Reichsdeputationshauptschluss
am 25. Februar 1803 in Regensburg verabschiedet.
Das letzte bedeutende Gesetz des 'Heiligen Römischen Reiches Deutscher
Nation'. Durch Druck Napoleons I.
zustande gekommen.
Im Reichsdeputationshauptschluss (Hauptschluss = Abschlussbericht) wurde festgesetzt, dass die weltlichen Fürsten
des 'Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation' abgefunden werden sollten, denen im Rahmen der Revolutionskriege Besitz an Frankreich verloren gegangen war. Dies geschah durch Säkularisation kirchlicher sowie durch Mediatisierung kleinerer weltlicher Herrschaften. Dazu wurden die geistlichen Fürstentümer aufgelöst, mit Ausnahme von Mainz, dessen verbliebenes rechtsrheinisches Territorium auf das Fürstentum Aschaffenburg übertragen wurde, verbunden mit der Würde eines Kur-Erzkanzlers für Karl Theodor von
Dalberg , den letzten Mainzer Erzbischof und Erzkanzler des Reiches. Auch andere Besitztümer der Kirche, wie Klöster oder die bisherigen fürstbischöflichen Residenzen, wurden enteignet und fielen an weltliche Landesherren.
Die freien Reichsstädte wurden (mit Ausnahme von Augsburg, Lübeck, Nürnberg, Frankfurt am Main, Bremen und Hamburg) den benachbarten großen Fürstentümern zugeschlagen. Zugleich erhielten die Fürsten von Württemberg, Baden und Hessen-Kassel die Kurwürde der erloschenen Kurfürstentümer Kurköln, Kurmainz und Kurtrier; für das neue Herzogtum Salzburg wurde ein neues Kuramt
installiert.
Vorgeschichte:
Als notwendig erwiesen sich die Beschlüsse des Reichsdeputationshauptschlusses
durch den Frieden von Luneville
vom Februar 1801, durch den das linke Rheinufer endgültig an Frankreich abgetreten worden war. In Artikel 7 des Friedensvertrages war festgelegt worden, dass die weltlichen Landesherren, die auf dem linken Rheinufer Verluste hinnehmen mussten, durch rechtsrheinische Gebietszuweisungen durch das Reich zu entschädigen seien.
Die Säkularisation
und Mediatisierung
wurde als geeignete Mittel zur Erfüllung dieser Verpflichtungen angesehen.
Nachdem sich Kaiser Franz II.
geweigert hatte, die Umsetzung des Friedensvertrages zu übernehmen,
wurde im Oktober 1801 für die Erarbeitung eines Entschädigungsplans eine Reichsdeputation vorgeschlagen.
Im November 1801 nahm der Kaiser diesen Vorschlag an und die Deputation wurde aus Bevollmächtigten der Kurfürsten von Mainz, Sachsen, Brandenburg, Böhmen und Bayern und den Vertretern des Herzogs von Württemberg, des Landgrafen von Hessen und des Hoch- und Deutschmeisters zusammengestellt.
Im August 1802 nahm die Deputation in Regensburg ihre Arbeit auf. Die entscheidenden Rahmenbedingungen des Entschädigungsplanes standen allerdings bereits vor dem Beginn dieser Verhandlungen fest. Die beiden Großmächte Frankreich und Russland, die ein Mitspracherecht beanspruchten, hatten sich bereits
1801 in einem Geheimvertrag auf eine gemeinsame Kontrollfunktion bei der territorialen Umgestaltung Deutschlands geeinigt. Dementsprechend bildete ein russisch-französischer Entschädigungsplan die Grundlage für die Arbeit der Deputation.
Auch spielten manche persönlichen Beziehungen und viel Bestechung eine maßgebliche
Rolle. Frankreich und Russland hatten Vorverträge mit Bayern, Württemberg und Preußen abgeschlossen, so dass die Entschädigung dieser Länder bereits geregelt war, bevor die Deputation überhaupt ihre Arbeit aufgenommen hatte. Dieser Machtzuwachs des größten norddeutschen und der beiden größten süddeutschen Staaten hatte für Russland und Frankreich natürlich nur politische Vorteile, da dadurch eine deutliche Schwächung der Position des Kaisers zu erwarten war.
Entsprechend dieser Vorgehensweise sahen sich die Mitglieder der Deputation einem massiven Druck ausgesetzt, den vorliegenden Entschädigungsplan ohne weitere Beratungen und Änderungen anzunehmen. Der Kaiser setzte allerdings durch, dass eine sachliche Auseinandersetzung durchgeführt wurde, die aber keine wesentlichen Änderungen brachte.
Im November 1802 legte die Deputation schließlich den
Reichsdeputationshauptschluss vor, der alle Alternativen
verwarf und am 25. Februar 1803 endgültig verabschiedet wurde. Der Reichstag gab am 24. März seine Zustimmung, der Kaiser sprach seine
reichsoberhauptliche Genehmigung am 27. April 1803 aus.
Folgen: Der Reichsdeputationshauptschluss ging weit über den ursprünglichen Zweck einer Entschädigung hinaus. Er leitete nicht nur eine Veränderung der politischen Struktur des Reiches ein, sondern auch der politischen und wirtschaftlichen Situation der Kirchen. Mit der Säkularisation, die für die entschädigten Staaten auch die Ermächtigung beinhaltete, die Vermögen
der landesunmittelbaren Stifte, Abteien und Klöster einzuziehen, waren darüber hinaus deutliche wirtschafts- und sozialgeschichtliche Folgen verbunden. Das Territorium und die landesherrliche Gewalt von 112 rechtsrheinischen Reichsständen
wurde weltlichen Fürstentümern übertragen. Insgesamt waren
drei geistliche Kurfürstentümer, 19 Reichsbistümer, 44 Reichsabteien und 45 von 51 Reichstädten betroffen.
Ohne Widerstand der Bevölkerung und der Kurie wechselten allein
95.000 qkm bislang geistlicher Herrschaftsgebiete mit 3,2 Mill. Einwohnern, einem Siebtel der reichsdeutschen Bevölkerung, ihren Herrscher. Von den traditionsreichen geistlichen Fürstentümern blieb vorerst nur das nach Regensburg verpflanzte Kurfürstentum des Mainzer Erzkanzlers übrig, außerdem wurden der Deutsche
und der Johanniter-Orden
von der Säkularisation ausgenommen. Fürstentümer wie Baden, Bayern oder Württemberg konnten große Gebietsgewinne verbuchen, die nur teilweise durch Verluste gerechtfertigt waren, so etwa beim Haus Wittelsbach durch den Verlust von Jülich und Berg, der Kurpfalz und der häufig mit Familienangehörigen besetzten Kurwürde von Köln. Der badische Markgraf erhielt
mehr als achtmal so viele Untertanen, wie er linksrheinisch abtreten musste. Württemberg verlor die linksrheinischen Gebiete Mömpelgard und Reichenweier. Dafür verdoppelte sich sein rechtsrheinisches Gebiet, insbesondere kam das vorher zu Österreich und verschiedenen Klöstern gehörende katholische Oberschwaben dazu. Hierdurch war es Napoleon gelungen, eine Reihe von Satellitenstaaten zu schaffen, die groß genug waren, um dem Kaiser Schwierigkeiten zu machen, aber zu klein, um die Position Frankreichs zu gefährden. Preußen erhielt die Fürstbistümer Hildesheim und Paderborn, Teile des Hochstifts Münster, die kurmainzische Besitzungen in Thüringen, die Reichsstädte Mühlhausen/Thüringen, Nordhausen und Goslar und die Reichsstifte Quedlinburg, Elten, Essen, Werden und
Cappenberg
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Verluste |
Gewinne |
km² |
Menschen |
km² |
Menschen |
Preußen |
2.000 |
140.000 |
12.000 |
600.000 |
Bayern |
10.000 |
600.000 |
14.000 |
850.000 |
Baden |
450 |
30.000 |
2.000 |
240.000 |
Württemberg |
400 |
30.000 |
1.500 |
120.000 |
Obwohl das Deutsche Reich bereits 1806 also drei Jahre nach Inkrafttreten des Reichsdeputationshauptschlusses sein Ende fand, behielten seine Beschlüsse in einigen Teilen bis in die Gegenwart ihre Gültigkeit und Bedeutung. Dies gilt insbesondere für die Ansprüche der Kirchen auf Staatsleistungen.
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