande in die Großstadt Hamburg gezogen. Dort, im Stadtteil Eimsbüttel, besuchte Hermann die Volksschule von der ersten bis zur letzten Klasse. Diese Schule war um die Jahrhundertwende bereits in starkem Maße geprägt von reformpädagogischen Ideen und Ansätzen.
Das Gros der aktiven Lehrer hatte dort um und nach 1900 seine geistige Heimat im
Wandervogel .
Claudius war als junger Hamburger Lehrer auch ein Aktivist in dieser Bewegung. Er
fand neben seinem Lehrerberuf die Möglichkeit, im Jahr 1912 einen höchst originellen Gedichtband zu veröffentlichen, eine Sammlung plattdeutscher Lyrik unter dem Titel „Mank Muern" (Zwischen Mauern).
1900 begann er seine Tätigkeit als Lehrer an einer Hamburger Volksschule. Im Laufe von über 30 Jahren
war er an zahlreichen Schulen tätig, unterbrochen von 1916 bis 1918 von seinem Einsatz als Kanonier an der Westfront im Ersten
Weltkrieg. 1904 heiratete er seine erste Frau, mit der er bis zu ihrem Tod im Jahr 1942 verheiratet blieb und mit der er vier Töchter
hatte. 1934, im Alter von 55 Jahren, wurde er wegen eines Motorradunfalls
zwangspensioniert. Er musste von nun an mit einer bescheidenen Pension als freier Schriftsteller überleben und seine Familie ernähren.
Seine volkstümlichen Werke, oft in Plattdeutsch, kreisen vor allem um den Gegensatz von Großstadt und Natur, Arbeit und Freizeit. Seine frühen Werke sind der Arbeiterdichtung zuzurechnen.
In der Weimarer Republik engagierte er sich zunächst in der Jugendarbeit der SPD und in den sozialdemokratisch geführten Gewerkschaften, schrieb sozialdemokratische Lieder und Stücke. Seine politische Haltung wandelte sich im weiteren Verlauf
in Richtung Nationalsozialismus. Claudius war einer der 88 deutschen Schriftsteller, die im Oktober 1933 das Gelöbnis treuester Gefolgschaft für Adolf Hitler
unterzeichneten:
"Friede, Arbeit, Freiheit und Ehre sind die heiligsten Güter jeder Nation und die Voraussetzung eines aufrichtigen Zusammenlebens der Völker untereinander. Das Bewusstsein der Kraft und der wiedergewonnenen Einigkeit, unser aufrichtiger Wille, dem inneren und äußeren Frieden vorbehaltlos zu dienen, die tiefe Überzeugung von unseren Aufgaben zum Wiederaufbau des Reiches und unsre Entschlossenheit, nichts zu tun, was nicht mit unsrer und des Vaterlandes Ehre vereinbar ist, veranlassen uns, in dieser ernsten Stunde vor Ihnen, Herr Reichskanzler, das Gelöbnis treuester Gefolgschaft feierlichst abzulegen." Claudius
war Vorstandsmitglied des 1936 gegründeten Eutiner Dichterkreises , einer der bekanntesten Autorengruppen
in Deutschland. Auch nahm er an den 1934 von dem von Hans Grimm
begründeten "Lippoldsberger Dichtertagen" teil. 1944 heiratete er seine zweite Ehefrau,
die Buchhändlerin und Malerin Gisela von Voigt. Nach 1945 beteiligte sich Claudius erneut an den von Hans Grimm 1949 wiederbegründeten Lippoldsberger
Schriftstellertreffen. Nach Ehrungen zu seinem 75., 80. und 90. Geburtstag erhielt
er noch einmal zu seinem 100. Geburtstag (1978) eine große überregionale Aufmerksamkeit. Es
gab Lesungen, Chöre sangen vertonte Claudius-Gedichte, Claudius erhielt zahlreiche Grußadressen,
u. a. von Bundeskanzler Brandt
und von Helmut Schmidt , dessen Frau Loki persönlich die Botschaft Brandts
verlas: „Ihr umfangreiches Werk gehört zum besten literarischen Besitz unseres
Volkes.“ Claudius starb in seinem 102. Lebensjahr nach einem Sturz in
seinem Wohnhaus in Grönwohld. Claudius
erhielt zahlreiche Literaturpreise: 1941 den Klaus-Groth-Preis, 1942 den Lessing-Preis der Freien und Hansestadt Hamburg,
1956 den Klaus-Groth-Preis der Hamburger Stiftung F.V.S., 1958 die "Lornsen-Kette" des Schleswig-Holsteinischen
Heimatbunds. Mehrere Gedichte von Claudius wurden vertont. Am bekanntesten
ist sein Lied Wann wir schreiten Seit’ an Seit’ … Mit uns zieht die neue Zeit sein
(1914/15), das 1915 von Michael Englert
vertont wurde, und seit den 1960er Jahren als Schlusslied auf SPD-Parteitagen
gesungen wird. Es gilt als
SPD-Parteihymne. Sein Weihnachtslied
'Wisst ihr noch, wie es geschehen?' von 1939 findet sich im Evangelischen Gesangbuch (Nr. 52).
Weitere
Infos:
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Wann wir schreiten Seit’ an Seit’
und die alten Lieder singen,
und die Wälder widerklingen,
fühlen wir, es muß gelingen:
Mit uns zieht die neue Zeit,
mit uns zieht die neue Zeit.
Eine Woche
Hammerschlag,
eine Woche Häuserquadern
zittern noch in unsern Adern;
aber keiner wagt zu hadern!
Herrlich lacht der Sonnentag,
herrlich lacht der Sonnentag.
Birkengrün
und Saatengrün:
Wie mit bittender Gebärde
hält die alte Mutter Erde,
daß der Mensch ihr eigen werde,
ihm die vollen Hände hin,
ihm die vollen Hände hin.
Mann und Weib
und Weib und Mann
sind nicht Wasser mehr und Feuer.
Um die Leiber legt ein neuer Frieden sich,
wir blicken freier,
Mann und Weib, uns fürder an,
Mann und Weib, uns fürder an,
Wann wir
schreiten Seit’ an Seit’
und die alten Lieder singen,
und die Wälder widerklingen,
fühlen wir, es muß gelingen:
Mit uns zieht die neue Zeit,
mit uns zieht die neue Zeit.
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Gedichte
Eh ich mich niederlege,
Vom Tage müd gemacht,
Schau ich noch einmal gerne
Auf in die dunkle Nacht.
Die Sterne ziehen stille
Die ewigen Bahnen hin.
Und nur der ewige Wille
Weiß um ihren Sinn.
Und rings das tiefe Schweigen
Gibt meinem Herzen Ruh.
Ich seh den Mond auch steigen
Und wink ihm freundlich zu.
Und geh in meine Kammer
Und lösch die Kerze aus.
Und bin mit Mond und Sternen
Im großen Vaterhaus.
Herr Gott, steh dem Führer bei,
daß sein Werk das Deine sei,
daß Dein Werk das seine sei.
Herrgott steh dem Führer bei.
Herrgott steh uns allen bei,
daß sein Werk das Unsre sei.
Unser Werk das seine sei.
Herrgott steh uns allen bei.
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